Illegale Inhalte am Smartphone: Viele Schüler machen sich strafbar
24.4.2021, 05:56 UhrPing. Neue Nachricht in "Klassenchat 9b". Tobias hat ein Foto geteilt. Klick. Tobias: "Haha schaut mal, so sieht Lisa ohne Unterwäsche aus. Hab ich heute nach dem Sportunterricht aufgenommen." Gefällt Laura, gefällt Julius, geteilt von Achmet, gesehen von Tina. Und schon hat sich die ganze Klasse 9b strafbar gemacht. In diesem Fall reine Fiktion, auf den Smartphones vieler Schüler aber immer häufiger Realität.
Soziale Medien bieten jungen Menschen viele Freiheiten, man kann sich schnell austauschen und trotz Pandemie mit Freunden Kontakt halten. Es lauern aber auch Gefahren: "Die Hemmschwelle, etwas Negatives über eine Person zu posten, ist sehr gering", erklärt der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU).
Videos und Fotos sind schnell verschickt, auch wenn ihre Verbreitung strafbar ist. Viele Jugendliche wissen das nicht. Deshalb hat das bayerische Justizministerum gemeinsam mit dem Kultusministerium die Aufklärungskampagne "Mach Dein Handy nicht zur Waffe“ gestartet. Jetzt fiel der Startschuss. Mit an Bord: Influencer und Tik-Tok-Star Falco Punch.
Er steht in einem Gang, am Ohr sein Smartphone. Dann steht er vor einem Spind, streckt den Arm aus, sein Handy wandelt sich zu einer Waffe - mit der er sich selbst bedroht. Falko Punch zeigt in dem Auftaktvideo für die Kampagne, wie schnell Schüler mit ihrem Handy zum Täter werden. Es ist oft nur ein Klick, der schwerwiegende Folgen haben kann. Beispiel Kinderpornografie: "Es ist leichter als viele denken", erklärt Eisenreich. "Allein der Besitz pornografischer Inhalte ist strafbar". Wenn die Schüler in der fiktiven 9b das Foto von Lisa nicht sofort löschen, könnte bald die Polizei vor der Tür stehen.
Es wird immer mehr
Immer häufiger landen illegale Inhalte auf den Smartphones von Minderjährigen, auch die Zahl der Tatverdächtigen steigt. Während es 2018 noch knapp 1.400 Jugendliche waren, wurden zwei Jahre später bereits über 7.000 verdächtigt. Die Strafen reichen von Sozialstunden bis zu Jugendstrafe. Was viele nicht wissen: Der Gesetzgeber muss eingreifen und jeden bekannten Fall zur Anzeige bringen. Punch warnt deshalb: "Hetzte, Hass und Hakenkreuze sind kein Witz, sondern strafbar. Warum? Weil es extrem widerlich ist."
Bloß keine Schuldzuweisung! Interventionstipps bei Mobbing.
Schülerin Sonja vom Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching weiß, wie schnell es gehen kann. Ein Lehrer in ihrer Klasse wurde heimlich gefilmt, das Material im Klassenchat verbreitet. Das unvorteilhafte Bild auf den Smartphones der Schüler, ein Rechtsbruch. Warum? Der Lehrer hat, wie jedermann, das Recht am eigenen Bild. Wird er aufgenommen, muss er zuvor zugestimmt haben. Ähnlich ist es bei unbefugten Sprachaufnahmen. Werden Teile des Unterrichts heimlich aufgezeichnet, ist der Besitz der Aufnahme strafbar.
Rechtliche Grundlagen im Unterricht
Aber woher sollen Schüler eigentlich wissen, was im digitalen Raum erlaubt ist und was nicht? Ein kurzer Blick in den Lehrplan für Gymnasien in Bayern gibt Aufschluss: In der 8. Klasse, in Wirtschaft und Recht, soll über Persönlichkeits- und Urheberrecht gesprochen werden, in der 9. Klasse über Datenschutz und wie Gefahren des Datenmissbrauches. Aber nicht nur im Unterricht muss aufgeklärt werden. Kultusminister Michael Piazolo (FW) sieht neben den Lehrern auch Eltern und Schüler in der Pflicht. "Gerade auch ältere Schülerinnen und Schüler müssen den Jüngeren sagen, wo die Gefahren liegen."
Neue Formen von Medienkompetenz
Hier zeigt sich gleich ein weiteres Problem: Die Handynutzer werden immer jünger - und damit auch immer früher mit den Problemen von Social Media konfrontiert. Außerdem gilt in Bayerns Schulen faktisch noch immer ein Handyverbot. "Im Unterricht können Smartphones mittlerweile verwendet werden", erklärt Piazolo. Aber nur, wenn die Lehrkraft das erlaubt. Klar ist, bei der Vermittlung von Medienkompetenz braucht es neue Wege: "Der Unterricht soll Formen eingehen, die Schüler gewohnt sind. Da müssen wir vom Empfängerhorizont her denken", so der Minister.
Tik Tok verschärft Jugendschutz.
Immer mehr Gewalt und Cybermobbing an Schülerin Sonja sieht vor allem Lehrer in der Pflicht, auf Cyberkriminalität zu achten: "Man darf nicht davon ausgehen, dass Schüler sich bei Cybermobbing von selbst melden." Mitschülerin Marianne findet, man sollte sich in der Schule stärker mit dem Smartphone auseinandersetzen. Sie hofft, dass immer mehr Menschen lernen, wo die Grenze zwischen Spaß und Straftat verläuft.
Hier geht es zur Informationskampagne "Mach Dein Handy nicht zur Waffe"
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