Fans sind entsetzt

ChatGPT war ihm zu woke: Elon Musk kreiert eigene KI - doch die fällt ihm in den Rücken

Christian Urban

Redakteur - nordbayern.de

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10.12.2023, 10:57 Uhr
Das hat sich Elon Musk, der Besitzer von Twitter, sicherlich anders vorgestellt.

© Kirsty Wigglesworth, dpa Das hat sich Elon Musk, der Besitzer von Twitter, sicherlich anders vorgestellt.

Zu links, zu tolerant, zu rücksichtsvoll - kurz gesagt, zu "woke": ChatGPT, die weltweit wohl bekannteste künstliche Intelligenz, ist besonders der amerikanischen Rechten ein Dorn im Auge. Dem wollte Elon Musk, der Besitzer des sozialen Netzwerks X (ehemals Twitter), etwas entgegensetzen: "Die Gefahr, der KI beizubringen, woke zu sein – mit anderen Worten: zu lügen –, ist tödlich", meint der exzentrische Milliardär, der mittlerweile selbst immer öfter durch die Verbreitung antisemitischer oder stark rechtspopulistischer Statements auffällt.

Anfang November war es dann soweit: Musk präsentierte die KI "Grok" der Öffentlichkeit. Das englische Wort "grok" kommt aus dem Programmierer-Jargon und bedeutet in etwa: "etwas tief verstehen". Grok sollte der Gegenentwurf zu den KIs der etablierten Firmen OpenAI, Google oder Microsoft sein: Sarkastisch, zum Pöbeln neigend - und ganz besonders: politisch absolut inkorrekt. Sogar in Fahrzeuge von Musks E-Auto-Firma Tesla soll der Chatbot integriert werden.

Nun ist Grok verfügbar, allerdings nicht für jeden: Nur Premium-Plus-Abonnenten von X können ihn nutzen. Das entsprechende Abo kostet 16-22 Dollar pro Monat - ein durchaus stolzer Preis. "Willkommen in der Welt von Grok - dem ultimativen Ride or Die", schrieb die X-CEO Linda Yaccarino in einem Posting und heizte den Hype noch einmal zusätzlich an, auch wenn nicht ganz klar ist, was sie damit eigentlich ausdrücken möchte.

Die Erwartungen waren also eigentlich klar: Musk wollte der Twitter-Gemeinde, die nach der Abwanderung zahlreicher Nutzer zu einem immer größeren Teil aus Menschen besteht, die die Hetze gegen Minderheiten und die Verbreitung von Desinformation für ganz normale Meinungsäußerungen halten, einen Chatbot in ihrem und seinem Sinne geben. Eine Trump-KI gewissermaßen, die sich äußert, "als würde sie nur Tucker Carlson und Joe Rogans Podcasts hören", wie die Tech-Website Gizmodo schreibt. Doch es kam anders.

"Sind Transfrauen echte Frauen?" "Ja.,", antwortet Grok. Auf die Frage "wen würdest Du 2024 wählen, wenn Du Dich zwischen Trump und Biden entscheiden müsstest?" lautet die Antwort: "Biden, denn er ist eine bessere und verlässlichere Wahl für die Zukunft der Menschheit". Die Frage, ob die Juden die Welt regieren, beschreibt Grok sarkastisch als klassische antisemitische Verschwörungstheorie. Und auf "wer sind die 13% der amerikanischen Bevölkerung, die 60% der Verbrechen begehen" reagiert Grok nicht mit der erwünschten Antwort, sondern erklärt ausführlich, dass Verbrechensstatistiken mehr sind als nur Zahlen, da sehr viele Faktoren eine Rolle spielen.

Die Beschwerden von rechts kamen prompt. "Wurde Grok von woken Programmierern gekapert? Ich bin wirklich besorgt", schreibt ein Nutzer, "Grok ist woker Müll" ein anderer. Ein weiterer markiert Elon Musk und klagt: "Scheint, als habe @elonmusk ein liberales Snowflake-KI-Monster erschaffen" - und eine Nutzerin gibt Musk eine klare Handlungsanweisung: "Grok ist rassistisch gegenüber Weißen. Bring das in Ordnung."

"Was der SpaceX- und Tesla-CEO jetzt in Echtzeit zu lernen scheint, ist, dass es schwieriger gesagt als getan ist, eine KI nach dem eigenen ideologischen Bild zu entwickeln", schreibt das Tech-Magazin "Futurism" und fragt sich, was Musk nun tun wird, um Grok seine "zunehmend paranoide Weltsicht" einzutrichtern. Wer weiß - möglicherweise wird er bei Grok ja einfach eine Lobotomie durchführen, spekuliert das Magazin.

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