"Es floss viel Blut": Schweres Zugunglück in Philadelphia

13.5.2015, 18:18 Uhr

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"Unsere Herzen sind gebrochen", sagte er. Noch mehr als 12 Stunden nach dem nächtlichen Unglück waren mehrere Passagiere vermisst. "Wenn Sie in dem Zug waren und wohlauf sind, melden Sie sich bitte", bat eine Vertreterin der städtischen Notfall-Behörde.

US-Präsident Barack Obama bekundete in einem Telefonat mit dem Bürgermeister und einer schriftlichen Mitteilung "tiefe Trauer" und Anteilnahme. Der Unfall sei eine "Tragödie, die uns alle betrifft", erklärte der Präsident. Er sicherte Nutter die Unterstützung der Bundesbehörden bei der Aufklärung der Unfallursache zu.

Der Zug der Amtrak-Gesellschaft war am Dienstagabend (Ortszeit) auf dem Weg von Washington nach New York nach einer scharfen Kurve plötzlich entgleist. Sechs Waggons und die Lokomotive sprangen von den Schienen. An Bord waren 238 Passagiere und fünf Crewmitglieder.

Viele der Verletzten konnte dem Sender CNN zufolge nach der Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Sie hätten häufig Schnitt- und Schürfwunden, Prellungen und Knochenbrüche erlitten. Der Ostküstenkorridor zwischen Washington und Boston mit den Stationen Philadelphia und New York ist die meistbefahrene Bahnstrecke Nordamerikas.

"Totales, katastrophales Durcheinander"

Laut CNN werden auf diesem Schienenweg täglich mehr als dreimal so viele Passagiere befördert wie per Flugzeug. Das US-Fernsehen zeigte Bilder von einem Waggon, der einem Riesenknäuel von verbogenem Metall glich. Andere Wagen lagen auf der Seite, die Lokomotive hatte sich vom Rest des Zuges getrennt. Augenzeugen sprachen von blutüberströmten Menschen, die durch Fenster ins Freie gezogen wurden.

"Ein totales, katastrophales Durcheinander", beschrieb Bürgermeister Nutter die nächtliche Szene nach dem Unfall. Experten der Transportsicherheitsbehörde NTSB forschten am Mittwoch nach der Ursache. Dabei konzentrierten sie sich unter anderem auf die Geschwindigkeit des Zuges.

Auch Ermittler der Bundespolizei FBI waren vor Ort, aber laut Medienberichten gab es keine Hinweise auf Sabotage. Das Unglück entfachte auch eine neue Diskussion über den Zustand des Schienennetzes in den USA. Es war bereits der neunte Unfall eines Amtrak-Zuges in diesem Jahr. Allerdings passierten die meisten bei Kollisionen mit Fahrzeugen auf Bahnübergängen.

Im Jahr 1943 waren bei einem Bahnunglück an der gleichen Stelle in Philadelphia 79 Menschen ums Leben gekommen. Viele der Passagiere von Zug Nummer 188 waren Menschen, die beruflich in Washington zu tun hatten, müde vor sich hindösten oder E-Mails auf ihren Handys checkten. Dann, als sich der Zug am nördlichen Rand von Philadelphia befand, habe es plötzlich einen Ruck gegeben, schilderte eine Reisende dem Sender CNN.

"Dann war alles durcheinander." Die Wucht beim Entgleisen war Augenzeugenberichten zufolge so groß, dass Passagiere, Gepäck, Laptops und Handys durch die Luft wirbelten. "Da waren zwei Menschen in der Gepäckablage über unseren Köpfen", zitierte CNN Passagier David Wetrin. "Sie fragten, ob wir ihnen herunterhelfen könnten."

Menschen krochen durch die Gänge, versuchten, durch Fenster und Türen ins Freie zu gelangen. Joan Elfman, eine Krankenschwester, schilderte, sie habe viele Passagiere mit Knochenbrüchen gesehen und versucht, Erste Hilfe zu leisten. "Es ist ein Alptraum", habe sie gedacht.

Der Politiker und Augenzeuge Patrick Murphy, der an Bord war, twitterte Bilder aus dem Innern des Zuges. Sie zeigten, wie Rettungskräfte Eingeklemmten halfen. Dem Sender WPVI sagte Murphy: "Ich hörte einen Knall oder so etwas in der Art." Dann sei der Zug hin und her geschwankt und entgleist: "Es gab viel Chaos... viel Blut, es floss viel Blut."

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