Erstmals auf der Roten Liste

Rückgang um bis zu 50 Prozent: Europäischer Igel erstmals als "potenziell gefährdet" eingestuft

29.10.2024, 17:07 Uhr
Der Westeuropäische Igel wurde nun erstmals als "potenziell gefährdet" eingestuft. (Symbolbild)

© Patrick Pleul/dpa-tmn Der Westeuropäische Igel wurde nun erstmals als "potenziell gefährdet" eingestuft. (Symbolbild)

Das Problem der Igel sei der Mensch. In den vergangenen Jahren soll es in Bayern einen Populationsrückgang um 50 Prozent gegeben haben, so die IUCN. Wie es gerade um den Igel bestellt ist, merken besonders ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der stacheligen Tiere. Ingrid Plesch leitet die "Igel Beratung und Hilfe Oberasbach". Bei der Frage, wie es dem Igel in Deutschland geht, kommt bei einem Gespräch mit der Redaktion von ihr eine sehr deutliche Antwort: "Sehr schlecht".

Laut Ingrid Plesch gibt es für den Rückgang der Igel drei Hauptgründe: "A: 80 Prozent der Insekten sind ausgestorben, er verhungert schlichtweg. B: die ganze Umweltzerstörung. Er findet keine Unterschlüpfe mehr, er weiß nicht, wo er überhaupt noch hin kann. C: die ganzen Umweltgifte, die noch im Umlauf sind und die Igel vergiften."

Innerhalb der vergangenen zehn Jahre sei die Anzahl nach Schätzungen je nach Land um zwischen 16 und 33 Prozent zurückgegangen. In Bayern sei es sogar ein Rückgang um 50 Prozent gewesen, meldet die IUCN. Gesicherte Angaben über die Gesamtzahl der Igel gibt es nicht. Auch Ingrid Plesch spürt den Rückgang der stacheligen Vierbeiner: "Ich habe katzensichere Futterhäuser im Garten, ich habe Schlafhäuser im Garten und es sind weniger Igel gekommen. Es sind weniger unterwegs, es werden weniger Igel überfahren. Folglich gibt es weniger". Eins steht fest: Es muss dringend etwas unternommen werden, um die Igel zu retten.

Hilfesuchende Igel erkennen und richtig handeln

Jeder kann dazu beitragen, den kleinen stacheligen Tieren zu helfen. Doch zunächst muss erkannt werden, ob einem Igel wirklich geholfen werden muss. "Igel, die zu klein sind, zu mager sind und sich nicht wie wir 36 Grad mäßig anfühlen, brauchen dringend Hilfe. Igel, die einfach nur irgendwo herumliegen, brauchen dringend Hilfe. Igel, die auf die Menschen zulaufen, den Menschen hinterherlaufen, betteln um Hilfe", so Ingrid Plesch von der "Igel Beratung und Hilfe Oberasbach" im Gespräch mit der Redaktion.

Da die Auffangstationen meist hoffnungslos überfüllt sind, bleibt laut Plesch nur eins übrig: "Mit unserer Hilfe selber versuchen". Per Whatsapp oder Telefon bekommt der Igelretter dann Hilfe und Tipps zum Aufpäppeln der stacheligen Tiere. Auch auf den Websites der Hilfsorganisationen stehen wichtige erste Informationen. Schritt Nummer eins ist jedoch immer: "Schleunigst sichern und im Anschluss muss der Igel gründlich untersucht werden. Auf Fliegeneier, auf Maden, die sehr versteckt sein können. Die müssen dann alle runter, weil sonst fressen sie den Igel lebendig auf". Alle weiteren Schritte gibt es dann über die Website, per Telefon oder Whatsapp.

Garten igelfreundlich machen

Um den Igeln grundsätzlich zu helfen, kann man darauf achten, seinen Garten igelfreundlich zu gestalten. Dazu den Garten möglichst naturnah belassen, bestenfalls biotopartig. Zudem sollte es unbedingt Wildkräuter geben. "Der Igel braucht natürliche Unterschlüpfe", so Ingrid Pesch. Das perfekte Winterquartier für Igel besteht auf einem Haufen aus Laub, Reisig und Totholz. Wenn ein Schlafhaus selbstgebaut wird, dann unbedingt aus Vollholz und nicht aus Kunststoff. Zudem sollte der Schlafplatz im Schatten stehen, damit der Igel nicht zu früh aufwacht, sobald es mit Winter wärmer wird.

Die sieben Gefährdungsstufen

Der Westeuropäische Igel steht nun erstmals auf der Roten Liste der IUCN. "Potenziell gefährdet" ist Stufe zwei der siebenstufigen Skala, die die IUCN für die Beurteilung der Gefährdung verwendet. Die Skala reicht von "nicht gefährdet" bis "ausgestorben". Die Rote Liste gibt es seit 1964. Sie umfasst inzwischen mehr als 166.000 Tier- und Pflanzenarten, von denen gut 46.000 bedroht sind.