Bergretter appellieren eindringlich
„Schier unglaublich“: Bergwacht macht Ärger Luft - Viele Einsätze in Bayern wären vermeidbar
20.11.2024, 16:53 UhrHeutzutage sollte es eigentlich problemlos vonstattengehen, eine Wanderung sicher zu planen. Dank Handys, Outdoor-Apps, digitalen Karten, GPS-Funktionen & Co. sollte es fast unmöglich sein, zumindest technisch gesehen, sich zu verirren, Schwierigkeitsbewertungen falsch einzuschätzen oder einfach für sich ungeeignete Routen auszuwählen. Doch dem scheint nicht so zu sein. Seit Jahren steigen die Zahlen an Einsätzen durch erschöpfte, verstiegene, falsch ausgerüstete oder unerfahrene Bergsteiger und Wanderer. Auf ihrer Facebookseite macht die Bergwacht Oberstdorf ihrem Ärger nun Luft.
"Allein im Bereich der Bergwacht Oberstdorf sind seit Mitte September ca. 15 Einsätze auf mangelnde Tourenplanung und Unkenntnis der Wanderer zurückzuführen", schreibt die Bergwacht auf ihrer Facebookseite. Viele Fälle haben gemein, dass die Wanderer und Tourengeher grundsätzlich gut ausgerüstet waren, das persönliche Wissen und Können jedoch überschätzt wurde. "Diverse Apps, GPS-Geräte, teils Papierkarten, Auszüge aus Internetbeschreibungen und Führerliteratur waren oftmals vorhanden. Die Handhabung und die Kenntnisse im Umgang mit den Orientierungsmitteln sowie die Fähigkeit der Bewertung von digitalem Kartenmaterial war jedoch größtenteils nicht gegeben", so die Bergwacht weiter.
Rettung aus brusthohem Schnee
Es ist leider nicht selten, dass Wanderer und Ausflügler sich und ihr Können überschätzen und eine Rettung durch die Bergwacht zur einzigen Lösung wird. In ihrem Post berichten die Retter von einigen solcher Fälle. Erst im September mussten beispielsweise zwei unabhängige Pärchen aus brusthohem Schnee gerettet werden. Zwei weitere Wanderer wollten eine vermeintliche Abkürzung durch wegloses Gelände nehmen. "Die zwei wurden zum einen von der Dunkelheit und zum anderen von steilen Felsabbrüchen überrascht", schreibt die Bergwacht. Gerade diese Fälle, in denen die Wanderer "von plötzlicher Dunkelheit überrascht" werden, nehmen aktuell zu.
"Schier unglaubliche Einsätze"
Doch zusätzlich zu Fällen, wie den oben genannten Hilferufen, werden die Bergretter noch mit "teils schier unglaublichen Einsätzen konfrontiert und belastet". Ende September ging beispielsweise gegen 23 Uhr ein Hilferuf zweier Damen ein. Die zwei Frauen wollten eigentlich Biwakieren, also unter freiem Himmel im alpinen Gelände übernachten. Dazu stiegen sie bereits Nachmittags, allerdings bei strömenden Regen, zu ihrem Ziel hinauf. "Als die Bergretter mitten in der Nacht bei den beiden völlig durchnässten und frierenden Frauen ankamen, konnten sie keinerlei geeignete Ausrüstung für ein Biwak in den Bergen, geschweige denn bei Regen vorfinden", schreibt die Bergwacht Oberstdorf auf Facebook.
Verantwortung übernehmen
Die Liste der vermeidbaren und unnötigen Einsätze könne die Bergwacht noch lange weiterführen, doch sie wollen keine einzelnen Personen verurteilen, lediglich eine Botschaft übermitteln, die anhand der Beispiele aufgezeigt werden könne. "Die Planung einer Unternehmung in den Bergen sollte umsichtig, sprich den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen entsprechend, sowie unter Berücksichtigung der vorherrschenden Verhältnisse (Schnee/Tageszeit/Temperatur/etc.) durchgeführt werden". Überaus wichtig sei hierbei eine vernünftige Selbsteinschätzung und die Bereitschaft, sich an die Materie zunächst heranzutasten.
Die Bergretter wünschen sich laut ihres Posts in den sozialen Netzwerken, dass die Wanderer und Ausflügler Verantwortung übernehmen. "Verantwortung für sich selbst, Verantwortung für die eigene Familie, die Begleiter, die Angehörigen daheim. Aber natürlich auch im Rahmen der Verantwortung der Ressourcenschonung der Bergrettung, der Flugrettung und deren Angehörigen", so die Bergretter auf ihrer Facebookseite.
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