Ein Drittel aller Deutschen immunisiert

Sechs Monate Corona-Impfung: Was wir über Nebenwirkungen bis jetzt wissen

Melanie Kunze

Politik und Wirtschaft

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28.6.2021, 05:55 Uhr
Vor einem halben Jahr bekam der erste Deutsche eine Corona-Schutzimpfung. Das Paul-Ehrlich-Institut  prüft seither gemeldete Nebenwirkungen und Todesfälle. 

© Sven Hoppe, dpa Vor einem halben Jahr bekam der erste Deutsche eine Corona-Schutzimpfung. Das Paul-Ehrlich-Institut  prüft seither gemeldete Nebenwirkungen und Todesfälle. 

Vor sechs Monaten wurde die damals 101-jährige Edith Kwoizalla mit einem Piks bekannt. Sie war die erste, die in Deutschland gegen Covid-19 geimpft wurde. Bis heute sind rund ein Drittel aller Deutschen vollständig immunisiert. Wie häufig sind bislang Nebenwirkungen aufgetreten? Wie geht es mit der Impfkampagne weiter?

Wie viele sind geimpft?
In Deutschland haben rund 45 Millionen Menschen mindestens eine Impf­dosis erhalten, rund 29 Millionen haben den vollen Impfschutz. Weltweit sind zirka 2,7 Milliarden Impfdosen verabreicht worden. „Impf-Weltmeister“ ist laut dem Portal „Statista“ China mit einer Milliarde Dosen.

Wer ist geimpft?
Bei den über 60-Jährigen sind deutschlandweit rund 80 Prozent mindestens einmal geimpft, in der Gruppe der 18-bis 59-Jährigen sind es rund 50 Prozent und bei den unter 18-Jährigen sind es rund zwei Prozent. Nach einer Anfrage beim Robert-Koch-Institut liegen aktuell keine gesonderten Zahlen vor, wie viele 12- bis 15-Jährige mit Biontech seit der Zulassung für diese Altersgruppe geimpft worden sind.

Wie oft traten Nebenwirkungen auf?
Nebenwirkungen registriert das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Jeder Geimpfte kann dort anrufen oder ein Formular ausfüllen und Nebenwirkungen melden, die als Verdachtsfälle registriert werden. Diese werden geprüft. Wenn sich Meldungen häufen, können, wie das PEI formuliert, risikominimierende Maßnahme angeordnet werden. Im Sicherheitsbericht ist von exakt 79 106 gemeldeten Verdachtsfällen von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung die Rede. Diese Zahl bezieht sich auf Deutschland und umfasst den Zeitraum 27. Dezember bis 31. Mai. Etwa drei Viertel aller Meldungen betrafen laut Bericht Frauen, was wohl auf den höheren Frauenanteil bei den Impfungen zurückzuführen ist. Von den gemeldeten Verdachtsfällen waren rund 8100 mit schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen - wie etwa Hirnvenenthrombosen, die vermehrt bei jüngeren Frauen, die mit Astra Zeneca behandelt wurden, aufgetreten waren. Insgesamt wurden dem Institut (Stand 22. Juni) 145 Thrombose-Fälle nach einer Astra Zeneca-Gabe gemeldet, vier Fälle nach einer Impfung mit Johnson&Johnson.

Wie viele Todesfälle verzeichnete das PEI?
Das Paul-Ehrlich-Institut registrierte bis Ende Mai 873 Todesfälle (0,0024 Prozent der Geimpften) in unterschiedlichen zeitlichen Abstand zur Impfung. Laut PEI hatten die meisten Verstorbenen Vorerkrankungen wie eine Niereninsuffizienz oder waren herzkrank. 24 Patienten, die mit Astra Zeneca geimpft wurden, verstarben laut PEI infolge einer Thrombose.

Gab es allergische Reaktionen?

Zu allergischen Reaktionen kommt es in der Regel kurz nach der Impfung. Daher müssen die Geimpften nach der Injektion rund 15 Minuten in der Hausarztpraxis oder im Impfzentrum warten. Seit dem Impfstart traten laut PEI 175 Fälle von bestätigten allergischen Reaktionen auf.

Was hat es mit Entzündungen des Herzmuskels auf sich?
In seinem Bericht geht das Paul-Ehrlich-Institut auch auf Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) beziehungsweise eine Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis) ein. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung wurden in Deutschland bis Ende Mai 92 Fälle einer Myokarditis oder Perikarditis diagnostiziert, hauptsächlich nach Impfung mit Biontech, so das PEI. Betroffen waren meist junge Männer unter 30 Jahren. Dabei handelt es sich um einen Verdacht. Denn Entzündungen von Herz oder Herzbeutel können auch durch eine - unbemerkte - Virusinfektion ausgelöst werden. Dass die Impfung in einigen Fällen die Ursache für Herzprobleme war, zeigen Daten aus den USA. Dort sind im Vergleich zu Deutschland mehr junge Menschen geimpft. In einem aktuellen Bericht der US-Gesundheitsbehörde traten unter den gut zwei Millionen zwölf- bis 17-jährigen Jungen, die in den USA mit einem der mRNA-Vakzine geimpft wurden, 128 Fälle von Myo- oder Perikarditis auf. „Normal“ wären zwei Fälle gewesen. Unter den 4,3 Millionen Geimpften zwischen 18 und 24 Jahren waren es 219 statt der zu erwartenden vier bis fünf Fälle. Weniger stark erhöht war das Risiko für die Männer ab 25 und für Frauen zwischen 12 und 24 Jahren. Die Fälle verliefen laut der Behörde meist mild.

Ist eine Auffrischung nötig?
Wissenschaftler empfehlen eine dritte Impfung für Senioren und Menschen mit Immunschwächen im Herbst. „Ich gehe davon aus, dass wir bei älteren Menschen, die zu Beginn dieses Jahres ihre Erst- und Zweitimpfung erhalten haben, eine nachlassende Immunantwort sehen werden“, so Leif Erik Sander, Infektionsimmunologe an der Berliner Charité. Für jüngere und gesunde Menschen seien Auffrischungsimpfungen noch kein Thema.

Welcher Impfstoff könnten demnächst zugelassen werden?
Ein vielversprechender Kandidat ist das Vakzin des US-Unternehmens Novavax. Ein Zulassungsantrag ist für diesen Herbst geplant. Novavax ist weder ein mRNA (Moderna, Biontech) noch ein Vektor-Impfstoff (Astra Zeneca, Johnson & Johnson), sondern ein proteinbasierter Impfstoff. Proteinbasierte Vakzine kommen schon länger zum Einsatz - beispielsweise bei der Grippeschutz- oder Hepatitis B-Impfung.

Worin unterscheiden sich die Impfstoff-Typen?
mRNA-Impfstoffe und Vektorimpfstoffe enthalten einen Bauplan für ein Merkmal des Virus. Der Körper soll dann das eigentliche Antigen selbst herstellen. Proteinbasierte Impfstoffe nehmen den direkten Weg. Die Vakzine enthalten winzige Corona-Stachelproteine - so muss der Köper den Bauplan nicht selbst herstellen. Weil proteinbasierte Impfstoffe schon lange auf dem Markt und erprobt sind, hoffen nun viele Eltern, dass ein Vakzin dieses Typs bald für Kinder zugelassen wird.

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