Cyberpunk 2077: Mit 14-Stunden-Tagen zum Release

Robin Walter

Volontär

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20.12.2020, 11:13 Uhr
Spätestens nachdem bekannt wurde, dass John Wick Star Keanu Reeves eine Rolle im Science-Fiction-Rollenspiel bekommt, war der Hype um Cyberpunk 2077 gigantisch.

© Christoph Hardt, via www.imago-images.de, imago images/Future Image Spätestens nachdem bekannt wurde, dass John Wick Star Keanu Reeves eine Rolle im Science-Fiction-Rollenspiel bekommt, war der Hype um Cyberpunk 2077 gigantisch.

Die fiktive Megastadt Night City im Jahr 2077: Großkonzerne kontrollieren das gesamte Leben der Bevölkerung, die Natur ist fast vollkommen zerstört und die menschliche Selbstoptimierung scheint mit kybernetischen Eingriffen am eigenen Körper am Rande des Möglichen angelangt zu sein. In dieser dystopischen Szenerie spielt das Open World Rollenspiel "Cyberpunk 2077". Millionen Fans sehnten sich seit der Ankündigung des polnischen Entwicklerstudios CD Project Red nach genau diesem Spielerlebnis.

Im Jahr 2019 nannten die Entwickler auf der E3, einer der bedeutendsten Videospielemessen, als Erscheinungsdatum von Cyberpunk den 16. April 2020. Diesen Zeitplan konnten sie jedoch nicht einhalten, weshalb der Release um acht Monate, auf den 10. Dezember, verschoben wurde. Die Fans versprachen sich nach der extrem langen Entwicklungszeit ein perfektes Spielerlebnis. Auch Vorab-Trailer des Gameplays zeigten die immersive Spielewelt mit atemberaubenden grafischen Details.

Dieses Spielerlebnis sah nach dem Release jedoch selbst auf leistungsstarken PCs oft anders aus. Mir selbst sind beim Spielen am PC Szenen aufgefallen, in denen Objekte wahllos in der Luft schwebten oder nicht spielbare Charaktere im Boden oder in Wänden steckenblieben.

Wegen des unstillbaren Verlangens der Community nach neuen Games setzen Entwickler in den letzten Jahren immer wieder auf sogenannte Early Access Veröffentlichungen. Hier können die Spielerinnen und Spieler bereits vor der finalen Veröffentlichung das Game erwerben und spielen. Early Access Games sind jedoch häufig in einem miserablen technischen Zustand. Cyberpunk 2077 ist zwar offiziell nicht im Early Access erschienen, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war das Spiel jedoch alles andere als fertig.

Cyberpunk 2077 auf PS4 und XBOX One kaum spielbar

Trotz der achtjährigen Entwicklungszeit des Spieles häufen sich die Beschwerden aus der Gaming-Community. Gerade auf der alten Konsolengeneration mit der PS4 und der XBOX One ist nach Aussage vieler Spielerinnen und Spieler Cyberpunk 2077 wegen der technischen Mängel kein wirklicher Genuss. Auch Sony reagierte auf die Kritik der Gamer und verbannte das Spiel kurzzeitig aus dem Playstation Store. Am PC kommt die atemberaubende Grafik des Spiels auch nur bei Spielern mit leistungsstarken Rechnern an.


Zu viele Fehler: Sony entfernt "Cyberpunk 2077" aus Playstation Store


Hätte das Entwicklerstudio ihr Meisterwerk noch später veröffentlichen sollen, um diese Fehler noch vor dem finalen Release zu beheben? Die Community hätte die Verzögerung womöglich nicht gut geheißen. Wegen der Verschiebung des Releases reagierten einige Fans sogar mit Morddrohungen via Twitter gegen Adam Kiciński, den Vorstand des Entwicklerstudios. CD Project Red hat sich letztendlich doch, vermutlich auch aus verkaufsstrategischen Gründen, dazu entschlossen, das Spiel trotz der Makel noch vor Weihnachten zu veröffentlichen.

Dass es bei der Entwicklung des Spiels in den letzten Monaten hektisch wurde, zeigte der Leak eines Telefonprotokolls mit Kiciński und Investoren, kurz vor Bekanntgabe der letzten Verschiebung des Spiels. Auf die Frage, ob der spätere Release den Druck auf den einzelnen Entwicklern verringere, entgegnete Kiciński, dass Crunch-Phasen für die Angestellten nicht so schlimm seien.

Crunch: 12 bis 14 Stunden Arbeit pro Tag

Doch genau dieser Crunch sorgt regelmäßig für Empörung in der Öffentlichkeit. Mitarbeiter müssen unter enormen Zeitdruck neue Features fertigstellen. Teilweise arbeiten sie in diesen Crunch-Phasen zwischen 12 und 14 Stunden täglich. Abgesehen von Verstößen gegen Arbeitsrecht sind solche Entwicklungsphasen äußerst gesundheitsgefährdend, jedoch immer mehr Gang und Gebe in der Softwareentwicklung.

Schuld an diesem Druck auf die Entwickler sind jedoch nicht deren Vorgesetzte, sondern die Verbraucher, die Produkte immer schneller und immer perfekter einfordern. Die Bedingungen hinter der Entstehung eines Videospiels wird dabei gänzlich ausgeblendet.

CD-Project-Red-Vorstand Kiciński entschuldigte zwar für seine Äußerungen zum Thema Crunch. Dennoch müssen nun die Entwickler die Fehlentscheidungen des Vorstandes ausbaden. Auch wenn die Verkaufsplattformen wie Steam das Game nicht als Early Access bewerben – Cyberpunk ist noch lange nicht fertig und benötigt noch viel Arbeit der Entwickler. Mit der fordernden Haltung der Spielerinnen und Spieler unterstützen sie indirekt die mieserablen Arbeitsbedingungen in den Studios. Der Trend zu unfertigen Early Access Spielen bleibt damit bestehen und ausgerechnet die Gamer selbst sind der Ursprung des Unmuts auf die Entwicklerstudios.

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