Band aus Franken geht leer aus
"Abgekartetes Spiel" beim deutschen ESC-Vorentscheid? Fans kritisieren Gewinner-Song und Jury
02.03.2025, 13:05 Uhr
Vor Ort hagelte es Lob um Lob, im Netz wurde getobt: Das Finale des deutschen "Eurovision Song Contest"-Vorentscheids "Chefsache ESC 2025" auf ARD spaltete die Gemüter. Das Wiener Geschwisterpaar Abor und Tynna hat am Ende gewonnen, aber schon der Ablauf sorgte für Kritik: Neben ihrem (aus dem Halbfinale bereits bekannten) Wettbewerbsbeitrag sangen alle Kandidaten und Kandidatinnen zunächst wie schon in der Vorrunde einen Cover-Song. Weil ... ja, warum eigentlich? Das fragten sich viele auf den Social-Media-Kanälen von Facebook bis X: "Was bringt ein Cover-Song im Finale?", las man da oder "Können wir die Cover nicht einfach weglassen?"
Zuschauer kritisieren die Entscheidung für die Geschwister auf den sozialen Medien. Unter einem Instagram-Beitrag auf dem offiziellen Eurovision-Deutschland-Channel, der den Sieg des Duos verkündet, schreibt eine Userin: "Das wird auf jeden Fall der erste Platz. Aber von hinten." "Wieder letzter", schreibt jemand. Scheinbar ist die Meinung dazu sehr gespalten, es gibt nämlich auch einige Fans unter den Kommentierenden. "Von Anfang an mein Favorit" oder "Verdient gewonnen" sind nur zwei Beispiele der doch vielen positiven Rückmeldungen.
Noch mehr Kritik
Für noch mehr Ärger allerdings sorgte die Tatsache, dass das Publikum doch nicht die alleinige Entscheidung darüber hatte, wer Deutschland in Basel vertreten würde. Das hatte es zwar stets geheißen, doch wenige Tagen zuvor war bekannt geworden: Erst wählte die Jury aus den neun Final-Acts fünf aus - und nur für die ging es dann ins Telefon-Voting. Eine Regeländerung? Der NDR sagte Nein, die Fans zweifelten.
Erst recht, als die Mittelalter-Rock-Band Feuerschwanz von Stefan Raab (58), Yvonne Catterfeld (45) und den Gastjuroren Nico Santos (32) und Conchita Wurst (36) nicht in die Top 5 gewählt wurde. "Abgekartetes Spiel mit Feuerschwanz", wütete da ein Facebook-User. "Es war soooo klar, dass alles dafür getan wird (sogar eine Regeländerung!), damit Feuerschwanz nicht dabei sind", maulte ein anderer. Bei den Fans ist die Band aus Erlangen nämlich sehr beliebt: Ihr Song "Knightclub" wurde mit 49 Prozent mit Abstand am häufigsten von allen Vorentscheids-Beiträgen gestreamt!
Und dann war da noch Raabs Argument gegen den Song, das auf Unverständnis stieß. Der räumte ihm nämlich im Wettbewerb eher geringe Chancen ein, da beim Telefonvoting zu 60 Prozent Frauen anriefen: "Das muss man mit bedenken." Schon Moderatorin Barbara Schöneberger (50) fand das nicht ganz nachvollziehbar, witzelte: "So sind wir Frauen, wir wollen immer Balladen!" Stimmt ja gar nicht, widersprachen im Netz diverse weibliche Mittelalter-Metal-Fans.
Bühnen-Debütantin lässt Conchita Wurst sprachlos zurück
Es gab jedoch auch andere Stimmen. Die martialische Aufmachung passe aktuell eben nicht so gut in unsere Welt, die in Aufruhr sei, meinten manche. Und ein X-User befand gar knallhart, Namens-Verballhornung inklusive: "Wenn wir ein saucooles Ding wie 'Baller' zum ESC schicken können, ist Mittelalter-Muff von Schwanzfuchs einfach keine Option."
Das "saucoole Ding" - der Elektro-Clubsong "Baller" der Geschwister Abor (26) und Tynna (24) - kam denn auch in die Auswahl der letzten Fünf, neben der Soulpop-Ballade "This Bliss" der Kompositions-Studentin Leonora (24), dem ESC-typischen Schmacht-Hit "Nothing Can Stop Love" des britischen Wahlberliners Moss Kena (27), dem Indie-Rock-Song "These Days" der britisch-norwegisch-deutschen Band The Great Leslie und dem poppig-spacigen "Lovers On Mars" von Lyza (22), die vor "Chefsache ESC 2025" noch nie singend auf einer Bühne gestanden hatte, was Conchita Wurst angesichts der Top-Performance kaum glauben konnte: "Du bist eine fantastische Sängerin!"
Keine Chance mehr auf den Sieg hatten neben Feuerschwanz dagegen Lockenkopf Benjamin Braatz (24) mit "Like You Love Me", die Band Cosby mit "I'm Still Here" sowie Horrorfan Julika (23) mit ihrer düster-empowernden Ballade "Empress". Toll seien die natürlich trotzdem alle, beteuerte Stefan Raab. Die Entscheidungsfindung der Jury sei "panisch" vonstattengegangen.
Erstmals seit 18 Jahren wieder ein deutscher Song
Am Ende holte sich mit 34,9 Prozent das Wiener Geschwisterpaar Abor & Tynna den Sieg, dicht gefolgt von Lyza mit 31,1 Prozent. Auf dem dritten Platz landete Moss Kena mit 22,6 Prozent, für Leonora stimmten 7,0, für The Great Leslie votierten 4,4 Prozent. "Mit Abstand der modernste Song" hat damit laut Stefan Raab gewonnen. Seit Roger Ciceros (1970-2016) "Frauen regier'n die Welt" 2007 geht mit "Baller" nun erstmals wieder ein deutschsprachiger Song für Deutschland ins Rennen. Ob's Glück bringt? Das wird sich am 17. Mai in Basel zeigen ...
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