Nachbarländer warnen
Hoch belasteter Meeresschaum: Gefährliche Chemikalien an deutschen Küsten entdeckt
03.02.2025, 16:59 UhrAn den Stränden der Nord- und Ostsee kann man häufig große Schaumberge beobachten. Vor allem Kinder und Hunde lieben es, mit dem Schaum zu spielen. Regierungen mehrerer Länder raten davon nun dringlichst ab, denn dieser Schaum enthält Chemikalien, die für den Menschen gefährlich sind. Zunächst hat die "Tagesschau" über das Thema berichtet. Konkret handelt es sich bei den Chemikalien um die langlebigen PFAS, die auch "Ewigkeitschemikalien" genannt werden.
So zeigten erst Messungen aus Dänemark und den Niederlanden eine erhöhte PFAS-Konzentration im Meeresschaum. Informationen von Greenpeace zufolge hat es in Deutschland bisher keine Messungen gegeben, weshalb sich die Organisation dies im November 2024 und Januar 2025 zur Aufgabe nahm. Gemessen wurde an den Nordseestränden von St. Peter-Ording, Sylt und Norderney sowie an den Ostseestränden von Kühlungsborn und Boltenhagen.
Grenzwert um das 4000-fache überschritten
Die Ergebnisse der Messung zeigen stark erhöhte Werte. Forscher von Greenpeace stellten Werte von bis zu 160.000 Nanogramm PFAS-Konzentration pro Liter fest. Der dänische Grenzwert für Badegewässer liegt dabei bei 40 Nanogramm. Einen solchen Grenzwert gibt es in Deutschland nicht, allerdings lässt sich der Wert mit dem ab 2026 geltenden Trinkwassergesetz vergleichen. Dieses legt eine Grenze von 100 Nanogramm pro Liter fest.
Am höchsten war die Konzentration der PFAS im Ostseebad Kühlungsborn mit 160.000 Nanogramm pro Liter, gefolgt von Sylt mit 96.000 Nanogramm und Sankt Peter-Ording mit 58.000 Nanogramm. Dabei war die Konzentration im Meerwasser selbst deutlich kleiner, als die im Schaum.
Was sind PFAS und warum sind sie gefährlich?
PFAS sind wasser- und fettabweisende Chemikalien, erklärt Greenpeace in einer Pressemeldung. Die Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) umfasst über zehntausend Chemikalien. Viele davon seien gesundheits- und umweltschädlich. PFOS und PFOA beispielsweise seien zudem krebserregend und könnten das Hormonsystem beeinflussen sowie die Fortpflanzung schädigen. Die Stoffe werden für unter anderem für Sport- und Outdoorbekleidung, Teppichböden und Lebensmittelverpackungen verwendet. Dabei würde es eigentlich für fast alle Anwendungen PFAS-freie Alternativen geben.
Viele der Stoffe bleiben lange im menschlichen Körper. Zudem lassen PFAS sich nicht abbauen und reichern sich in der Nahrungskette an, daher kommt auch der Beiname "Ewigkeits-Chemikalien".
Bei dem Meeresschaum bestehe die Gefahr aber nicht nur durch den direkten Hautkontakt, sondern auch durch versehentliches Verschlucken, was vor allem bei Kindern der Fall sein könnte.
Kritik an Deutschland
Auf Anfrage des SWR teilte das deutsche Bundesumweltministerium mit, dass man sich der PFAS-Problematik bewusst sei. Gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden arbeite man an Beschränkungen der Chemikalien. Schaumproben habe das Ministerium jedoch noch nicht analysiert.
Der niederländische Wasserverband kritisiert Deutschland jedoch scharf. Demnach würde Deutschland zu wenig dafür tun, um die weitere Ausbreitung von PFAS zu verhindern. Als Beispiel nannte die niederländische Behörde große Mengen an PFAS, die aus deutschen Chemiewerken in den Rhein gelangen und damit das Trinkwasser für rund fünf Millionen Menschen in den Niederlanden gefährden sollen. Die konkrete Forderung: Deutschland solle endlich verbindliche Grenzwerte für die Industrie für die Einleitung von PFAS festlegen.
Gegenüber dem SWR erklärte das Bundesumweltministerium hierzu, Deutschland würde sich an die EU-Vorgaben halten, strengere Regelungen für Industrie-Abwässer seien nicht vorgesehen. Dennoch sei man aber im Gespräch mit den Rhein-Nachbarn.
Warnung vor Kontakt mit Meeresschaum
Julios Kontchou, Ökotoxikologe von Greenpeace, erklärt die derzeitige Situation in den Nachbarländern und kritisiert die Reaktion der deutschen Behörden: "In Dänemark und den Niederlanden warnen die Behörden vor dem Kontakt mit Meeresschaum und erklären, wie man sich nach einem Strandbesuch dekontaminiert. Deutsche Behörden testen nicht mal offiziell. Wie in den Nachbarländern sollten die Behörden dazu auffordern, nach dem Kontakt mit Meeresschaum die betroffenen Hautstellen mit klarem Wasser gründlich abzuwaschen."
Eine offizielle Warnung für deutsche Strände gibt es somit derzeit noch nicht. Das Bundesumweltministerium gab gegenüber dem SWR keine konkreten Antworten dazu, wie sich Strandbesucher künftig verhalten sollen. Greenpeace jedoch ist der Meinung, Strandbesucher sollten den Kontakt zum Meeresschaum vermeiden.
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