Fernsehen
"Rede dir das nur ein, Stefan": Barbara Schöneberger fährt ESC-"Chef" Raab in die Parade
16.02.2025, 06:00 Uhr!["Wir haben eine gute Auswahl getroffen", befand Moderatorin Barbara Schöneberger am Ende der zweiten ESC-Show. Dabei hatte sie mit der Entscheidung gar nichts zu tun. "Wir haben eine gute Auswahl getroffen", befand Moderatorin Barbara Schöneberger am Ende der zweiten ESC-Show. Dabei hatte sie mit der Entscheidung gar nichts zu tun.](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.14582793:1739728578/__Chefsache_ESC.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=3f1fef7)
"Es ist schwer, so eine Entscheidung zu treffen." Stefan Raab entschuldigte sich schon vor der Bekanntgabe, welche sieben Acts in der zweiten Ausgabe von "Chefsache ESC 2025" in die Endrunde kommen würde - und welche fünf eben nicht. Denn: "Wir schmeißen ja keinen raus. Das ist ja keine Casting-Show." Es ginge darum: "Wer könnte, wenn er denn gewänne, beim ESC eine Chance haben?" Die Jury befand: Für die Bands From Fall To Spring und The Great Leslie und die Solo-Acts Leonora, Cloudy June, Moss Kena, Lyza und Jaln könnte das der Fall sein.
Bedeutete aber auch: Für Adina, Ni-Ka, Noah Levi, das Duo Parallel und Vincent Varus hat es nicht gereicht. Was Fan-seitig auf Instagram vor allem wegen des Ni-Ka-Aus kritisiert wurde. Wie überhaupt das ganze Vorrunden-Konzept. Da trugen alle Künstler Cover-Songs oder Eigenkompositionen vor - aber nicht die ESC-Songs. "Was passiert, wenn die eigentlichen ESC-Lieder total gut sind, aber die Interpreten im Heat schon ausgeschieden sind?", legte ein Fan den Finger in die Wunde des Show-Konzepts von Stefan Raab.
Fan kritisiert Stefan Raab: "Nicht mehr zeitgemäß"
Auch der "Chef" kann es halt nicht jedem recht machen. Das erklärte er selbst: "ESC ist vom Geschmack geprägt, wir können nicht alle das Gleiche gut finden. Mein Glück ist, dass sich mein Geschmack oft mit dem von vielen deckt." Die Frage, ob das noch so ist, wurde in den sozialen Medien ebenfalls gestellt - und sogleich beantwortet: "Natürlich kommt Stefan Raab mit einem Konzept, das vor 15 Jahren aktuell war. Wie bei seiner anderen, aktuellen Show ist er leider in der Vergangenheit hängen geblieben und nicht mehr zeitgemäß."
Aber bei aller Fankritik: Der Raab'sche Neuanstrich des ESC-Vorentscheids kam an. 2,14 Millionen Menschen sahen die erste Show, fast so viele wie das ESC-Finale letztes Jahr. Also: Erfolg. Und was das Programm von Show 2 anging, war Raab auch überzeugt. "Heute wird mindestens genauso gut im Durchschnitt." Das blieb nicht die einzige verbale Schwurbelei.
"Das Gesicht ist der Hammer!"
Amüsant war das Gerangel, dass sich Raab und Barbara Schöneberger, das dauerbegeisterte Moderations-Duracel-Häschen, um die Redezeit in der Sendung lieferten. Schöneberger hatte sich wohl vorgenommen, Raab nicht allzu lange fabulieren zu lassen und fuhr ihm ein paar Mal forsch in die Parade. Raab lobte etwa die Künstlerin Cloudy June zunächst recht ungelenk: "Toll, es war schnell vorbei, weil wenn etwas gefühlt zu lange dauert, ist's ja meist nicht gut." Prompt schaltete sich Schöneberger ein: "Red dir das nur ein, Stefan."
