Kinder im Keller angekettet: Entzug in der Koranschule

Karachi - Die pakistanische Polizei hat bei einer Razzia in einer Koranschule 53 angekettete Schüler befreit. Die im Keller der Schule in der Hafenmetropole Karachi gefangengehaltenen Schüler seien teils erst sieben Jahre alt gewesen, sagte der Vize-Generalinspekteur der Polizei von Karachi, Naeem Akram. Angeblich handelte es sich bei ihnen um Drogenabhängige in der „Rehabilitation“.

Der Polizeioffizier Akram Khan sagte, es sei eine „komplexe Situation“. Die älteren Schüler seien zur Behandlung ihrer Drogensucht in die Schule geschickt worden, während die Eltern der jüngeren Schüler sich für die Koranschule entschieden hätten, damit ihre Kinder dort eine religiöse Ausbildung erhielten. Mehrere Schüler und Angehörige bestätigten diese Angaben. Khan betonte, ein „klares Bild“ werde es erst nach weiteren Ermittlungen geben.

Ein 17-jähriger Schüler sagte, sein Vater habe ihn in die Schule geschickt, weil er unter Anfällen litt und zu Gewaltausbrüchen neigte. Mehrere Heiler hätten gesagt, er sei ein „Opfer schwarzer Magie“. In der Schule sei er aber mit Stöcken geschlagen und in Ketten gelegt worden und leide weiterhin unter Anfällen. Ein Vater sagte, er habe nicht gewusst, dass sein achtjähriger Sohn in der Schule so „erbarmungslos“ geschlagen würde.

21 Minderjährige befreit

Nach Angaben der Polizei waren unter den befreiten Schüler 21 Minderjährige. Zwei Geistliche seien festgenommen worden, der Leiter der Koranschule habe jedoch fliehen können. Der Leiter der Föderation Pakistanischer Koranschulen, Hanif Jullandhri, sagte im Fernsehsender Express, die Schule sei nicht registriert gewesen. „Wir verurteilen dies scharf und drängen die Regierung, schärfstens gegen die Betreiber vorzugehen“, sagte Jullandhri.

In Pakistan gibt es offiziellen Angaben nach mehr als 15.000 Koranschulen, in denen mehr als zwei Millionen Schüler unterrichtet werden. Dies sind rund fünf Prozent aller Schüler in Pakistan. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer sehr viel höher liegt. Für die arme Bevölkerung sind die religiösen Schulen und Seminare oft die einzige bezahlbare Ausbildung. Besonders die Koranschulen im Grenzgebiet zu Afghanistan und in den afghanischen Flüchtlingslagern stehen seit langem im Verdacht, mit ihrer strengen Auslegung des Korans Extremismus und Gewaltbereitschaft Vorschub zu leisten. Die radikalislamische Bewegung der Taliban, was übersetzt so viel wie Religionsschüler bedeutet, hat ihren Ursprung in diesen Koranschulen.