Mobbing gegen Andersdenkende
Studie zeigt: Wer im Internet hetzt, ist auch im wahren Leben "genauso bösartig"
30.8.2021, 18:52 UhrDie Freiheit des Internets und der sozialen Medien, die jedem Nutzer eine Stimme geben, Pseudonyme erlauben, Antwort-Threads unter Kommentaren erstellen lassen und die Möglichkeit bieten, im Zweifel einen Widersacher zu blockieren: Die Online-Welt vereint sämtliche Rahmenbedingungen für eine feindliche Atmosphäre in ihren Grundzügen.
Entsprechend scheint die Antwort auf die Frage, warum es auf Facebook und Co. zunehmend zu hasserfüllten Diskussionen kommt, nahe zu liegen: Die Schwelle, seine menschliche Anpassung zu ignorieren, ist bei der Interaktion mit Unbekannten und via Nicknames deutlich niedriger als bei der Face-to-Face-Kommunikation im Supermarkt oder auf der Straße. Das vermuteten zumindest Forscher der Aarhus Universität, ehe sie im Rahmen einer Studie diverse Umfragen aus Dänemark und den USA auswerteten.
"Es gab bislang immer die Theorie, dass Menschen, die dir auf der Straße eher nett begegnen, dann online zu abartig garstigen Trollen werden. Unsere Studie hat das widerlegt", wird Studienleiter Alexander Bor im Berliner Kurier zitiert. Die "schlimmsten Online-Trolle" sind laut dem Politikwissenschaftler "genauso hasserfüllt und bösartig, wenn sie mit dir von Angesicht zu Angesicht auf der Straße reden".
Das Internet ist also kein Ort, der vereinfacht gesagt aus netten Menschen aggressive Fieslinge werden lässt, sondern ein Spiegel beziehungsweise ein Brennglas der Boshaftigkeit der Personen, die auch in der Offline-Welt zu beobachten ist. Auch im "wahren Leben" erweisen sich die Internet-Trolle als "Hater" und begehen offenes Mobbing gegen Andersdenkende.
Darüber hinaus stellte die Studie einen Trend fest: Immer weniger moderate und nette Menschen beteiligen sich überhaupt noch an politischen Diskussionen in Online-Foren – weil sie mit den Hetz-Attacken der anderen User entweder nicht umgehen können oder nicht umgehen wollen. In der Folge schaukelt sich die Stimmung unter den verbleibenden, aggressiven Internetstreithähnen zunehmend und wechselwirkend hoch.
In beiden Ländern kamen die Forscher zum gleichen Ergebnis - trotz unterschiedlicher politischer Kulturen und Partizipationsgraden.