Spielen reduziert den Jagdtrieb

Dringender Appell von Naturschützern: So gefährlich sind Katzen für andere Tiere

10.05.2022, 16:55 Uhr
Zahlreiche Vögel werden jährlich von Katzen getötet.

© Franziska Gabbert, dpa-tmn Zahlreiche Vögel werden jährlich von Katzen getötet.

Etwa 200 Millionen Vögel fallen ihnen zu Opfer – pro Jahr, alleine in Deutschland. Die "Täter" haben viele Deutsche zuhause: Katzen. Über 14 Millionen Hauskatzen leben in Deutschland, auf der Beliebtheitsskala rangieren die Vierbeiner ganz oben. In manchen Ländern, insbesondere auf Inseln, sind die so vermeintlich süßen und unschuldigen Haustiere aber "definitiv der sichere Tod für viele, zum Teil flugunfähige Vogelarten", erklärte Lars Lachmann, Vogelexperte beim Naturschutzbund Deutschland.

In der Bundesrepublik ist die Situation anders: Hierzulande leben keine flugunfähigen Vogelarten, da es schon immer zahlreiche Landraubtiere gab. Katzen werden demnach in Deutschland "keine Vogelart vollständig ausrotten", prognostiziert Lachmann. Dennoch können sie "dem Vogelbestand mancherorts empfindlich schaden" – insbesondere in menschlichen Siedlungsbereichen. Dort seien die Vogelbestände laut Lachmann "in vielen Fällen sicherlich niedriger als sie ohne Katzen wären". In extremen Fällen könne bei sehr hoher Katzendichte gar der Eindruck entstehen, es gäbe keine Vögel mehr in den Gärten.

Doch freilich sind nicht alle Katzen grundsätzlich gefährlich – vielmehr gilt es zu differenzieren: "Stubentiger" und "Freigänger" jagen eher zum Zeitvertreib und sind daher harmlos für die Vogelwelt. Indes stellen verwilderte Hauskatzen eine große Gefahr dar: Sie müssen ihren Nahrungsbedarf komplett durch menschlichen Abfall und durch die Jagd auf Kleintiere decken. "Wenn es gelänge, die Bestände verwilderter Hauskatzen zu reduzieren, hätte man das Problem sicherlich auf ein erträgliches Maß verringert", konstatiert Lachmann in einem Interview auf der Website des Naturschutzbundes.

Zugleich sind verwilderte Hauskatzen auch für seltene Wildkatzen gefährlich. Im Wald kommt es laut Lachmann immer wieder zu "Hybridisierungen" beider Arten. Eine mögliche Folge: das Aussterben der echten Wildkatzen. Als Maßnahme, um derartigen Vorfällen vorzubeugen, schlägt Lachmann nach dem Vorbild der Stadt Paderborn ein umfassendes Programm zur Kastration und Sterilisation aller verwilderten Haustiere sowie eine entsprechende Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Hauskatzen mit Freigang vor: "Dies würde dazu führen, dass der Bestand verwilderter Katzen in kurzer Zeit deutlich abnehmen würde, und es gäbe auch keinen ‚Nachschub‘ mehr durch Freigänger, die mit den verwilderten Katzen Nachkommen zeugen", meinte Lachmann. Zudem zeigten kastrierte Katzen deutlich weniger "Jagdfieber".

In diesem Paderborner Modell erkennt Lachmann eine Win-Win-Situation: "Das Problem verwilderter Katzen kann eingedämmt werden, ohne eine einzige Katze töten zu müssen, und auch der Vogelschutz profitiert davon." Weniger Erfolg verspricht er sich von der diskutierten Frage über die Einführung einer möglichen Katzensteuer. Diese sei nicht nur gesellschaftlich nicht durchsetzbar, sondern auch wenig zielführend – oder sogar kontraproduktiv, würde diese Maßnahme doch eher zum Freilassen oder Verstoßen von Hauskatzen durch Katzenhalter führen.

Doch auch ohne derartige Lösungen im Großen kann jeder einzelne Halter einer Katze seinen Teil zum Vogelschutz beitragen – zusätzlich zur Kastration: Besitzer sollten laut Lachmann darauf achten, dass sich ihre Katze von Mitte Mai bis Mitte Juli in den Morgenstunden nicht im Freien aufhält. Gerade zu dieser Zeit sind nämlich die meisten Jungvögel unterwegs.

Die Jagdambitionen der Katzen können Besitzer zudem reduzieren, wenn sie viel mit ihnen spielen. Katzenabweisende Manschettenringe können gefährdete Bäume mit Vogelnestern sichern. Ein Glöckchen am Halsband der Katze verhindert zwar das Fangen gesunder Altvögel, ist aber recht unangenehm für die Vierbeiner.

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