Darum ist "Zurück in die Zukunft" bis heute Kult

21.10.2015, 06:01 Uhr
Doc Brown im DeLorean: Für Generationen von Filmfans ein vertrautes Bild.

© Verleih/Universal Doc Brown im DeLorean: Für Generationen von Filmfans ein vertrautes Bild.

Seine Lieblingsszene ist die, als der Wirt in der Eisdiele fragt, wer in der Zukunft Präsident ist. Marty antwortet: "Ronald Reagan" und der Wirt sagt: "Der Schauspieler?! Niemals!" Das findet Bernd Flessner großartig: "Aussagen über die Zukunft stimmen eigentlich nie", sagt der Zukunftsforscher. "Die klingen alle so unplausibel und das ist der Gag an der Sache."

Überhaupt sind es die vielen Witze und Anspielungen, die die Triologie "Zurück in die Zukunft" zu Kult-Filmen machen und auch beim zehnten Mal anschauen nicht langweilig werden lassen. "Im ersten Teil erfährt Rock ’n’ Roll-Pionier Chuck Berry durch einen Auftritt von Marty in der Vergangenheit, welches Lied er später komponieren wird", sagt Flessner. "Ein schöner dramaturgischer Kunstgriff – der zeigt, dass die Autoren das Zeitreise-Thema nicht all zu ernst nehmen."

Als der Film 1985 in die Kinos kam, schrieb Flessner gerade an seiner Magisterarbeit. Er studierte Theater- und Medienwissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg, an der er heute auch lehrt und forscht. "Mein Prof war damals nicht einverstanden mit meiner These, dass Spielfilme irgendwann komplett am Computer gemacht werden können", erinnert er sich. Natürlich habe er damals "Zurück in die Zukunft" im Kino gesehen. "Aber mehr als Komödie, weniger als Zukunftsvision", sagt der heute 57-Jährige. "Da waren '2001: Odyssee im Weltraum' oder 'Blade Runner' prägender für mich, weil sie wirkliche Zukunftsfragen wie Raumfahrt und künstliches Leben thematisiert haben."

Wenn er in die Vergangenheit reisen könnte, würde er gerne eines der ersten Beatles-Konzerte besuchen oder die Zukunft in 1000 Jahren. "Das fände ich viel spannender als nur 30 Jahre wie im Film. Wahrscheinlich laufen dann keine Menschen mehr auf der Erde herum, sondern Homo Cyborgs, halb Mensch, halb Maschine."

Als Medienwissenschaftler weiß Flessner, was Kult-Filme auszeichnet: "Die jugendliche Identifikationsfigur ist ganz wichtig, ohne Michael J. Fox als Darsteller des Marty McFly, diesen stets aufgedrehten, vollaktiven Typen, hätte das ganz anders laufen können. In ihn können sich Jugendliche über Jahrzehnte hinweg hineinversetzen." An seiner Seite steht der verrückte Wissenschaftler "Doc" Brown, der nicht wie in anderen Filmen nur die Ausrüstung erfindet, sondern alle Abenteuer auch mitmacht.

Zum Glück, denn eigentlich sind Fachleute ganz schlecht darin, die Zukunft vorherzusehen: "1909 sagten die Gebrüder Wright, dass es nie eine Flugmaschine geben wird, die von Paris nach New York fliegt", erzählt Flessner. "Jeder hat ihnen damals geglaubt, schließlich waren sie die Experten. Das heißt auch nicht, dass sie dumm waren, aber sie haben Jahre investiert, um 37 Meter weit fliegen zu können – 5000 Kilometer waren deshalb eine unvorstellbare, unmögliche Weite für sie."

"Ein Autor muss sich nicht an Naturgesetze halten"

Im selben Jahr beschrieb der Science-Fiction-Schriftsteller Herbert George Wells in seinem Roman "Krieg der Welten" einen Luftkampf, in dem Flugzeuge große Strecken überwinden und Bomben abwerfen können. Die Kritiker zerrissen den Roman, "zu unrealistisch". Doch nur zehn Jahre später, 1919, gelang den Piloten Alcock und Brown der erste Flug über den Atlantik. "Wissenschaftler haben einen Tunnelblick, sie kennen die realistischen Probleme", erklärt Flessner. "Ein Autor muss sich nicht an Naturgesetze halten."

Die Macher von "Zurück in die Zukunft" hatten Glück, dass bis heute vieles aus ihren Filmen gleich geblieben ist. "Am gewagtesten ist da noch die Idee mit dem DeLorean und dem Fluxkompensator. Der schicke Sportwagen ist ein Männerliebling, eine Ente hätte da nicht so windschnittig gewirkt." Als Zukunftsforscher schaut Flessner lieber voraus als zurück.

Aber Geschichtsforschung mit Hilfe einer Zeitmaschine würde ihn trotzdem reizen: "Das wäre natürlich ein Traum. Wenn ich Reiseanbieter wäre, würde ich Abendessen auf der Titanic anbieten am Tag vor der Katastrophe in diesem riesigen Saal – das wäre schon geil, oder? Da würden die Leute einiges dafür zahlen und ich hätte ein florierendes Unternehmen. Man könnte vieles klären, aber der Ärger wäre natürlich gigantisch. Würden Sie den Kapitän der Titanic vor dem Eisberg warnen? Oder sogar noch weiter zurückreisen und Jesus vom Kreuz holen? Oder die Kreuzigung filmen?"

Verwandte Themen


2 Kommentare