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Männer-Boykott: Das steckt hinter der radikalfeministischen 4B-Bewegung
21.04.2025, 05:00 Uhr
Kurze Haare, kein Make-up und keine BHs - so distanzieren sich Frauen der 4B-Bewegung in Südkorea von den traditionellen Rollenbildern in ihrem Land. Es ist ein radikaler Bruch mit den Erwartungen der dortigen patriarchalen Gesellschaft.
Die vier „B“ stehen dabei für vier Regeln, die sich die Anhängerinnen selbst auferlegen. „Bi“ steht im Koreanischen für „Nein“, weswegen die Bewegung auch als „Four Nos“ (auf deutsch "vier Neins") bezeichnet wird. Die Grundprinzipien von 4B sind demnach:
- Bihon: keine Ehe mit Männern
- Bichulsan: keine Kinder mit Männern
- Biyeonae: kein Dating mit Männern
- Bisekseu: kein Sex mit Männern
Die radikalfeministische Bewegung ist eine Reaktion auf die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen in Südkorea. Begonnen haben die Proteste mit einem Mord an einer Studentin. Die junge Frau war 2016 im Seouler Stadtteil Gangnam erstochen worden. Als Grund nannte der Täter: „Ich habe es getan, weil Frauen mich immer ignoriert haben.“
Dieser Femizid - ein Mord an einer Frau aufgrund ihres Geschlechts - sorgte landesweit für Entsetzen. Dazu kommt, dass Frauen in Südkorea auch digitaler Gewalt ausgesetzt sind: Weibliche Personen werden immer wieder heimlich auf öffentlichen Toiletten gefilmt und danach mit den Aufnahmen erpresst. Täter benutzen auch KI, um Mädchen und Frauen gezielt zu schaden. Dabei werden etwa die Gesichter der betreffenden Frauen in Pornos montiert und diese veröffentlicht.
Geschlechterungleichheit und sinkende Geburtenrate
Südkorea hat weltweit die niedrigste Geburtenrate mit 0,71 Kindern pro Frau. Als Vergleich: In Deutschland liegt die Rate bei 1,35. Um nicht zu schrumpfen, braucht eine Gesellschaft grundsätzlich einen Wert von 2,1 Kindern pro Frau. Die niedrige Rate in Südkorea liegt zum einen an der hohen Arbeitsbelastung von Mann und Frau, aber auch an den hohen Kosten für die Kindererziehung.
Dazu kommt, dass Südkorea eines der Länder mit der größten Geschlechterungleichheit ist, gemäß dem OECD-Dashboard zum Thema Geschlechtergleichheit. Die patriarchale Denkweise mit ihren traditionellen Rollenbildern ist tief in der Gesellschaft des Landes verwurzelt.
Frauen verdienen deutlich weniger als Männer. Außerdem wird gesellschaftlich von ihnen erwartet, zusätzlich zu einem Vollzeitjob die gesamte Care-Arbeit zu stemmen. Das bedeutet: Sie müssen sich oftmals alleine um Haushalt und Kindererziehung kümmern. Für viele Frauen ist die Belastung zu hoch, sie leiden unter Erschöpfung und Burn-out.
Auch der Druck auf Frauen, aktuellen Schönheitsidealen zu entsprechen, ist sehr hoch. Jungen Frauen wird in der Gesellschaft vermittelt, dass es besonders wichtig sei, sich für den Partner schön zu machen. Südkorea ist vor allem für seine Kosmetika und Schönheitsoperationen bekannt.
Auch orientieren sich viele Frauen am Ideal der weiblichen K-Pop-Idole. Hier werden besonders schlanke und schöne Mädchen bevorzugt. Die Objektifizierung junger Frauen und Mädchen durch die K-Pop-Industrie ist ebenfalls ein Punkt, den die Anhängerinnen der 4B-Bewegung kritisieren.
4B findet Anklang in den Sozialen Medien
Wie viele Frauen Teil der Bewegung sind, ist nicht klar. Es wird von etwa 4000 ausgegangen, aber zum Schutz ihrer Identität bleiben die Anhängerinnen oft anonym. Insgesamt lässt sich die 4B-Bewegung eher als Nischenbewegung einordnen.
Anklang findet das radikalfeministische Konzept aber vor allem in den sozialen Medien. Dort teilen verschiedene Frauen ihre Erfahrungen und rufen zum Engagement auf, ein Zeichen gegen Hass und Gewalt gegen Frauen zu setzen - und Männer zu boykottieren.
Auch in den USA ist die Bewegung inzwischen angekommen. Nach der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sorgen sich dort viele Frauen, dass ihre Rechte eingeschränkt werden. Dazu gehört auch die Debatte um die verschärften Abtreibungsgesetze.
Daher rufen verschiedene Frauen auf Plattformen wie TikTok zum gemeinschaftlichen Männer-Boykott auf. Sie wollen damit auf Veränderungen im gesellschaftlichen Rollendenken drängen und gegen den wachsenden Frauenhass ankämpfen.
Wie gewollte Kinderlosigkeit noch aussehen kann und wie sich zwei Frauen aus Nürnberg und Regensburg positionieren, hören Sie in Folge 4 unseres Podcasts „Bye Bye Baby Boom - Wollen wir keine Kinder mehr?“.
Rosa ist 23, lebt in Nürnberg und studiert Lehramt. Sie mag Kinder sehr gerne, trotzdem will sie auf keinen Fall eigene bekommen. So geht es auch Verena. Aber: Als Antinatalistin geht sie noch einen Schritt weiter und polarisiert mit ihren Ansichten zum Thema Kinder und Mütter.
Was beide Frauen verbindet und warum sie von kinderfrei statt kinderlos sprechen, hören Sie in „Widerstand gegen das Patriarchat“. Überall, wo es Podcasts gibt.
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