Blackfacing: Rassismus-Diskussionen um Faschingskostüme

dpa

24.2.2019, 11:21 Uhr
"Gerade hier in Köln gibt es noch eine ganze Reihe von Karnevalsvereinen, die Blackfacing vornehmen. Das heißt, sie verkleiden sich als Fantasie-Afrikaner mit Baströckchen und Knochenkette, mit denen sie dann alte, stereotype Bilder bedienen", sagt Kölner Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst.

© Privat, dpa "Gerade hier in Köln gibt es noch eine ganze Reihe von Karnevalsvereinen, die Blackfacing vornehmen. Das heißt, sie verkleiden sich als Fantasie-Afrikaner mit Baströckchen und Knochenkette, mit denen sie dann alte, stereotype Bilder bedienen", sagt Kölner Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst.

In diesen Tagen werden in vielen Landstrichen Deutschlands wieder hektisch Kellerkisten durchwühlt und Dachböden aufgesucht. Wo ist mein Kostüm? Wie immer kommt Karneval, Fastnacht oder Fasching viel zu schnell und gefühlt komplett überraschend. Gut also, dass man über die Jahre ein paar Klassiker angesammelt hat - vielleicht ein Indianerkostüm, vielleicht eine Afrolook-Perücke. Folgt man bestimmten Stimmen, fängt das Problem da schon an.

Was in den USA an Halloween schon seit längerem diskutiert wird, sickert mittlerweile in die deutsche Karnevalskultur ein. Es ist die Frage, ob ein Kostüm politisch korrekt sein muss. Und ob es rassistische Kostüme gibt, die andere Kulturen beleidigen. Oder ob man gerade in der fünften Jahreszeit auch mal politisch fünfe gerade sein lassen sollte.

Die Kölner Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst hat dazu eine klare Meinung: Natürlich gebe es rassistische Kostüme. "Gerade hier in Köln gibt es noch eine ganze Reihe von Karnevalsvereinen, die Blackfacing vornehmen. Das heißt, sie verkleiden sich als Fantasie-Afrikaner mit Baströckchen und Knochenkette, mit denen sie dann alte, stereotype Bilder bedienen", sagt sie. "Man ist damit nicht unbedingt Rassist. Aber es ist eine rassistische Verkleidung." Es treffe Menschen, die sich reduziert fühlten. Und der Bastrock sei nur ein Beispiel. "Ich würde mir wünschen, dass es auch eine Diskussion über das Indianerkostüm gibt und was daran problematisch sein könnte. Dass es sich dabei um eine europäische Fantasie über eine Menschengruppe handelt, die nichts mit der Realität zu tun hat."

"Zeit des Kolonialismus nicht ausreichend aufgearbeitet"

In eine ähnliche Kerbe schlug 2017 die Plakatkampagne "Ich bin kein Kostüm!". Die Beteiligten - darunter der Antidiskriminierungsverband Deutschland - kritisierten, dass die "Zeit des Kolonialismus und der sogenannten "Entdeckungen", die mit Massenmorden und anderen Gräueltaten einhergingen", bislang nicht ausreichend aufgearbeitet worden sei. "Das sog. "Indianerkostüm" und andere diskriminierende und teils romantisierende Bilder bestimmter Gruppen geben die Älteren so immer wieder an die nächste Generation weiter."

Entzündet sich eine derartige Diskussion, wird sie mit großer Vehemenz geführt. Bei dem an der Kampagne ebenfalls beteiligten Verein Öffentlichkeit gegen Gewalt gibt man heute zu "Ich bin kein Kostüm!" kein Interview mehr. Die Gegenreaktion zu dem Vorstoß sei einfach zu heftig gewesen.

Ähnliches weiß Günter Cöllen zu berichten, allerdings mit komplett umgekehrten Vorzeichen. Er ist zweiter Vorsitzender des Karnevalsvereins "Wilde Frechener", der bis zum vergangenen Jahr noch anders hieß: "Frechener Negerköpp". Auf alten Fotos sieht man die Mitglieder mit schwarz angemalten Gesichtern und Fellwesten. Woher der Name kam, kann Cöllen gar nicht genau erklären. "Ich weiß nur so viel, dass es aus einem Stammtisch entstanden ist. Das waren wohl Skat-Brüder." Politisch habe man nie sein wollen.

2018 jedenfalls benannten sich die "Negerköpp" um - und die Kostüme wurden eingemottet. Cöllen berichtet, dass die Anfeindungen überhand genommen hätten. "Das Extremste war die Drohung, dass unser Wagen auf dem Karnevalszug mit Steinen beworfen werden sollte." Der Fall erinnert an den Karnevalisten "Neger vom Südend", der im hessischen Fulda zu einem ähnlichen Politikum wurde.

Zwei Extreme treffen aufeinander

Dass derartige Debatten heute viel schneller hochkochen und überhaupt über die Grenzen des eigenen Karnevalsumzugs bekannt werden, hat mit den neuen Medien zu tun. Es treffen zwei Extreme aufeinander. Der Karneval, zu dessen DNA der Satz "Das haben wir schon immer so gemacht!" gehört. Und soziale Netzwerke, in denen Debatten auch mal absurd schnell ins Hysterische kippen können.

"Durch die weltweite Vernetzung kann heute im Grunde jeder alles mitbekommen. Das verändert ganz automatisch den Blickwinkel", sagt der in Köln geborene Kabarettist Fatih Çevikkollu, der sich in seinen Programmen häufig mit Integration beschäftigt. Zudem kennt man ihn als Murat aus der Comedy-Serie "Alles Atze" (RTL). Vom Karneval dürfe man zu Recht mehr Sensibilität einfordern, sagt er.

Das Indianerkostüm hält Çevikkollu dennoch für in Ordnung. Insgesamt rät er aber von Ethno-Kostümen ab - weil sie recht unkreativ seien. "Wenn jemand als Zahnpastatube geht - so etwas finde ich super."