Todesqual im Erholungsort: "Fichtenau-Mörder" vor Gericht

18.6.2011, 08:59 Uhr
Todesqual im Erholungsort:

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Er war der Aufseher. Ein 43 Jahre alte Schrotthändler hat seine drei Komplizen dirigiert, als sie Anfang Dezember 2010 einen 51-Jährigen stundenlang zu Tode misshandelten. Vor dem Landgericht Ellwangen sagt der Rädelsführer: „Es tut mir von ganzem Herzen leid.“ Doch kaum jemand in den übervollen Zuschauerreihen scheint dem kräftigen Mann mit schwarzem Hemd das glauben zu wollen. Zu viele schreckliche Details haben die Zuschauer an den langen Verhandlungstagen des Prozesses erfahren, als dass sie ihm das Bedauern nun noch abnähmen.

„Er war 35 Jahre lang mein Kumpel und ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihm“, erklärt der Schrotthändler. Die brutale Tat schieben er und sein Verteidiger darauf, dass ihn Alkohol, Schlafmittel und Drogen am Tattag abstumpfen ließen. Richter Gerhard Ilg sieht das Verhältnis zwischen dem 43-Jährigen und seinem Bekannten ganz anders. „Er hielt das Opfer wie einen Hund“, sagt Ilg, nachdem er das Urteil gegen das Quartett gesprochen hat. Der Arbeitslose habe immer wieder für den Schrotthändler gearbeitet. Der 43-Jährige, seine Lebensgefährtin und ein Neffe (beide 32) müssen nun lebenslänglich für die Tat büßen. Der 21-jährige Sohn des 43-Jährigen kommt mit 13 Jahren und sechs Monaten davon.

Stundenlange Qual

Vor Gericht haben die vier Angeklagten ausgiebig über jene Winternacht in dem kleinen, „staatlich anerkannten Erholungsort“ Fichtenau (Kreis Schwäbisch Hall) berichtet. Der 32-Jährige rammte dem Opfer mehrmals mit voller Wucht die Kniescheibe ins Gesicht. Dann traktierten sie den 51-Jährigen mit Stromschlägen – bis die Sicherung in der Wohnung des Schrotthändlers heraussprang. 67 Grad muss die Wassertemperatur der Dusche betragen haben, in der das blutüberströmte Opfer danach verbrüht wurde – wie das Gericht in der Beweisaufnahme feststellte.

Zur rohen Gewalt, abgestumpft durch Alkohol, Medikamente und Drogen, kam sexuelle „Perversion“, wie Richter Ilg feststellt. Die blonde Lebensgefährtin, die ihre Augen hinter einer Sonnenbrille verbirgt, sagte im Verfahren, es habe ihrem Lebensgefährten Spaß gemacht haben, ihr zuzuschauen, während sie mit seinem 21-jährigen Sohn Sex vor anderen hatte. Am Tatabend setzte sie sich nach dem Geschlechtsverkehr mit den anderen Männern auf das mittlerweile leblose Opfer, um mit ihm ebenfalls Sex zu haben. Der Neffe kommentierte: „Sie hat mit einem Toten gebumst.“ Solche Schilderungen des stundenlangen Martyriums kamen dem Quartett ohne erkennbares Mitgefühl über die Lippen.

Verrufen waren die Gewalttäter in dem kleinen Dorf schon seit längerer Zeit, war im Verlauf des Verfahrens deutlich geworden. Nur kurz vor dem Tod des 51-Jährigen war bereits ein anderer Mann beim Schrotthändler krankenhausreif geschlagen worden. Im Dezember führte eine Blutspur die Polizei zur Fundstelle des Toten auf dem Friedhof. Dort lag der 51-Jährige auf einem Grab. Der schneebedeckte Boden war eben zu hart, um ihn zu vergraben, hatte der 32-Jährige Neffe das vor Gericht lapidar begründet.