"Besondere Helden": Corona-Spots der Bundesregierung polarisieren
16.11.2020, 09:23 Uhr
Das Eingangsszenario erinnert an Kriegsdokumentationen: Eine ältere Person sitzt vor der Kamera und erzählt von den harten Zeiten früher - "früher" ist in diesem Fall das Jahr 2020, in dem wir leben. In den beiden Videos, die im Jahr 2080 spielen sollen, berichten zwei Senioren von ihren Erfahrungen mit der Corona-Pandemie; von damals, als sie noch jung waren. Wie alte Kriegsveteranen erinnern sie sich an die Bürde, die ihnen auferlegt wurde: "Das Schicksal dieses Landes lag plötzlich in unseren Händen", denen der jungen Generation, die bei der Eindämmung des Coronavirus gefragt gewesen sei.
Heldenhaft hätten sie getan, was von ihnen erwartet wurde: Zuhause bleiben und nichts tun - so kämpften sie "faul wie die Waschbären" gegen die Pandemie an, mit der Couch als Front und der Geduld als Waffe. "So wurden wir zu Helden", sinniert der ältere Herr am Ende des Videos, untermalt von dramatischer Musik. Ein Werbevideo, das eine klare Botschaft an die Bevölkerung sendet: Seid heldenhaft, haltet euch an die Maßnahmen und bleibt zuhause.
Was dem einen noch ein Schmunzeln abringt, sorgt bei dem anderen für Empörung, das zeigte sich in den sozialen Netzwerken. Einige User auf Twitter beklagten, dass das heitere Video weit entfernt von der Realität läge: Von der Lebenswirklichkeit junger Menschen habe die Bundesregierung offenbar keine Ahnung, empörte sich ein Nutzer. Suizide, psychische Störungen, Kindeswohlgefährdungen, Armut, Pleiten, Scheidungen seinen die derzeitige Realität, bemerkte ein anderer.
Realität: Suizide, psychische Störungen, Kindeswohlgefährdungen, Armut, Pleiten, Scheidungen.
— Atréju (@Andre1234) November 15, 2020
Seibert Sie machen sich schuldig.
Ein weiterer User wies auf die weitere Öffnung der Schulen als Widerspruch hin: "11 eurer 83 Mio Einwohner (Schüler, Lehrer) kommen sich mit euren "Bleib zu Hause"-Kampagnen komplett verarscht vor."
Es gab aber auch die andere Seite, die die Videoclips mit Humor nahmen: "Was ein bisschen seltsam wirkt, dass „um 2080“ verdammt nach 2020 aussieht - rein vom Interieur... ganz schon fad die Zukunft", wurde gewitzelt. Und sogar Lob gab es für die Kampagne.
Also ich finds immer noch eine gute Aktion. Natürlich ist das alles nicht repräsentativ für uns alle - auch ich geh jeden Tag arbeiten und kann nicht zuhause bleiben - es gibt aber nunmal viele (junge) Menschen die durchaus die Wahl haben feiern zu gehen oder Zuhause zu bleiben
— Michael O. (@oehmchen) November 15, 2020
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