Auch sonst schwangen hier und da Zweideutigkeiten mit. "Es beginnt klein, es wurde groß", lobte Gastjuror Johannes Oerding den Songaufbau des Duos Parallel. Und als Moss Kena zwar mit schwarzem Plüschmantel, aber sonst mit freiem Oberkörper auftrat, wurde es auch der Schöneberger warm. Da musste sie glatt zweimal hingucken - und zwar hinab bis auf Kenas Bauchnabel. Raab hatte es eher das Antlitz des Briten mit Wohnsitz in Berlin angetan: "Du hast ein Gesicht, das werde ich nie vergessen. Das sieht aus, als hätte man das mit Knete gemacht!" Raab weiter: "Sind die Augenbrauen echt?" - Und wieder: "Das Gesicht ist der Hammer. Da kann man einen Stempel draus machen!" Ach ja: Song und Performance passten zum Glück auch.
Geheilt: Elton muss bei "Fix You" nicht mehr heulen
Auch schön: Jurorin Yvonne Catterfeld feierte, fühlte, fieberte jeden Song mit. Das war gelebte Musikbegeisterung. Man konnte glatt zustimmen, als Raab am Ende sagte: "Yvonne hat ein schlechtes Gewissen denen gegenüber, die wir nicht mitnehmen."
Und: Elton ist geheilt! Sagte er selbst. Normalerweise nämlich muss er bei "Fix You" von Coldplay immer heulen. Jetzt nicht mehr. Denn The Great Leslie haben ihn geheilt: "Eure Ska-Punk-Version war sensationell." Elton hatte sich vorab auch keine Proben angeschaut und auch keinen Künstler kennengelernt, um sich am Abend uneingenommen überraschen und überzeugen zu lassen.
Am Ende der Show sagte Schöneberger: "Ich freue mich, wir haben eine gute Auswahl getroffen" - obwohl sie gar nichts beigetragen hatte, sondern die Entscheidung lediglich verkündete.
"Happy Harmonien": Stefan Raab mag den Sound, den er einst selbst machte
From Fall To Spring, die wie die einstige ESC-Siegerin Nicole aus dem Saarland kommen, wurden als erste Halbfinalisten benannt. Die Band um zwei Zwillingsbrüder als Sänger beziehungsweise Shouter weckte die Halle mit Linkin-Park'scher Dröhnung auf. Raab: "Mit dem Song kann man ein ganzes Stadtviertel verwüsten." Worauf die Jungs gleich mal ihren Haftpflichtversicherer ungeschönt mit Namen in die Kamera grüßten. Alleine dafür hatten sie das Halbfinale verdient.
The Great Leslie, mit zwei Briten, einem deutschen Gitarristen und einer norwegischen Bassistin ausgestattet, erinnerten mit ihrer rotzig-spielfreudigen Art ein bisschen an Maneskin. Das könnte was werden. Leonora (24) überzeugte mit ihrer Eigenkompositon "Good Day" und "happy Harmonien", wie Raab befand. Das ist verständlich, denn der Song hatte auch was vom hibbeligen "Wadde hadde dudde da"-Flair von Raab himself. Jaln (23) sang "Lose Control" von Teddy Swims sehr eigenständig und spielte ein echtes Gitarrensolo. Raab: "Sich mit der Gitarre einen abzuzwirbeln, ist natürlich total se.y." Mehr noch: Jaln erinnerte den "Chef" an Superstar Prince: "Die Standing Ovations sprechen für dich." Cloudy June (26) attestierte Raab ebenfalls "Popstar-Charakter". Ihr Song "Sad Girl Era" erinnerte Schöneberger an Taylor Swift, klang auch ein bisschen nach Olivia Rodrigo. Alles keine Schande, Raab kennt die sicher eh nicht, viel zu modern.
Das Beste kam zum Schluss: Lyza begeisterte mit echtem ESC-Song
Die Sensation aber war - wie passend als krönender Abschluss - Lyza. Die 23-Jährige hatte ihren allerersten Bühnen-Auftritt, sang zuvor "nur" bei Karaoke-Partys und auf TikTok, wo sie mit 1,5 Millionen Followern schon ein Star ist. Und das könnte sie auch beim ESC werden. Sie sang "Voilà" von Barbara Pravi. "Der Saal steht", jubelte Schöneberger, und Elton und Catterfeld bescheinigten eine "ESC-würdige" Leistung. Kein Kunststück, denn mit dem Lied wurde Pravi 2021 Zweite beim ESC in Rotterdam. Das hatten aber weder Moderatorin noch Juroren auf dem Schirm.
Es kann also noch besser werden. Nächste Woche im Halbfinale, dann mit allen ESC-Songs der Kandidaten.