Afghanistan

„Keine Bilder, die Lebewesen zeigen“: Taliban erlassen neue Regeln - noch weniger Rechte für Frauen

Saskia Muhs

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23.8.2024, 16:08 Uhr
Ein Taliban-Kämpfer steht Wache, während eine Frau vorbeiläuft.

© Ebrahim Noroozi/Ebrahim Noroozi/AP/dpa Ein Taliban-Kämpfer steht Wache, während eine Frau vorbeiläuft.

Die Taliban in Afghanistan verbieten Frauen öffentliches Singen oder Rezitieren, auch müssen sie sich in Gegenwart fremder Männer vollständig verschleiern. Das sieht ein neues sogenanntes Tugendgesetz vor, das vom Obersten Führer der militanten Islamisten, Hibatullah Achundsada, unterschrieben wurde, wie das Justizministerium bekanntgab.

Das Regelwerk soll dazu dienen, die strengen Vorgaben der sogenannten Sittenpolizei durchzusetzen. Demnach müssen Frauen in der Gegenwart von Männern, die nicht mit ihnen verwandt sind, Gesicht und Körper verhüllen. Die Stimme einer Frau sei intim, verboten ist ihnen daher auch das Singen, laute Lesen oder Rezitieren in der Öffentlichkeit. Männern schreibt das Gesetz Bart- und Hosenlänge vor.

Auch Homosexualität und Musik sind verboten

Zu weiteren Verboten zählen für Männer und Frauen Homosexualität, Musik oder außereheliche Beziehungen. Neu sind diese Regelungen nicht, sie existierten bereits als Vorgaben durch das Tugendministerium. Nun hat das Justizministerium diese schriftlich festgelegt und das Tugendministerium mit der Durchsetzung beauftragt. Abzuwarten bleibt laut Beobachtern, wie konsequent die Regeln tatsächlich durchgesetzt werden.

Neue Regeln für Medien

Wie die "Tagesschau" berichtet, ist jetzt auch die Herstellung und das Ansehen von Videos oder Bildern, die Lebewesen zeigen, offiziell verboten. Versäumte Gebete und Ungehorsam gegenüber den eigenen Eltern können ebenfalls bestraft werden. Medien dürfen dem neuen Gesetz zufolge keine Inhalte verbreiten, die "die Gesetze der Scharia und der Religion" missachten, "Muslime beleidigen" oder "lebendige Wesen" zeigen. Die Sittenpolizei kann Verstöße mit Verwarnungen, Drohungen, Geldstrafen, einer Untersuchungshaft von bis zu drei Tagen oder weiteren Sanktionen bestrafen. Im Wiederholungsfall können die Beschuldigten vor Gericht gestellt werden.

Kritik aus dem Ausland und von der UN

Bei ihrer erneuten Machtübernahme im August 2021 hatten die Taliban noch eine moderatere Regierungsform in Aussicht gestellt. Ihre Regierung ist jedoch äußerst autoritär. International stehen sie vor allem wegen ihrer massiven Beschneidung von Frauenrechten in Kritik.

Baerbock: "Fast 100 Seiten Frauenhass"

Aus Deutschland kam scharfe Kritik. Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf der Plattform X, das Tugendgesetz seien "fast 100 Seiten Frauenhass". Die menschenfeindlichen Regeln machten "das halbe Land mundtot". Das Tugendgesetz zeige erneut, dass es zu Radikalislamisten keine Beziehungen geben könne, so die Grünen-Politikerin.

Die UN-Unterstützungskommission für Afghanistan (UNAMA) hatte den Sittenwächtern bereits in der Vergangenheit vorgeworfen, ein "Klima der Angst" in Afghanistan zu schaffen. Erlasse und einige Methoden zu deren Durchsetzung stellten einen Verstoß gegen die Menschenrechte und fundamentale Freiheiten dar.