Kosmischer Besucher
Mit bloßem Auge am Himmel sichtbar: Komet Tsuchinshan-ATLAS zieht an Erde vorüber
13.10.2024, 16:00 UhrDie Beobachtung von Himmelserscheinungen und deren Deutung hat eine Tradition, die so alt ist wie die Menschheit selbst. Seien es mythische Wesen, die in unerreichbarer Ferne ihre Bahnen ziehen, rätselhafte Vorzeichen, die von Glück oder drohendem Unheil künden oder, wie in der christlichen Folklore, göttliche Vorboten der Aszendenz eines strahlenden Erlösers.
Noch heute ist der Komet tief verwurzelt in der westlichen Kultur und prangt jedes Jahr wieder an Krippenrepliken auf Weihnachtsmärkten, über Hauseingängen und ziert kunstvolle Schnitzereien in Kirchen. Ein weitaus weniger sinnbildlicher kosmischer Besucher passiert bereits gut zwei Monate vor Weihnachten die nördliche Hemisphäre.
Derzeit zieht der Komet Tsunchinshan-Atlas seine Bahn am Abendhimmel. Doch wer ihn am frühen Abend von Deutschland aus erspähen will, braucht Glück und sollte sich in der richtigen Region befinden - dann kann das Phänomen mancherorts sogar mit bloßem Auge bestaunt werden.
Schlechtes Wetter erschwert Beobachtung
Kometen kommen eher selten in Erdnähe. Nun zieht Tsunchinshan-Atlas am Abendhimmel vorbei. Um den kosmischen Besucher zu beobachten, sollte man am frühen Abend kurz nach Sonnenuntergang grundsätzlich einen dunklen Ort mit guter Sicht zum Westhorizont aufsuchen. Dort leuchtet der Abendstern, der helle Planet Venus. Streckt man den Arm ganz aus, liegt der Komet Tsuchinshan-Atlas derzeit noch grob zwei Fäuste rechts der Venus, wie Uwe Pilz von der Vereinigung der Sternfreunde erklärte.
Doch das Wetter spielt überwiegend nicht mit. Nur mancherorts dürfte der Himmelskörper sichtbar sein. Denn über weiten Teilen Deutschlands verdecke dichte Bewölkung die Sicht aufs Firmament, sagte Thore Hansen vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Am besten stehen die Chancen demnach in Süddeutschland, in einem Streifen der vom Main bis ins Alpenvorland reicht. Einzelne Wolkenlücken seien eventuell auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern möglich.
Hier hat man die besten Chancen
Wer an den kommenden Abenden den Schweif des vorbeiziehenden Himmelskörpers beobachten will, hat in Baden-Württemberg in der Nacht auf Montag die wohl besten Chancen. Dann sei es zwar voraussichtlich nicht völlig sternenklar, aber die Wolkenlücken seien am größten, teilte der Deutsche Wetterdienst in Stuttgart mit.
"Es ist sicher nicht ganz hundertprozentig optimal, aber es gibt bestimmt Gebiete, wo man gut sehen kann", sagte ein DWD-Meteorologe. Nur wenige Chancen sieht er am Hochrhein, im Donautal und Oberschwaben. Deutlich besser könnte die Sicht in einem breiten Streifen vom Kraichgau über den Nordschwarzwald ins Hohenlohische werden.
So lange erscheint der Himmelskörper noch
Abend für Abend wird der Komet jeweils etwas höher und leichter zu sehen sein: Wenn die Dämmerung in die Nacht übergeht, bleibt er mit seinem langen Schweif noch sichtbar. Mit der Zeit wird Tsuchinshan-Atlas aber lichtschwächer, da er sich von Sonne und Erde entfernt. Zudem stört das Licht des zunehmenden Mondes. Am Donnerstag, den 17. Oktober, ist Vollmond.
"Die Sichtbarkeit mit dem freien Auge endet um den 25. Oktober herum, für Geübte unter einem dunklen Himmel vielleicht noch ein paar Tage später", sagte Pilz. Eine Karte des Sternfreunde-Vereins verdeutlicht, wo am Himmel der Komet jeweils zu entdecken ist. Schmutziger Schneeball
"Schmutziger Schneeball"
Ein Komet ist ein kleiner Himmelskörper, der sich auf einer elliptischen Bahn um die Sonne bewegt und hauptsächlich aus Eis, Staub und Gestein besteht - oft werden Kometen darum "schmutzige Schneebälle" genannt. Sie entstehen in den kalten äußeren Regionen des Sonnensystems. Wegen der Wärme der Sonne verdampft ein Teil des Eises, der entstehende Dunst aus sonnenbeschienenem Staub und fluoreszierendem Gas bildet den sichtbaren Kometenkopf und den Schweif, der viele Millionen Kilometer lang sein kann.
Tsuchinshan-Atlas, auch C/2023 A3 genannt, stammt aus der Oortschen Wolke, einer Ansammlung von Objekten am äußersten Rand des Sonnensystems, und bewegt sich seit sehr langer Zeit auf die Sonne zu. Astronomen entdeckten ihn erst im Januar 2023. Nachdem er am 27. September die Sonne passiert hatte, kam er der Erde am 12. Oktober bis auf etwa 70 Millionen Kilometer nahe - das entspricht knapp der halben Entfernung der Erde zur Sonne.
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