"Enormes Leid" und Massenproduktion

Online-Welpenhandel steigt massiv an: Tierschutz-Organisation schlägt Alarm

Georgios Tsakiridis

E-Mail zur Autorenseite

21.6.2024, 04:55 Uhr
Hundewelpen sind nicht nur süße Begleiter, sie sichern Kriminellen auch ein lukratives Geschäftsmodell.

© Anestis Aslanidis/NN Hundewelpen sind nicht nur süße Begleiter, sie sichern Kriminellen auch ein lukratives Geschäftsmodell.

Internet-Plattformen sind zu beliebten Vermittlungswegen für Haustiere geworden. Die meisten Anzeigen stammen von Privatpersonen, die Tiere abgeben, Gelegenheitszüchtern und gewerblichen Züchtern, erklärt der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe e. V. (ZZF). Auch Tierschutzorganisationen nutzen das Internet, um ihre Schützlinge zu vermitteln. Als Treffpunkte von Anbietern und Tierhaltern sind Plattformen im Netz daher durchaus hilfreich. Doch die Tierschutzorganisation PETA übt nun harte Kritik am Onlinehandel.

Der Verkauf von Hundewelpen auf den fünf größten Onlineplattformen steige derzeit rasant an. So seien allein im Mai 2024 19.348 Welpenangebote zu verzeichnen gewesen. Bei den Plattformen handele es sich um Quoka, Deine Tierwelt, Snautz, Markt und Edogs. Die Tierschützer fordern deshalb Portale und die Politik zum Handeln auf. Analog hat die Bundesregierung Ende Mai für den Umgang mit Heim- und Nutztieren eine Änderung des Tierschutzgesetzes auf den Weg gebracht, die noch vom Bundesrat abgesegnet werden muss.

Zur besseren Kontrolle müssen Verkäufer von Tieren zum Beispiel ihre persönlichen Daten bei der jeweiligen Plattform hinterlegen. "Die allermeisten Tierhalterinnen und Tierhalter in Deutschland werden ihrer Verantwortung gegenüber den Tieren gerecht", erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Doch noch immer gebe es beim Umgang mit Tieren und bei deren Haltung Defizite. "Deshalb leiden in Deutschland viele Tiere", sagt er gegenüber der "tagesschau". Den Tierschützern gehen die Bestimmungen deshalb nicht weit genug.

Die aktuellen Zahlen der angebotenen Welpen seien "höchst besorgniserregend", so Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei PETA Deutschland. "Der kriminelle Handel nimmt erneut zu, während deutsche Tierheime massiv überfüllt sind und teilweise sogar Aufnahmestopps verhängen." Die Politik müsse endlich handeln und dürfe nicht länger wegsehen, so die Forderung. Auch die Onlineplattformen werden aufgerufen, dem Trend entgegenzuwirken und den Handel mit Hundewelpen komplett einzustellen. In einer Mitteilung sprechen die Tierschützer von "enormem" Leid, das die "Massenproduktion" von Hundewelpen in Europa verursache. PETA hat nach eigenen Angaben mehr als 200 Transportdokumente von 6.000 Welpen aus dem Jahr 2023 ausgewertet und zurückverfolgt. Unabhängig prüfen lassen sich diese Zahlen nicht.

Illegaler Handel mit Jungtieren floriert

Ergebnis: Rund sechs Prozent der Hundewelpen sollen bereits beim Transport gestorben sein. Die Überlebenden seien oftmals lebenslang krank und verhaltensauffällig. PETA zugespielte Videoaufnahmen aus Hundezuchten sollen verdreckte Zwinger und Wurfboxen zeigen, in denen ausgezehrte Hundemütter ihr gesamtes Leben Nachwuchs "produzieren" müssen. Den Jahresumsatz für illegal "produzierte" Hundewelpen schätzt PETA auf 1,3 Milliarden Euro. Deutschland sei dabei ein wichtiges Ziel- und Transitland für die meist in Osteuropa vermehrten Vierbeiner.

Die Tierschützer kritisieren, dass aufgrund fehlender Regulierungen Tiere völlig anonym angeboten und verkauft werden können. "Für eine tiergerechte Heimtierhaltung ist vor allem das persönliche Beratungsgespräch zu allen Aspekten der tiergerechten Haltung, der Vergesellschaftung, Ernährung, Haltung und Pflege essenziell", ergänzt der ZZF, der die Missstände ebenfalls anprangert.

Auch praktische Erfahrungen beispielsweise zum tiergerechten Umgang oder – wo es notwendig ist - zum Entnehmen der Tiere aus dem Gehege (Handling) müssten vermittelt werden. Grundsätzlich empfiehlt der ZZF für die Vermittlung von Heimtieren eine persönliche Übergabe und Beratung. Zudem hält es der Verband für notwendig, dass Internet-Plattformen keine rechtswidrigen und dem Tierschutzgedanken entgegenstehenden Angebote veröffentlichen.

Adoptieren statt kaufen

Laut Tierschutz-Hundeverordnung dürfen Welpen in Deutschland ab der achten Lebenswoche von ihrer Mutter getrennt werden. Da aber vor allem besonders kleine Welpen gefragt sind, verkaufen viele Hundehändler die Tiere schon im Alter von drei bis vier Wochen, behauptet PETA. Händler schleusen dann die oft kranken Tiere mit gefälschten Heimtierausweisen nach Deutschland. Wer sich also ein Haustier anschaffen, aber den Schwarzmarkt-Handel nicht unterstützen möchte, dem raten die Tierschützer zu einer Alternative: Jährlich warten demnach etwa 350.000 nicht mehr gewollte Tiere in Tierheimen auf ein neues Zuhause. PETA appelliert daher, die Zucht nicht zu unterstützen und stattdessen ein Tier aus dem Tierheim aufzunehmen.

1 Kommentar