Offener Brief
Kritik an ARD: Warum mehr als 100 Kulturschaffende gegen „ttt“-Moderator Thilo Mischke sind
3.1.2025, 17:18 UhrKurz vor Weihnachten gab die ARD bekannt, dass Thilo Mischke die Nachfolge des scheidenden Moderators Max Moor antreten soll. Zusammen mit Siham El-Maimouni soll er ab Mitte Feburar "ttt – titel thesen temperamente" moderieren. Diese Entscheidung trifft allerdings auf Widerstand.
Denn der deutsche Journalist und Fernsehmoderator ist nicht nur für seine investigativen Reportagen auf ProSieben bekannt. Über 100 Kulturschaffende werfen ihm jetzt vor, sexistische und rassistische Klischees zu bedienen – etwa in seinen Büchern "In 80 Frauen um die Welt" und "Die Frau fürs Leben braucht keinen großen Busen".
In einem offenen Brief heißt es: "Wir sind der Meinung, dass die ARD sich ihrer Verpflichtung, aktiv gegen Sexismus einzutreten, auch in der Personalpolitik stellen muss." Sie verweisen auf die Erklärung "Gemeinsam gegen Sexismus und sexuelle Belästigung" aus 2022. Darin hat sich der Sender verpflichtet, sexistische Strukturen zu bekämpfen.
Kritik trotz Stellungnahme der ARD
Die ARD betont, dass sich Mischke kritisch mit seinen früheren Veröffentlichungen auseinandergesetzt habe. Doch der offene Brief widerspricht dieser Darstellung. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner werfen ihm vor, sich nicht ausreichend distanziert zu haben.
Sie kritisieren ebenso, dass er sich auch nach der Veröffentlichung mehrfach sexistisch und rassistisch geäußert habe. Im Nachwort seines Buches erklärt Mischke: "Diese Reise hat stattgefunden, ich muss mich nicht rechtfertigen." Darin sehen Kritiker und Kritikerinnen eine Bestätigung: Seine problematischen Darstellungen von Frauen zeugen von fehlender Einsicht.
Auch Artikel der Süddeutschen Zeitung, der taz und der FAZ stützen diese Kritik. Dazu kommt die jüngste Folge des Podcasts "Feminist Shelf Control". Die Journalistinnen Annika Brockschmidt und Rebekka Endler analysieren hier zahlreiche Passagen aus Mischkes früheren Werken und bewerten sie als problematisch.
"Das dürfte jeder Feministin Zornesfalten ins Gesicht knallen"
Auch die Kritiker und Kritikerinnen im offenen Brief bleiben dabei, Mischke problematisch zu sehen. Die Prämisse seines Buches "In 80 Frauen um die Welt" lautet: "Aber mal im Ernst, ich fahre um die Erde, um zu vögeln." Fast auf jeder Seite finden sich solche Anspielungen sexistischer Art, die "jeder Feministin Zornesfalten ins Gesicht knallen" dürften. Außerdem zeige er immer wieder seine stereotypischen Ansichten. Beispielsweise wenn er schreibt, wie schwer es für einen Deutschen sei, "eine Ukrainerin im Trinken zu besiegen".
Sein anderes Buch "Die Frau fürs Leben braucht keinen Busen" ist da nicht weniger behaftet. Mischke schreibt zum Beispiel, dass Männer, die ihre Homosexualität nicht zugeben können, kleine "Leichtathletikhintern" mögen würden. Unter anderem diese abwertenden Klischees gehen für die mehr als 100 Kulturschaffenden mit Mischkes Schaffen einher.
Mischke ist kein passender Moderator für "ttt"
Der offene Brief enthält eine klare Forderung: Die ARD soll die Entscheidung noch einmal überdenken. Es muss Moderatoren und Moderatorinnen geben, die aktuelle gesellschaftliche Debatten sensibler begleiten können. "Wir wünschen uns für das Kulturfernsehen enthusiastische und an Kultur interessierte Moderator:innen, die empathisch und reflektiert auf Gegenwartsdiskurse antworten." Mischke äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen.
3 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen