Zunehmend als "normal" betrachtet
32 Prozent finden ihre Vorurteile berechtigt - Studie zeigt: Diskriminierung macht Betroffene krank
12.02.2025, 04:55 Uhr![Vorurteile und Diskriminierung sind nicht nur angestiegen, sondern werden zunehmend als "normal" betrachtet. (Symbolbild) Vorurteile und Diskriminierung sind nicht nur angestiegen, sondern werden zunehmend als "normal" betrachtet. (Symbolbild)](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.14576922:1739340049/Einsame_Tierhalterin_braucht_Trost_emotionale_Unt.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=63a8ef4)
Eine neue Studie im Auftrag der Krankenkasse "IKK classic", in Zusammenarbeit mit dem "rheingold institut", beleuchtet die zunehmende Verbreitung von Vorurteilen und Diskriminierung in Deutschland. Unter dem Titel "Vorurteile und Diskriminierung überwinden – für eine offene und demokratische Gesellschaft" setzt sich die Untersuchung mit den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen von Vorurteilen und Diskriminierung auseinander und zeigt alarmierende Entwicklungen auf. Sie baut auf der "IKK classic"-Studie von 2021 auf, die vor allem die gesundheitlichen Auswirkungen von Diskriminierung auf Betroffene untersuchte.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen einen besorgniserregenden Trend: Vorurteile und Diskriminierung sind nicht nur angestiegen, sondern werden zunehmend als "normal" betrachtet. 15 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Vorurteile und Diskriminierung in Deutschland nicht als großes Problem ansehen – 2021 waren es nur sieben Prozent. Auch die Wahrnehmung, dass Diskriminierung für die Betroffenen ein ernstes Problem darstellt, hat sich verändert: Während 2021 noch 37 Prozent dieser Meinung waren, sind es 2024 nur noch 29 Prozent.
Noch erschreckender ist die Tatsache, dass 32 Prozent der Befragten heute der Ansicht sind, dass ihre eigenen Vorurteile gerechtfertigt seien – ein Anstieg von sechs Prozent im Vergleich zu 2021. Ebenso nahm die Ablehnung von bestimmten Menschengruppen deutlich zu. 42 Prozent der Befragten gaben 2024 an, Angst vor bestimmten Gruppen zu haben, 2021 waren es noch 35 Prozent.
Zusammenhang mit Zukunftsängsten
Die Studie stellt auch fest, dass die Zunahme von Vorurteilen mit einer verstärkten Zukunftsangst in der Gesellschaft korreliert. Nur 29 Prozent der Befragten blicken zuversichtlich in die Zukunft, während 78 Prozent das Gefühl haben, dass die Gesellschaft immer egoistischer wird. Zudem haben 50 Prozent der Befragten Angst vor einem wirtschaftlichen Abschwung, und 27 Prozent befürchten eine Verschlechterung ihrer eigenen beruflichen Perspektiven.
Diese Ergebnisse verdeutlichen laut "IKK classic", dass die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland durch die Krisen der vergangenen Jahre, wie der Corona-Pandemie und der Inflation, stark belastet sind. Ängste bezüglich der eigenen Zukunft und Sicherheit nehmen immer mehr Raum ein und führen zu einer verstärkten Nutzung von Vorurteilen, die zunehmend unreflektiert und als normal empfunden werden.
![Diskriminierte leiden häufiger an Depressionen als Nicht-Diskriminierte. (Symbolbild) Diskriminierte leiden häufiger an Depressionen als Nicht-Diskriminierte. (Symbolbild)](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.14576923:1739340049/sleeping_problem_bedtime_and_insomnia_concept__s.jpg?f=16%3A9&h=480&m=FIT&w=900&$p$f$h$m$w=9cad7ac)
Gesundheitliche Auswirkungen
Die Studie zeigt nicht nur die gesellschaftlichen Folgen, sondern auch die gesundheitlichen Auswirkungen von Diskriminierung. Bereits die Studie von 2021 hatte aufgewiesen, dass Diskriminierung die Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigt. Die aktuelle Untersuchung bestätigt diese Ergebnisse. Während 33 Prozent der Menschen, die nicht unter Diskriminierung leiden, sich rundum gesund fühlen, sind es bei denjenigen, die Diskriminierung erfahren haben, nur 10 Prozent. Schlafstörungen betreffen 30 Prozent der Nicht-Diskriminierten, jedoch 70 Prozent der Diskriminierten. Auch die Rate von Depressionen ist bei den Diskriminierten deutlich höher: 49 Prozent der Betroffenen haben in den letzten zehn Jahren eine Depression entwickelt, im Vergleich zu 24 Prozent derjenigen ohne Diskriminierungserfahrungen.
Ein weiteres Beispiel sind Migräne und chronische Kopfschmerzen. 27 Prozent der Menschen mit Diskriminierungserfahrungen sind betroffen, während es bei den Nicht-Diskriminierten nur 9 Prozent sind. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Diskriminierung nicht nur gesellschaftlich, sondern auch gesundheitlich tiefgreifende Folgen für die Betroffenen hat.
Mit dem "Anti-Bias-Ansatz" gegen Diskriminierung
Ein Ansatz gegen Vorurteile und Diskriminierung könnte unter anderem laut des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung der "Anti-Bias Ansatz" sein. Dieser fördert die aktive Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Diskriminierung, indem er Menschen dazu anregt, ihre eigenen Denkmuster zu erkennen, zu hinterfragen und falls nötig abzubauen.
Er basiert auf der Idee, dass jeder Mensch unbewusste Vorurteile hat, die in bestimmten Situationen zu diskriminierendem Verhalten führen können. Ziel ist es, diese Vorurteile zu identifizieren, zu reflektieren und durch bewusstes Handeln eine inklusive und gerechte Gesellschaft zu fördern. Der Ansatz fördert Empathie und ein respektvolles Miteinander und legt besonderen Fokus darauf, dass Menschen aus verschiedenen sozialen, kulturellen und ethnischen Gruppen gleichwertig behandelt werden. Dabei wird auch die Bedeutung von Vielfalt und Unterschiedlichkeit betont.
Beim "Anti-Bias-Ansatz" wird zunächst das Bewusstsein für unbewusste Vorurteile geschärft, um diese zu reflektieren und bewusst zu verändern. Im nächsten Schritt wird das eigene Verhalten hinterfragt, um diskriminierende Handlungen zu vermeiden und stattdessen inklusiver zu agieren. Ein zentraler Aspekt des Ansatzes ist die Förderung von Vielfalt und der respektvolle Umgang mit unterschiedlichen Identitäten. Darüber hinaus setzt der Ansatz auf präventive Maßnahmen, die Diskriminierung bereits im Vorfeld verhindern sollen.
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