70 Minuten Verspätung

„Stoppt alles, ich muss aussteigen“: Mann zwingt Flugzeug zur Umkehr - und kommt ohne Strafe davon

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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26.6.2024, 16:22 Uhr

Rosamunde Pilcher, die Autoren der Lindenstraße oder Hollywoods große Schmachtfetzen-Regisseure: Sie alle wären wohl neidisch gewesen auf das Liebes-Drama, das am 20. Juni im Norden Italiens einmalig aufgeführt wurde. Die Bühne: Der Flughafen von Turin. In den Hauptrollen: Ein verliebter Passagier und seine Freundin. Doch nicht alle Beteiligten hatten ihre Freude an der spontanen Inszenierung, besonders die "Statisten" nicht - für die übrigen Fluggäste und die Crew war die Real-Life-Seifenoper nämlich mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden.

Der Flughafen von Turin: Hier hat ein Mann dafür gesorgt, dass ein Urlaubsflieger erst mit über einer Stunde Verspätung abheben konnte.

Der Flughafen von Turin: Hier hat ein Mann dafür gesorgt, dass ein Urlaubsflieger erst mit über einer Stunde Verspätung abheben konnte. © IMAGO/Jonathan Moscrop/IMAGO/Newscom World

Doch der Reihe nach: Was war eigentlich passiert? Ein Mann wollte an jenem Donnerstag von Turin nach Madrid fliegen, zuvor hatte er sich am Flughafen von seiner Freundin verabschiedet. Er saß bereits im Flugzeug, als sie ihn noch einmal anrief - das berichtet der italienische "Corriere della Serra": "Flieg nicht, bleib bei mir in Turin", soll die Frau den Mann gebeten haben. Der ließ sich nicht zweimal bitten und reagierte prompt: "Stoppt alles, ich muss aussteigen", rief er dem Bordpersonal zu. Leichter gesagt als getan, denn die Triebwerke liefen bereits, der Flieger befand sich bereits auf der Startbahn und der Pilot wartete nur noch auf die Freigabe zum Abflug.

Crew gibt nach - wenn auch nicht aus Rücksicht auf Gefühle

Ganz widerstandslos wollte die Crew der Bitte des verliebten Passagiers nicht nachkommen, das wäre ja selbst im Kitschfilm zu langweilig: Nach Information von "rtl" entwickelte sich ein Streit zwischen dem Bordpersonal, dem Piloten und dem aufgebrachten Casanova. Nach dem Wortgefecht zogen sich der Pilot und seine Crew zur Besprechung zurück - und entschieden sich tatsächlich dazu, dem Drängen des Passagiers nachzukommen. Also machte sich das Flugzeug auf den Weg zurück zum Terminal, wo der Verliebte von Bord gehen konnte.

Doch wer jetzt glaubt, dass die Entscheidung der Flugzeugbesatzung "von Herzen" kam, wird enttäuscht sein: Der Pilot und das Personal haben sich lediglich dazu entschieden, umzukehren, weil sie den Mann laut "Iberian Airlines" als potenzielles Sicherheitsrisiko einstuften - derart vehement hatte er das Verlassen des Fliegers gepocht.

Start verzögert sich lange - Verliebter im Recht

Den übrigen Passagieren des Flugzeugs wird es letztendlich egal gewesen sein, welche Motivation der Entscheidung zur Umkehr zu Grunde lag - wegen der spontanen Rolle rückwärts des Verliebten konnte die Maschine erst mit 70 Minuten Verspätung abheben. Ein "Happy End" hatte die Geschichte trotzdem - ausgerechnet für den Mann, der die Verzögerung verursacht hatte: Der "Blick" zitiert aus einem Statement des Flughafenbetreibers, wonach ein Passagier das Recht habe, wieder auszusteigen, solange sich der Flieger noch am Boden befindet. Um eine Strafe kommt der Verliebte demnach herum.