Fünfte Jahreszeit

Helau, Alaaf und Aha: So unterschiedlich werden in Deutschland Fasching und Karneval gefeiert

Verena Büchner

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01.03.2025, 05:00 Uhr
Die Stadt Köln ist die Hochburg für Karneval.

© JOERAN STEINSIEK/IMAGO Die Stadt Köln ist die Hochburg für Karneval.

Die einen lieben ihn und die anderen hassen ihn: Fasching. Oder doch Karneval oder Fastnacht? Was ist eigentlich der Unterschied? Der Grund für die verschiedenen Bezeichnungen ist vor allem geografisch bedingt. Während der Begriff Karneval vor allem im Nordwesten Deutschlands verbreitet ist, ist in Niedersachsen und Bayern oft von Fasching die Rede. Fastnacht wird hauptsächlich in Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland verwendet. Doch auch nach Franken schwappt der Begriff "Fastnacht" über. So ist die unterfränkische Gemeinde Veitshöchheim bekannt für die TV-Prunksitzung "Fastnacht in Franken", die bundesweit im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt wird.

Pünktlich am 11.11. um 11.11 Uhr wird vielerorts die "fünfte Jahreszeit" verkündet. Das ist allerdings nur der offizielle Start, richtig gefeiert wird in den meisten Regionen erst ab Februar. Die wichtigsten Tage sind die Weiberfastnacht oder auch "Altweiberfasching" genannt und der Rosenmontag. Zwischen diesen beiden Tagen ist die Hochphase des Karnevals. Dieses Jahr also zwischen dem 27. Februar und 3. März.

Der Brauch mit der Krawatte

Die Weiberfastnacht steht bei vielen Karnevalsbegeisterten für eine ganz bestimmte Tradition: das Krawatte-Abschneiden. Die Frauen schneiden den Männern den Schlips ab. Aber wieso? Die Frauen haben an diesem Tag die "Macht". Die Krawatte steht symbolisch für die "Männlichkeit". Ursprünglich stammt der Brauch aus dem 18. Jahrhundert, da war nämlich die Weiberfastnacht ein Tag für die Frauen, an dem sie sich eine Auszeit vom strengen Leben genommen haben. Nonnen und Stiftsfrauen genossen alles, was ihnen verboten war: Es gab Wein und Schokolade, sie spielten Karten und tanzten. Später, im Jahr 1824 sollen Frauen ein Bonner Rathaus gestürmt haben und allen Männern den Schlips abgeschnitten haben.

Heute ist die Tradition vor allem im Rheinland bekannt. Wer also in Städten wie Köln, Düsseldorf oder Bonn unterwegs ist, sollte sich gut überlegen, welche Krawatte er trägt – denn lange wird sie dort wohl nicht überleben. Wer hingegen in Hamburg, München oder Nürnberg die Schere zückt, muss eher damit rechnen, auf verwunderte Blicke zu treffen oder im schlimmsten Fall sogar Ärger zu bekommen. Das Krawatte-Abschneiden stellt nämlich eigentlich eine Eigentumsverletzung laut des Bürgerlichen Gesetzbuches dar. In Karnevalhochburgen müsse man aber nicht damit rechnen, dass deshalb Schadensersatzforderungen gestellt werden, heißt es auf bussgeldkatalog.org.

Eine Frau schneidet einem Mann die Krawatte ab. Als Entschädigung werden die Männer "gebützt". Das heißt, sie bekommen ein Küsschen auf die Wange.

Eine Frau schneidet einem Mann die Krawatte ab. Als Entschädigung werden die Männer "gebützt". Das heißt, sie bekommen ein Küsschen auf die Wange. © KatharinaxKemme/IMAGO/Funke Foto Services

Krapfen, Narren und Geistervertreibungen

Zurück zum Anfang: Der Ursprung von Karneval, Fasching und Fastnacht reicht bis ins Mittelalter zurück und ist eng mit dem Christentum verbunden. Die Menschen wollten vor der Fastenzeit noch mal richtig Gas geben und ausgelassen feiern, essen und trinken. Früher war während der Fastenzeit nicht nur der Verzehr von Fleisch, sondern auch der von Eiern, Schmalz, Fett und Butter strengstens verboten, berichtet zdf heute. Deshalb mussten verderbliche Produkte wie Eier und Fett verbraucht werden. So entstand die noch heute beliebte Sitte des Schmalzgebäcks, bekannt unter anderem als Krapfen oder Berliner.

