Junge Frau geht viral
"Ist das rechtens?" Gang zur Toilette verwehrt: Lidl-Kundin nässt sich ein
26.10.2023, 19:34 UhrDie Möglichkeiten, auf sozialen Netzwerken zu Berühmtheit zu gelangen, sind grenzenlos: Manche Menschen gehen mit Tanz-Videos viral, andere filmen sich beim Schminken und werden millionenfach geklickt, wieder andere erreichen mit Fußball-Clips ein gigantisches Publikum. Eine 29-Jährige aus Nordrhein-Westfalen verdankt ihren Social-Media-Durchbruch einem äußerst unangenehmen Zwischenfall: Nach dem Besuch einer Lidl-Filiale hat sie sich in die Hosen gemacht.
"Ich weiß, mich werden jetzt viele Menschen auslachen, aber es ist mir scheiß egal. Ich bin so beschämt, ich fühl’ mich so minderwertig gerade, ich kann es gar nicht in Worte fassen." Mit diesen Worten beginnt die junge Frau ihr emotionales Statement. In einem Video, das bereits 1,9 Millionen-mal aufgerufen wurde, berichtet sie der TikTok-Community von ihrem Malheur. Drei bis viermal pro Woche gehe die 29-Jährige bei der Lidl-Filiale im nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis einkaufen, aufgrund ihrer von Geburt an schwachen Blase würde sie vor jedem Einkauf die Toilette aufsuchen.
Schweißausbrüche, Gänsehaut, Schmerzen
Doch am Freitag, dem 20. Oktober, sollte der präventive Gang zur Toilette nicht ausreichen: "Es waren zwei Kassen offen, 20.000 Leute, die in der Schlange stehen, und ich merkte langsam: Oh oh, jetzt wird's schlimm", offenbarte sie sich ihrem virtuellen Publikum. Anschließend beschreibt sie die Symptome ihrer misslichen Lage - Schweißausbrüche, Gänsehaut, Schmerzen beim Luft holen. "Du verknotest dir schon die Beine, weil du Angst hast, es läuft", erzählte die junge Frau.
In ihrer ausweglosen Lage fragte die 29-Jährige "so leise wie möglich" den Kassierer, ob sie die Toilette benutzen dürfe. Der verneinte - man habe keine Kundentoilette. "Lüge Nummer eins", wie die Betroffene konstatierte. Außerdem gebe es seitens der Chefetage die Vorgabe, Kunden nicht auf die Toilette zu lassen. Dabei sei die 29-Jährige in der Vergangenheit selbst schon auf der Toilette der Filiale gewesen - mit ihrem Patenkind, das dringend urinieren musste. Eine Mitarbeiterin habe die beiden auf die Toilette geführt, die sogar behindertengerecht ausgebaut sei.
Es kam, wie es kommen musste - LIDL im Recht
Weil ihr der Gang zur Toilette verwehrt wurde, kam es, wie es kommen musste: Kaum war sie wieder im Auto angekommen, musste die junge Frau ihrem Bedürfnis freien Lauf lassen. Sie habe es noch geschafft, ihre Sachen einzuräumen - "dann lief es schon", wie die 29-Jährige mit den Tränen kämpfend berichtete. "Lidl: Geht ihr so mit euren Kunden um?", fragte sie anschuldigend. Sie habe zwar Verständnis dafür, dass nicht jeder Kunde nach Belieben die Toilette benutzen darf ("dann wäre man dauerhaft beschäftigt"), aber sie habe sich schließlich in einer Notsituation befunden: "Die Schlange war endlos lang - was sollte ich machen? Ich konnte es nicht mehr halten."
In ihrer Verzweiflung erhoffte sie sich Unterstützung vom Jura-Influencer "Herr Anwalt", der mit Clips zu rechtlichen Fragen des Alltags ein Millionenpublikum erreicht. "Ist das rechtens? Darf man den Kunden die Toilette verwehren, auch wenn das zur Folge hat, dass dieser Kunde sich vor anderen Menschen im Laden einnässt?"
Auch wenn "Herr Anwalt" auf das Video nicht geantwortet hat, weiß der Rechtsexperte bestimmt: Ja, das ist rechtens. Denn tatsächlich sind Einzelhändler nicht verpflichtet, öffentliche Toiletten zur Verfügung zu stellen, wie der Handelsverband Hessen gegenüber "HNA" informierte. Es obliege "der individuellen Entscheidung der jeweiligen Unternehmen, ob eine Kundentoilette angeboten wird und wie auf eine entsprechende Kundenanfrage reagiert wird“.
Betroffene erwirkt Entschuldigung
Rechtlich vorgehen kann die 29-Jährige gegen Lidl also nicht. Dennoch zeigte ihr TikTok-Appell Wirkung: Die "Bild" berichtete über den Vorfall, Lidl sah sich zu einer Stellungnahme veranlasst. Da die meisten Kunden sich nur kurz in den Filialen aufhalten würden, habe man festgestellt, dass die Nachfrage nach Kundentoiletten sehr gering sei. Grundsätzlich würden die Mitarbeiter es den Kunden aber ermöglichen, in "Notfällen" auf die Personaltoilette zu gehen.
Dass der Kassierer in der Filiale im Rhein-Sieg-Kreis die 29-Jährige nicht auf die Toilette ließ, sei einem Missverständnis geschuldet gewesen - "das bedauern wir außerordentlich." Der jungen Frau dürften diese Worte wohl wenig Trost spenden - rückgängig machen können sie die höchst unangenehme Situation jedenfalls nicht.