Vielschichtige Gründe
Verbreiteter Mythos: Warum soll man Sterbende nicht beim Namen rufen?
19.9.2023, 16:00 UhrSterbende soll man nicht beim Namen rufen – diese Aussage hört man gelegentlich. Doch woher stammt das? Die Gründe sind sowohl religiöser als auch rationaler Natur.
Im frühen Mittelalter war es verpönt und wurde teilweise sogar mit Strafen belegt. Der Grund dafür: Der Sterbeprozess wurde mit der Reise der Seele in den Himmel gleichgesetzt. Wenn man diese Reise durch das Rufen des Namens "störe", riskiere man, dass der Sterbende oder dessen Seele nicht in den Himmel gelangen würde.
Aber auch in anderen Kulturen hält sich der Brauch hartnäckig: Die Apachen beispielsweise fürchten sich, dass das Nennen des Namens die Seele des Verstorbenen heraufbeschwört oder – analog zur christlichen Vorstellung – den Sterbenden daran hindert, ins Jenseits zu gelangen.
Es gibt aber auch rationale Gründe, warum man den Namen von Sterbenden nicht laut rufen sollte: Im Sterbeprozess sind Menschen meist nicht in der Lage, zu reagieren oder gar zu sprechen. Sie wollen gerne reagieren, können es aber nicht.
Während des Schlafes oder bei Bewusstlosigkeit könnte das Rufen des Namens den Sterbenden unnötig aufwecken oder belasten. Stattdessen empfiehlt es sich, ruhig mit der betroffenen Person zu reden und ihr Trost und Liebe zuzusprechen. Auch kleine Gesten können Unterstützung bieten, zum Beispiel, indem man die Hand auf die Schulter oder auf den Arm legt.