Klägerin gegen Prinz Andrew
Missbrauchsopfer im Epstein-Fall: Virginia Giuffre ist tot - „Stehen alle unter Schock“
26.04.2025, 18:18 Uhr
Sie sprach als bekanntestes Opfer unerschrocken über den Missbrauchsskandal um den verstorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein: Nun ist Virginia Giuffre im Alter von 41 Jahren gestorben.
Giuffre habe sich auf ihrer Farm in Westaustralien das Leben genommen, bestätigte ihre Anwältin Karrie Louden der australischen Nachrichtenagentur AAP. „Wir stehen alle unter Schock“, sagte sie. Die Mutter von drei Kindern sei eine Inspiration gewesen. Louden betonte, es sei eine Ehre gewesen, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der sich so sehr für die Opfer von sexuellem Missbrauch eingesetzt habe.
In einer Mitteilung von Giuffres Familie, aus der die AAP am Samstag zitierte, hieß es: „Sie hat ihr Leben durch Suizid verloren, nachdem sie ein Leben lang Opfer von sexuellem Missbrauch und Menschenhandel war.“
Angebliches Treffen mit Andrew in London
Virginia Giuffre hatte mit ihren Aussagen unter anderem den britischen Prinzen Andrew, den eine langjährige Freundschaft mit Epstein verband, in große Bedrängnis gebracht.
Sie warf ihm vor, sie als 17-Jährige bei einem Treffen in London, zu dem sie Epstein und dessen zeitweise Lebensgefährtin Ghislaine Maxwell mitgebracht hatten, missbraucht zu haben.
Andrew stritt die Vorwürfe stets ab. Eine Zivilklage in den USA endete 2022 jedoch in einem laut Berichten millionenschweren Vergleich.
Für den inzwischen 65 Jahre alten Andrew bedeutete die Verwicklung in den Epstein-Skandal zudem das Ende seiner Rolle als offizieller Vertreter des britischen Königshauses.
Ein verhängnisvolles Interview
Zuvor hatte er versucht, in einem BBC-Interview den Verdacht gegen sich zu zerstreuen. Doch das misslang gründlich. Der zweitälteste Sohn von Queen Elizabeth II. verstrickte sich in Widersprüche. Das Interview wurde später sogar zur Grundlage einer Netflix-Verfilmung.
Zweifel an Andrews Darstellung nährte unter anderem ein Foto, das ihn und Giuffre beim besagtem Treffen Arm in Arm zeigen soll. Im Bild ist auch Maxwell zu sehen, die für ihre Rolle in dem Skandal zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde.
Andrews Beteuerungen, sich nicht an Giuffre zu erinnern, wirkten unglaubwürdig. Vor allem aber war es der Mangel an Mitgefühl gegenüber den Opfern Epsteins, der Andrew zum Verhängnis wurde. Er bereute nicht einmal, mit dem verurteilten Sexualstraftäter, der einen Missbrauchsring mit Dutzenden Opfern betrieben hatte, befreundet gewesen zu sein.
Jet-Set-Leben mit Epstein und Maxwell
Die 1983 in den USA geborene Giuffre, die vor ihrer Hochzeit Roberts hieß, stammte aus schwierigen Verhältnissen. Sie wurde eigenen Angaben zufolge im Jahr 2000 von Maxwell als persönliche Masseurin für Epstein rekrutiert. Sie arbeitete damals in einem Aushilfsjob im Mar-a-Lago-Ressort des späteren US-Präsidenten Donald Trump in Palm Beach im US-Bundesstaat Florida. Ihr Vater hatte dort einen Job als Hausmeister.
Schon bald begleitete sie Epstein und Maxwell auf deren Jet-Set-Leben in Privatjets rund um die Welt - und musste nicht nur Epstein sexuelle Gefälligkeiten erweisen. Der Geschäftsmann bewegte sich in höchsten Kreisen und führte auch anderen mächtigen Männern seine von Maxwell gefügig gemachten Opfer zu.
Damals hatte Giuffre schon Jahre des Missbrauchs hinter sich. Schon als Jugendliche lebte sie zeitweise auf der Straße. Maxwell und Epstein machten auf sie den Eindruck, „nette Leute“ zu sein, sagte sie später. Doch das Vertrauen der Jugendlichen sollten die beiden schwer missbrauchen.
Dass die Schwierigkeiten für Giuffre mit dem Ende des Zivilprozesses gegen Andrew sowie Maxwells Verurteilung nicht aufhörten, wurde spätestens klar, als sie Ende März einen verstörenden Beitrag auf Instagram postete, in dem sie behauptete, nach einem Unfall nur noch wenige Tage zu leben zu haben. Doch ihre Verletzungen schienen nicht ganz so dramatisch zu sein wie dargestellt.
Es scheint Giuffre nicht gelungen zu sein, ihrem Leben dauerhaft eine positive Wendung zu geben. Die Beziehung zu ihrem Mann war Berichten zufolge zerbrochen. Sie selbst war wegen Missachtung eines Kontaktverbots aufgrund von häuslicher Gewalt angeklagt.
Menschen, die an Depressionen oder Suizidgedanken leiden, sind nicht allein. Betroffene erhalten zum Beispiel bei der Telefonseelsorge niederschwellige Hilfe. Die Nummer 0800 111 0 111 ist rund um die Uhr besetzt, die Beratung ist kostenfrei und anonym. Auch der Krisendienst Mittelfranken ist 24 Stunden am Tag unter 0800 655 3000 oder 0911 42 48 55 0 erreichbar. Beratungen können auch Online oder vor Ort erfolgen. In schweren Notfällen verständigen Sie bitte den Rettungsdienst unter 112.