Die Fastnacht hat zum Teil heidnische Wurzeln. Das heißt, sie diente der Winteraustreibung und der Vertreibung böser Geister. Nicht ohne Grund bezeichnet man die Teilnehmenden der Umzüge oft als Närrinnen und Narren. Diese Figuren sollen nämlich die bösen Geister vertreiben und symbolisieren den Übergang vom Dunklen zum Hellen. Im Rheinland spielen Närrinnen und Narren weniger eine Rolle. Dort ziehen die sogenannten Jeckinnen und Jecken durch die Straßen. Jeder, der Karneval feiert, wird als "Jeck" bezeichnet, unabhängig davon, ob er aktiv als Büttenredner oder einfach nur so auf der Straße unterwegs ist.

Die Akteure von Fastnacht und Karneval unterscheiden sich durch etwas sehr Wesentliches: Der Karnevalist zeigt Gesicht, der Fastnachtsläufer nicht. Er trägt eine Maske und ein entsprechendes Kostüm.

Die Akteure von Fastnacht und Karneval unterscheiden sich durch etwas sehr Wesentliches: Der Karnevalist zeigt Gesicht, der Fastnachtsläufer nicht. Er trägt eine Maske und ein entsprechendes Kostüm. © Silas Stein/IMAGO

Helau, Alaaf, und Aha

Regionale Unterschiede gibt es auch bei den Rufen "Alaaf" und "Helau". Als Kölscher Begriff ist "Alaaf" in erster Linie in der Karneval-Hochburg Köln zu Hause. Dort bedeutet das "Köln über alles" oder "Alles lobe Köln". Auch in Aachen, Bonn oder Leverkusen ist "Alaaf" gängig. In Düsseldorf wird dieser Ruf gar nicht gerne gehört. Dort bevorzugen die Menschen "Helau". Zu der Wortbedeutung gibt es eine Vielzahl an Vermutungen. Die einen meinen, "Helau" komme vom kirchlichen "Halleluja", die anderen vermuten der Ursprung in dem Wort "hell auf" wie zum Beispiel in der Redewendung "hellauf begeistert sein". Manchmal wird das Wort auch als "Hölle auf" gedeutet, was wiederum eine Verbindung zur Geistervertreibung schafft. In manchen Regionen werden "Ahoi", "Aloha", "Alä", "Hex", "Meck", "Knolli" oder "Wau-Wau" und andere Tierlaute gerufen, berichtet das "rnd". Der Ruf der Nürnberger Narren lautet "Nürnberg, aha".

Hat man an Fasching eigentlich frei?

Arbeitnehmende werden enttäuscht sein: In der Faschingszeit gibt es tatsächlich nirgendwo gesetzliche Feiertage, manchmal aber arbeitsfreie Tage oder Sonderregelungen. Einige katholischen Regionen Bayerns behandeln den Faschingsdienstag als "stillen Feiertag" und auch am Rosenmontag schließen viele Firmen ganztags oder haben am Nachmittag zu. Schülerinnen und Schüler haben mehr Glück: Der Faschingsdienstag ist in einigen Städten schulfrei, aber in vielen Bundesländern, auch in Bayern, sind ohnehin ab dem Rosenmontag Schulferien.

Sogar in der Karnelval-Hochburg Köln gibt es keinen gesetzlichen Feiertag. Aber für viele Firmen, Behörden und vor allem Geschäfte in der Innenstadt ist der Rosenmontag ein arbeitsfreier Tag. Auch am Weiberfastnacht-Donnerstag lassen viele Arbeitgeber ihre Mitarbeitende früher gehen oder geben ihnen frei. Ansonsten gilt: Beschäftigte müssen entweder Urlaub beantragen oder haben einen faschingsbegeisterten Chef. In manchen Unternehmen ist es üblich, dass Arbeitnehmende etwa an Weiberfastnacht oder Rosenmontag freihaben, ohne Urlaubstage nehmen zu müssen. Die Entscheidung obliegt aber immer dem Arbeitgeber.

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