Nacht- und Nebelaktion

Familie aus Deutschland folgt Wanderroute - und verursacht stundenlangen Rettungseinsatz in Tirol

Theresa Neuß

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13.9.2024, 13:04 Uhr
Ein Rettungshubschrauber in den Alpen. (Symbolbild)

© IMAGO/Eibner-Pressefoto/EXPA/Gro/IMAGO/Eibner Europa Ein Rettungshubschrauber in den Alpen. (Symbolbild)

Ob mangelnde Vorbereitung, Selbstüberschätzung oder Leichtsinn - immer wieder geraten Wanderer in schwierige Situationen und bringen dabei sich und ihre Retter in Gefahr. Auch am 26. August hat eine Gruppe Deutscher im Wanderurlaub ihre Fähigkeiten anscheinend nicht richtig eingeschätzt. Eine vierköpfige Familie aus dem Schwarzwald und ein Mann aus Freiburg haben sich eine Route am Wilden Kaiser bei Kufstein im Internet ausgesucht - sie war für die Gruppe jedoch deutlich zu schwer. Sie kam nicht mehr weiter und musste in einer neunstündigen Rettungsaktion zurückgebracht werden.

Überfordert und erschöpft

Der Kaiserschützensteig ist eine lange und anspruchsvolle Tour zum höchsten Gipfel des Wilden Kaisers, die Ellmauer Halt liegt auf 2344 Meter Höhe. Die Route enthält viele ungesicherte Kletterpassagen im ersten und zweiten Schwierigkeitsgrad. Trotzdem wählte die Gruppe genau diese Tour aus und überschätzte ihre Ausdauer völlig.

"Sie sind von einer Hütte gestartet und zur Ellmauer Halt aufgestiegen, wo sie aber erst um 13 Uhr ankamen. Dann wollten sie über den Kaiserschützensteig absteigen, haben aber in vier Stunden nur dreihundert Höhenmeter geschafft", erklärt Robert Baumgartner, Leiter der Bergrettung Kufstein, gegenüber dem "ORF". "Das war der Punkt, an dem sie gemerkt haben, dass sie nicht mehr weiterkommen." Die Familie setzte einen Notruf ab.

Nebel und Regen erschwerten die Bergung

Zuerst schickte die Bergrettung Kufstein die sogenannte "Libelle", einen Rettungshubschrauber, los. Aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse musste diese aber wieder umkehren. Daraufhin machten sich 13 Bergretterinnen und Bergretter mit passender Ausrüstung zu Fuß auf den Weg zum Einstieg des Kaiserschützensteigs, wie aus dem Einsatzbericht der Bergrettung Kufstein hervorgeht. Vom Einstieg brauchten sie nochmal zwei Stunden zu den erschöpften Wanderern und gegen 20 Uhr waren sie bei ihnen. Mit Müsliriegeln und anderen Snacks der Bergrettung konnten sich die Personen stärken und sich auf den gemeinsamen Abstieg vorbereiten.

Bei Regen und schlechter Sicht machte sich die gesamte Gruppe dann gesichert auf den Weg nach unten zum Ausstieg des Kaiserschützensteigs und von da mussten sie den restlichen Fußmarsch zum Hans-Berger-Haus noch zurücklegen. Dort wurde die Rettungsmannschaft gegen 1 Uhr von der Hüttenwirtin versorgt. Die fünf Personen waren, laut Einsatzbericht, nach ihrer Rettung erschöpft und leicht unterkühlt, aber unverletzt. Die Bergrettung päppelte alle wieder auf und brachte sie in ihre Unterkunft

"Klar unterschätzt" - solche Einsätze kommen öfter vor

Die Familie habe der Route aus dem Internet offenbar blind vertraut, so Baumgartner zum "ORF". "Auf die meisten Touren, die im Internet empfohlen werden, würde ich mich nicht verlassen, weil jeder da etwas teilen kann. Es ist schlauer, sich einen Bergführer zu nehmen." Dieser informiere einen besser, ob man eine Tour schafft oder nicht.

Die Gruppe habe den Klettersteig klar unterschätzt, vor allem den Abstieg. "Zudem hatte sie zwei Jugendliche mit dabei. Dann kamen noch Nässe, Nebel und Angst dazu. Es wurde schnell zu schwierig", erklärte der Leiter der Bergrettung Kufstein.

Laut Baumgärtner kommt es regelmäßig zu ähnlichen Rettungseinsätzen. Nicht zuletzt, weil zu viele unerfahrene Bergsteigerinnen und Bergsteiger Tourentipps aus dem Internet vertrauen.