Mythos um Nebenwirkung
Faktencheck zur Fruchtbarkeit: Eine Corona-Impfung gefährdet den Kinderwunsch nicht
4.1.2022, 10:21 UhrGerade junge Menschen nennen als Argument gegen eine Corona-Impfung die negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit - man wolle sich schließlich nicht den Kinderwunsch verbauen. Angeblich richteten sich die Antikörper, die das Immunsystem nach einer mRNA-Impfung herausbildet, gegen Bestandteile der Plazenta.
Dieser Mythos geht laut Forschern der Universität Jena auf die geringfügige Ähnlichkeit des Spike-Proteins des Coronavirus mit dem Protein Syncytin-1 zurück. Ersteres wird durch die Impfung gebildet, letzteres ist während der Schwangerschaft an der Bildung des Mutterkuchens beteiligt.
Macht die Corona-Impfung nun also unfruchtbar? Nein, "diese Aussage ist falsch", schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Website. Die Argumente dafür liegen in der Fehlinterpretation der Protein-Ähnlichkeit, der Logik und zahlreichen Studien, die das RKI im Rahmen eines Frage-Antwort-Stücks zum Thema "Impfung bei Schwangeren, Stillenden und bei Kinderwunsch" aufführt.
Das ergaben die Studien
So gab es in den nicht-klinischen Studien vor Zulassung der Vakzine keinerlei Hinweise auf das Auftreten von Unfruchtbarkeit nach dem Impfen. In der Zulassungsstudie des Herstellers Biontech seien zwölf Frauen unter den Geimpften und elf in der Gruppe mit Placebo-Gabe innerhalb des zweimonatigen Nachbeobachtungszeitraum schwanger geworden.
Bei 36 Paaren, die sich laut einer israelischen Studie in einer Behandlung für eine künstliche Befruchtung befanden und in dieser Zeit impfen ließen, habe es weder bei Anzahl und Qualität der Eizellen noch bei den untersuchten Spermienparametern einen Unterschied nach der Impfung gegeben.
Weitere Studien aus Israel und von der University of Miami belegen ebenfalls, dass die Impfung weder den Spiegel des Anti-Müller-Hormons zur Eizellen-Produktion bei der Frau noch die Spermienqualität beim Mann beeinflusst.
Geringfügige Ähnlichkeit
Aber wirkt sich denn die Ähnlichkeit des Spike-Proteins mit dem Syncytin-1 nicht auf die Fruchtbarkeit aus? Nein. Tatsächlich ist die Übereinstimmung extrem gering: Das Spike-Protein, das aus 1273 Aminosäuren besteht, enthält eine Sequenz aus fünf Aminosäuren, die einer Sequenz im Protein Syncytin-1 ähnelt, aufgrund der mittleren Aminosäure aber nicht identisch ist.
Zur Therapie bestimmter Autoimmunkrankheiten verwende man laut der Uni Jena Antikörper gegen ein Protein, dem Syncytin-1 deutlich ähnlicher sei. Auch das habe, wie zahlreiche Experimente belegten, keinerlei Einfluss auf die Plazentawirkung.
Infektion wäre auch in diesem Fall schlimmer als Impfung
Für jene, die trotz der sehr geringfügigen Ähnlichkeit an einen Einfluss des Spike-Proteins auf die Fruchtbarkeit glauben, liefert ebendiese eigentlich ein Argument für die Impfung. Denn: Wenn bereits die Impfung unfruchtbar machen würde, müsste die Corona-Infektion mit ihrer deutlich höheren und unkalkulierbaren Antikörper-Bildung erst recht negative Folgen für den Kinderwunsch haben. Das schrieb die Uni Jena auf ihrer Website.
Auch laut dem Virologen Lars Dölken von der Uni Würzburg gebe es keine besondere Ähnlichkeit zwischen dem Spike-Protein von Covid-19 und dem Protein Syncytin-1. Das RKI ergänzt: "Nach dieser Logik müsste auch die Infektion mit Covid-19 unfruchtbar machen. Auch dies wurde jedoch weltweit nicht beobachtet."
Argumente, die aus Gründen der Fruchtbarkeit und des Kinderwunsches gegen eine Corona-Impfung sprechen, werden also allesamt durch entsprechende Studien entkräftet und widerlegt. Stattdessen ist eine Impfung für Schwangere und Menschen, die es werden wollen, nicht nur ungefährlich, sondern gar noch wichtiger: Daten der Cronos-Registerstudie belegen, dass Schwangere besonders gefährdet sind, schwer an Covid-19 zu erkranken. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt demnach Frauen mit Kinderwunsch, Stillenden und Schwangeren ab dem 2. Trimenon (ab der 13. Woche) die Impfung.
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