Tierschutzbund droht mit Klage

Nach Bürgerentscheid: Hunderte Tauben sollen mit Genickbruch getötet werden

Alicia Kohl

Volontärin

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10.6.2024, 14:17 Uhr
Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger von Limburg hat am Sonntag für das Töten von 700 Stadttauben gestimmt.

© IMAGO/Gottfried Czepluch Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger von Limburg hat am Sonntag für das Töten von 700 Stadttauben gestimmt.

In Limburg wurde am 9. Juni nicht nur darüber abgestimmt, wer ins EU-Parlament einzieht, sondern auch entschieden, ob Hunderte Tauben in der Stadt getötet werden sollen. Mit Genickbruch. Nach dem Aufschrei aus Tierschutzkreisen und viel Empörung war das Vorgehen gerichtlich geprüft worden. Das Ergebnis nach einem hessischen Urteil: legal. Seit dem Wahlsonntag ist der Beschluss der Stadtverordnung, über den abgestimmt wurde, nun auch für drei Jahre bindend.

In den letzten Jahren ist die Taubenpopulation im hessischen Limburg offenbar angestiegen. 700 bis 1000 Tauben leben nach Schätzungen im Stadtgebiet. Gastronomen, Gewerbetreibende und Privatpersonen hatten sich über zu viel Dreck beschwert, das Fangen und anderorts aussetzen von Tauben, das die Stadt seit 2000 versucht hat, sei nicht weiter finanzierbar.

Deswegen will Limburg jetzt zu anderen Methoden greifen. Beraten ließ sich der Limburger Umweltausschuss zu diesem Thema ausgerechnet von Falkner und Jäger Berthold Geis aus dem Landkreis Limburg-Weilburg, der im Auftrag von Kommunen und Firmen Stadttauben tötet. Die Lizenz dafür hatte er sich mehrfach vor Gericht erstritten. Wenn es zu einer Ausschreibung kommt, will Geis sich laut dpa um den Auftrag in Limburg bewerben.

Mehrheit entscheidet sich für das Töten von Tauben

Die angedachte Methode sieht vor, die Tauben in einen Fangschlag zu locken, sie mit einem Stockschlag auf den Kopf zu betäuben und ihnen dann händisch das Genick zu brechen. Nach dem Bürgerentscheid ist dieses Vorgehen jetzt also gar nicht mehr unwahrscheinlich. Eine Mehrheit von 53,5 Prozent der Teilnehmenden stimmte bei der Frage "Soll der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.11.2023 zum Thema ‚Stadttaubenproblematik in der Kreisstadt Limburg a. d. Lahn‘ aufgehoben werden?" mit Nein - heißt also, dass der Beschluss der Stadt zur Tötung der Tauben nicht aufgehoben werden soll. 55 Prozent der wahlberechtigten Limburgerinnen und Limburger nahm teil, die nötige Anzahl von 6635 Stimmen für Nein wurde also erreicht.

Dieses Vorgehen und das Vorhaben der Stadt, insgesamt 700 Tauben zu töten, hatte für einen Aufschrei unter Tierschützerinnen und Tierschützern und für einen Shitstorm gesorgt. Abgeordnete waren schon rund um die Abstimmung im Stadtrat als "Mörderbande" bezeichnet worden.

Nach dem Bürgerentscheid sei man beim Deutsche Tierschutzbund schockiert. "Statt Mitgefühl und Respekt für die verwilderten Haustiere zu zeigen, wurden bestehende Vorurteile im Vorfeld des Bürgerentscheids sogar von den Limburger Stadtfraktionen CDU, FDP und SPD propagiert, um für die Tötung zu werben. Jetzt droht den Tauben ein grausamer, von Hand durchgeführter Genickbruch", wird Präsident Thomas Schröder in einer Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes zitiert. Die geplante Tötung stelle einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.

Influencer Malte Zierden setzt sich für Taubenschlag in Limburg ein

Auch Influencer und Tierschützer Malte Zierden äußerte sich dazu und appellierte im Vorfeld des Bürgerentscheids an die Bürgerinnen und Bürger Limburgs. In einem offiziellen Schreiben mit dem Deutschen Tierschutzbund wendete er sich ebenfalls bereits im Vorfeld an Limburgs Bürgermeister und den Stadtrat. "Gerne bieten wir Ihnen jederzeit unsere Expertise und Unterstützung bei der Erstellung eines kommunalen Stadttaubenkonzepts für Limburg an", steht darin unter anderem.

In seinem Video "Schlimmburg in a nutshell" auf Social Media weist Zierden außerdem daraufhin, dass das Töten von Hunderten Tauben zusätzlich nicht zielführend wäre: "Tauben haben einen vom Menschen angezüchteten Brutzwang, die brüten fünfmal im Jahr. Der getötete Taubenbestand wäre also schneller wieder da, als Berthold Geis sagen kann ‚Und dann wird das Genick gebrochen‘."

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Dass ausgerechnet Geis, der den Umweltausschuss beraten hat, sich dann auch auf eine Ausschreibung für genau diesen Auftrag bewerben will und darf, kommentiert Zierden so: "Man muss doch nicht viel in der Birne haben, um zu merken, dass da irgendwas nicht richtig läuft."

In dem Schreiben verweisen Zierden und der Deutsche Tierschutzbund außerdem darauf, dass es nachhaltigere und tiergerechtere Lösungen als das Töten der Tauben gebe. Bei dem sogenannten "Augsburger Modell" werden große Taubengruppen in betreuten, offenen Taubenschlägen angesiedelt und dort mit adäquatem Futter und Brutplätzen versorgt. Der Bruterfolg wird dann durch den Tausch der Eier durch Attrappen eingeschränkt.

Ob die 700 Tauben in Limburg jetzt tatsächlich getötet werden, ist noch unklar. Tierschützerinnen und Tierschützer haben bereits mit Klagen gedroht oder prüfen rechtliche Schritte. Schröder vom Deutschen Tierschutzbund verkündet in einer Pressemitteilung: "Sobald die erste Taube in Limburg getötet wird, werden wir Strafanzeige gegen die Verantwortlichen stellen."

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