Population wächst

„Katastrophale Entwicklung“: Immer mehr Waschbären auch in Franken - Warum sie für Probleme sorgen

27.01.2025, 12:07 Uhr
Schätzungsweise gibt es weit über eine Million Waschbären in Deutschland. (Symbolbild)

© IMAGO/Martin Wagner Schätzungsweise gibt es weit über eine Million Waschbären in Deutschland. (Symbolbild)

In den 1930er Jahren wurden die ersten Waschbären in Deutschland ausgesetzt. "Die Beweggründe waren damals eine Aufwertung der heimischen Natur. Da ist man eben noch nicht so klug gewesen, wie man es heute ist", erklärt Sebastian Ziegler vom bayerischen Jagdverband im Gespräch mit unserer Redaktion. Ein grober Fehler, denn hinter der Zorromaske verbirgt sich alles andere als nur ein harmloser Waldbewohner. "Tatsächlich waren das katastrophale Entwicklungen, wie wir jetzt im Nachhinein wissen", erklärt Ziegler weiter. Das Problem: Der Kleinbär gehört hier nicht her und bedroht durch seine stetig wachsende Population als faunenfremde, invasive Tierart die heimische Artenvielfalt und Tierwelt.

Ursprünglich kommen Waschbären aus dem Süden Kanadas, den USA und Mittelamerika. 1934 wurden zwei Waschbärenpaare in Hessen ausgesetzt, heute streifen schätzungsweise weit über eine Million Tiere durch Deutschlands Wiesen, Wälder, aber auch Städte. Die genaue Zahl lässt sich nur schwer ermitteln.

Doch die immer weiter wachsende Anzahl der Waschbären stellt eine immer größer werdende Bedrohung für die heimische Tierwelt dar. "Das Problem ist, es gibt genügend heimische Wildtiere, die nur hier leben, die wirklich stark bedroht sind, wirklich nur noch in geringen Refugien vorkommen. Und da ist jeder zusätzliche Abgang, jeder zusätzliche Todesfall einzelner Individuen ein Problem", erklärt Sebastian Ziegler vom bayerischen Jagdverband.

Waschbären sind gute Schwimmer und suchen auch im Wasser nach Futter. Wenn der Kleinbär im Gewässer nach Futter sucht, sieht es so aus, als würde er sein Essen waschen, daher auch der Name Waschbär. (Symbolbild)

Waschbären sind gute Schwimmer und suchen auch im Wasser nach Futter. Wenn der Kleinbär im Gewässer nach Futter sucht, sieht es so aus, als würde er sein Essen waschen, daher auch der Name Waschbär. (Symbolbild) © IMAGO/Martin Wagner

Eine dieser bedrohten Tierarten ist die europäische Sumpfschildkröte. Diese ist ohnehin schon sehr stark gefährdet und kommt in Deutschland nur noch in wenigen Gewässern vor. "Und dort ist zum Beispiel nachgewiesen, dass Waschbären ein ganz großes Problem darstellen, weil es kaum Sumpfschildkröten gibt, die nicht irgendwelche Spuren bis hin zu fehlenden Gliedmaßen, die von Waschbär-Attacken herrühren, besitzen. Und entsprechend ist es auch möglich, dass Waschbären sie tatsächlich auch töten", so Ziegler weiter. Der Waschbär alleine ist zwar nicht an der prekären Lage der europäischen Sumpfschildkröte schuld, jedoch "können Waschbären als zusätzliches Problem dafür sorgen, dass diese Tierarten weiter eingeschränkt werden, bis hin zum einzelnen Erlöschen", erklärt Sebastian Ziegler weiter.

Deshalb gibt es immer mehr Waschbären in Wohngebieten

Waschbären sind anpassungsfähig, Allesfresser und sehr intelligent. "Anders als jetzt zum Beispiel Tiere, die sich dem Menschen fernhalten, macht er es relativ pragmatisch und sagt, ihr seid da, wo Essen ist und da, wo ihr seid, bin dann automatisch auch ich. Also ein typischer Kulturfolger, der von uns profitiert", erklärt Carmen Frisch von der Wildtierhilfe Mittelfranken im Gespräch mit unserer Redaktion. So kommt es immer häufiger vor, dass sich Waschbären in Wohngebieten einnisten und dort nicht selten zu erheblichen Schäden führen.

