Über 2.000 Jahre alt

Historiker hat keine Zweifel: Jesus-Abdruck auf Turiner Grabtuch ist echt

Jan Heimhold

nordbayern-Redaktion

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29.3.2024, 13:21 Uhr
Auf dem Turiner Grabtuch ist eindeutig ein Kopf zu erkennen. 

© imago (Bearbeitung: nordbayern.de) Auf dem Turiner Grabtuch ist eindeutig ein Kopf zu erkennen. 

Fast jedes Kind kennt die Geschichte aus der Bibel: Jesus Christus, von Christen als Sohn Gottes angesehen, wurde auf Geheiß des römischen Präfekten Pontius Pilatus ans Kreuz geschlagen und der tote Körper anschließend in einem Felsengrab abgelegt, bevor Jesus am dritten Tage wieder auferstand. Zwischen den zwei Zeiträumen soll er in einem Leichentuch eingewickelt gewesen sein, das sich heute angeblich im Dom von Turin in Norditalien befindet. Auf dem 4,36 Meter langen und 1,10 Meter breiten Tuch ist deutlich eine Silhouette abgebildet, die Jesus verblüffend ähnlich zu sehen scheint, weshalb es jedes Jahr Millionen von Besuchern anzieht. Doch ist die Reliquie wirklich echt oder handelt es sich um eine Fälschung?

Der französische Historiker Jean-Christian Petifils ist sich sicher, dass an dem Grabtuch etwas Wahres dran ist, berichtet er gegenüber der Zeitung "Paris Match". So spreche einiges dafür, dass die Abdrücke nicht von Menschenhand hergestellt worden sein konnten. Zum Beispiel bestünden diese nicht etwa aus Farbpigmenten, sondern aus einer Art Bräunung. Auch Blutspuren habe man auf dem Tuch entdeckt. Ganz so, als wäre die Person, die sich in dem Tuch befand, tatsächlich ausgepeitscht worden. Zudem konnte festgestellt werden, dass es sich bei der Blutgruppe um den Typen AB handelt, den nur vier Prozent der Weltbevölkerung aufweisen und der auch auf anderen angeblichen Passionsreliquien zu finden ist.

2.000 Jahre alt?

Obwohl eine Untersuchung nach der Radiokarbonmethode im Jahr 1988 ergab, dass das Tuch keinesfalls älter als 700 Jahre ist, sieht Petifils die Echtheit der Reliquie als erweisen an: "Es handelt sich tatsächlich um das Leichentuch, das Jesus von Nazareth am Abend seines Todes am 3. April des Jahres 33 umhüllte!", sagte er zu, "Paris Match". Die damalige Untersuchung sei fehlerhaft gewesen. So habe ein anderer Forscher, der das Tuch mittels Röntgenstrahlen untersuchte, es auf das erste nachchristliche Jahrhundert datiert, da es in seiner Struktur einem Leinentuch aus der zerstörten Festung Masada im damaligen Judäa sehr ähnlich sei. Auch behauptet Petifils, dass auf dem Abdruck des Tuches Münzen zu erkennen sind, die dem Toten auf die Augen gelegt worden waren. Bei diesen handele es sich um einen Lepton (eine kleine Kupfermünze, die im griechischsprachigen Osten des Römischen Reiches geprägt wurde), der aus der Zeit des Pontius Pilatus stamme.

Weitere Untersuchungen hätten zudem ergeben, dass auf dem Kopf des menschlichen Abdrucks die Inschrift "NAZARENU" (Der Nazarener) und "INNECE" zu lesen sei. Sie steht für das lateinische "In necem ibis" und bedeutet übersetzt: "Zum Tod wirst du gehen", also ein römisches Todesurteil. Für Petifils Beweise genug.

Skepsis bei anderen Wissenschaftlern

Andere Forscher wiederum sind skeptischer. So untersuchten amerikanische Wissenschaftler das Tuch 2018 genauer. Dafür stellten sie mithilfe eines Freiwilligen und einer Puppe den Blutfluss Jesu nach dessen Kreuzigung nach, berichten sie im "Journal of Forensic Sciences". Die Analyse ergab, dass die Blutmuster auf dem Tuch allerdings eher zu einem aufrecht stehenden Menschen passen. Gehe man jedoch davon aus, dass Jesus im Grab noch liegend weiter blutete, so seien die Spuren unrealistisch.

Mindestens genauso umstritten wie die Herkunft des Grabtuchs, ist seine Herkunftsgeschichte. So erschien es in Europa zum ersten Mal in der Mitte des 15. Jahrhunderts auf, als der französische Graf Geoffroy es der Kirche Notre Dame de Lirey stiftete, schreibt "G-Geschichte". Doch warum tauchte das Tuch plötzlich aus dem Nichts auf? Auch dafür gibt es eine Erklärung. Vermutlich handelt es sich bei dem Stoff, der heute als Turiner Grabtuch bekannt ist, um das "Mandylion von Edessa", das die Kreuzfahrer wahrscheinlich im Zuge des vierten Kreuzzugs aus Konstantinopel mitgehen ließen. Das wiederum soll aus der heute osttürkischen Stadt Edessa im 10. Jahrhundert in die byzantinische Hauptstadt gebracht worden sein. Egal ob das Tuch nun echt ist oder nicht, die Tatsache, dass darüber noch heute gestritten wird und die Wissenschaft an ihre Grenzen gelangt, lassen ihm nach wie vor etwas Mystisches anhaften.

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