Vielleicht schon 2027

Nordpol noch vor 2030 eisfrei? Klimaprognose warnt vor fatalen Folgen in Mitteleuropa

Stefan Besner

Online-Redaktion

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11.12.2024, 13:43 Uhr
Einer wissenschaftlichen Prognose zufolge könnte noch vor Ende dieser Dekade, möglicherweise sogar bereits 2027, der Nordpol zum ersten Mal seit Anbeginn der Menschheit komplett eisfrei sein.

© IMAGO/imageBROKER/alimdi / Arter/IMAGO/imagebroker Einer wissenschaftlichen Prognose zufolge könnte noch vor Ende dieser Dekade, möglicherweise sogar bereits 2027, der Nordpol zum ersten Mal seit Anbeginn der Menschheit komplett eisfrei sein.

Wo vor wenigen Jahrzehnten sich noch Gletscher erstreckten, liegt heute blanker Fels. Die Skigebiete schmelzen Wintersportlern buchstäblich unter den Brettern weg. Nun macht sich also auch noch der Nordpol rar; natürlich nicht der magnetische Teil - nein, nur das Eis. Einer wissenschaftlichen Prognose zufolge könnte noch vor Ende dieser Dekade, möglicherweise sogar bereits 2027, der Nordpol zum ersten Mal seit Anbeginn der Menschheit komplett eisfrei sein. Dies zöge wohl dramatische Auswirkungen nach sich - auch für Mitteleuropa.

Nordpol schmilzt in sich zusammen

Die Arktis und das Nordpolarmeer sind besonders stark vom menschengemachten Klimawandel betroffen – das ist ein alter Hut. Schon seit Jahren schrumpft die arktische Meereisfläche drastisch, die Eisdecke wird dünner und saisonaler. Gleichzeitig geht der Eisdrift im Nordpolarmeer zunehmend der Nachschub aus (unter Eisdrift versteht man die Bewegung des Meereises in eine Hauptrichtung. Das in einzelnen Schollen bewegte Eis bezeichnet man als Treibeis, die bewegte mehrjährige, geschlossene Eisdecke des Arktischen Ozeans als Packeis). Im Jahr 2020 war der Nordpol beispielsweise bereits problemlos per Schiff erreichbar. Bisherige Prognosen gingen davon aus, dass nördliche Polareis noch vor 2050 zum ersten Mal komplett verschwunden sein könnte. Neue Erkenntnisse deuten nun auf eine sogar noch schnellere Enteisung hin.

Einer wissenschaftlichen Prognose zufolge reicht der aktuelle Stand der Erwärmung bereits aus, bei einer Kombination aus dünnem Meereis im Herbst und einem warmen Winter den kompletten Meereisverlust im folgenden Sommer auszulösen, wie es auf "Scinexx" heißt. Die Folgen wären demnach auch in Mitteleuropa zu spüren. Es drohen unter anderem mehr und stärkere Wetterextreme.

Teufelskreis mit fatalen Folgen auch für Mitteleuropa

Ein eisfreies Nordpolarmeer klingt erstmal wie der feuchte Traum der Schifffahrt, klimatisch betrachtet setzt ein solches Szenario jedoch einen Teufelskreis in Gang, der kaum noch aufzuhalten ist. Das Meereis wirkt wie eine Schutzdecke für den arktischen Ozean, die Sonnenstrahlung reflektiert und das darunterliegende Wasser somit kühl hält (Stichwort Albedo-Effekt). Fehlt eine solche Isolierdecke, absorbiert die dunkle Meeresoberfläche weitaus mehr Sonnenwärme und das Nordpolarmeer heizt sich auf. In der Folge wird es umso schwieriger und unwahrscheinlicher, dass sich im Herbst und Winter genügend Eis respektive irgendwann überhaupt eine geschlossene Eisdecke ausbilden kann. Das wiederum heizt das Meer noch weiter auf und es gibt noch weniger Eis.

Man geht davon aus, dass ein eisfreies Nordpolarmeer daher das globale Klima zusätzlich aufheizen wird. Die Studien zeigen, dass eine zu warme Arktis das Wetter in der gesamten Nordhalbkugel massiv beeinflusst. Die drohenden Folgen sind noch mehr Extremwetterereignisse wie Dürre und dadurch Waldbrände, Stürme, flutartige Regengüsse, ergo Überflutungen, aber auch winterliche Kälteeinbrüche.