Normalerweise leben Waschbären in strukturreichen Laubmischwäldern, am liebsten mit einem Gewässer in der Nähe. Dort nisten sie in Baumhöhlen, Astgabeln oder verlassenen Dachs- und Fuchsbaue. Im urbanen Raum leben die Bären jedoch gerne in Schuppen, Speichern oder Dachböden und können so zu Sachschäden führen.

Doch nicht nur die Gefahr vor materiellen Schäden ist groß. "Sie übertragen auch Krankheiten, die ernst zu nehmen sind. Sei es durch einen direkten Kontakt, was passieren kann, zunächst zum Beispiel im Garten mit der Hauskatze oder durch ihre Hinterlassenschaften. In dem Kot sind durchaus Parasiten etc. wie zum Beispiel der Fuchsbandwurm enthalten, wo auch wir Menschen ernsthafte gesundheitliche Probleme haben können, sollte man sich den einfangen", erklärt Carmen Frisch weiter. Zudem sollten die Tiere besonders durch ihre Niedlichkeit nicht unterschätzt werden. "Sie sind sehr, sehr wehrhaft. Wenn man ihn zum Beispiel in die Enge treibt, kann es sein, dass er einen wirklich packt und auch heftig beißt".

Waschbären machen es sich gerne unter Hausdächern, in Dachböden oder in Schuppen bequem. (Symbolbild)

Waschbären machen es sich gerne unter Hausdächern, in Dachböden oder in Schuppen bequem. (Symbolbild) © IMAGO/Wirestock

So werden Sie den frechen Kleinbären wieder los

So niedlich Waschbären auch sind, das Beste ist, sie möglichst schnell wieder loszuwerden. Der Tipp der Wildtierhilfe Mittelfranken: "Helfen durch nicht helfen". Beispiele hierfür sind: Katzen sollten im Haus statt draußen gefüttert werden, Igeln muss in speziellen Futterhäuschen wie Igelschnecken Futter gegeben werden und Müll sollte für Waschbären außer Reichweite sein, also ordentlich in den Tonnen verstaut oder erst direkt vor der Müllabfuhr aus dem Haus bringen.

Aktionen wie diese sind nicht nur gut, um den Waschbären fernzuhalten, sondern auch, um ihm wirklich zu helfen. " Unsere Reste, unser Futter was wir gut meinen, können einen Waschbären krank machen, weil es nicht das ist, wovon er sich eigentlich ernährt. Entweder er frisst irgendein Plastik mit oder irgendwelche Sachen, die eben nicht in den Magen gehören oder es ist auch einfach Nahrung wie zum Beispiel Hunde- oder Katzenfutter, die er nicht verdauen kann und dann auch Durchfall bekommt", erklärt Carmen Frisch im Gespräch mit unserer Redaktion.

Wer einen Waschbären am Haus oder im Garten hat, muss versuchen, es ihm möglichst unbequem zu machen. Und das gelingt laut Wildtierhilfe Mittelfranken mit ganz einfachen Mitteln: "Kleine Säckchen mit Hundehaaren verteilen. Chili und Pfefferpulver und Mottenkugeln mögen sie gar nicht und natürlich extra Mittel, die man kaufen kann".

Wer Fragen hat oder sich beispielsweise unsicher ist, ob es sich bei dem unliebsamen Besucher überhaupt um einen Waschbären handelt, kann sich immer zunächst an die Wildtierhilfe Mittelfranken wenden.

Die Jagd auf Waschbären

Wenn die Hausmittelchen nicht helfen, kann Kontakt mit der örtlichen Jägerschaft aufgenommen werden, denn um der stetig wachsenden Waschbärpopulation entgegenzuwirken, dürfen die Wildtiere gejagt werden. Die zuständigen Jäger versuchen dann im Wohngebiet, den Kleinbären in einer Lebendfalle zu fangen. Da es sich jedoch um eine invasive Art handelt, dürfen die Waschbären nicht mehr ausgewildert werden, sondern müssen nach dem Einfangen getötet werden. "Mit den jagdlichen Mitteln kann es uns gelingen, diese Waschbärpopulation auf einem Niveau zu halten, wo alle damit klarkommen, allen voran die heimische Natur und die heimische Fauna", erklärt Sebastian Ziegler vom bayerischen Jagdverband. Im Jagdjahr 2022/2023 sind in Bayern 5606 Waschbären, deutschlandweit sogar 202.519 erlegt worden.

Aufgehalten werden kann der Waschbär laut Sebastian Ziegler und Carmen Frisch nicht mehr, jedoch kann versucht werden, das Ganze auf ein sowohl für die Natur, als auch für den Menschen erträgliches Niveau zu bringen.