Exzesse zum Jahreswechsel

Tote, Verletzte und Sachschäden an Silvester: Was die Politik zu einem möglichen Böllerverbot sagt

5.1.2025, 12:28 Uhr
Durch die Explosion einer mutmaßlichen Kugelbombe an Silvester sind zahlreiche Fensterscheiben in der Vorbergstraße im Stadtteil Schöneberg zu Bruch gegangen.

© Jörg Carstensen/dpa Durch die Explosion einer mutmaßlichen Kugelbombe an Silvester sind zahlreiche Fensterscheiben in der Vorbergstraße im Stadtteil Schöneberg zu Bruch gegangen.

Ein bundesweites Böllerverbot als Folge von Todesfällen und Schäden in der Silvesternacht wird es vorerst nicht geben. "Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerks-Verbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) sprach sich gegen ein Böllerverbot aus. Städte und Gemeinden in Deutschland fordern indes von Bund und Ländern als Konsequenz aus Gewalt zu Silvester mehr Grenzkontrollen und ein Waffenverbot.

Scholz sagte dem Magazin "Stern": "Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch." Faeser ergänzte: "Dabei sollte das Ziel sein: Friedliches Feiern und Feuerwerk zu ermöglichen, aber hochgefährliche Silvester-Exzesse zu verhindern." Zum Jahreswechsel hatten vor allem sogenannte Kugelbomben schwere Schäden angerichtet. Sie sind wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen.

Was steht im Sprengstoffrecht?

Das Sprengstoffrecht erlaubt das Abbrennen von Pyrotechnik am 31. Dezember und am 1. Januar. An allen anderen Tagen ist das nur mit einer Sondergenehmigung gestattet. Die Berliner Sozialverwaltung weist darauf hin, dass nur das Bundesinnenministerium Änderungen am Sprengstoffrecht vornehmen könne.

Faeser schlägt vor, den Kommunen mehr Handlungsspielräume für lokale Verbotszonen zu geben. Dafür müsse es aber eine Mehrheit unter den Ländern im Bundesrat geben, die bislang fehle.

Zuletzt hatte Bremen im Bundesrat eine Gesetzesinitiative für eine Änderung des Sprengstoffrechts eingebracht, um den Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten zum Einschränken von privatem Feuerwerk zu geben. Rund um den Jahreswechsel starben fünf Männer bei Böller-Unfällen. Es gab viele Verletzte sowie Schäden an Häusern und Infrastruktur.

Berlins Innensenatorin für "Pyro-Erlaubniszonen"

Berlins Innensenatorin Iris Spranger hatte für ein generelles Böllerverbot in Deutschland plädiert, sieht dabei aber in erster Linie den Bund in der Pflicht. Gleichzeitig fordert die SPD-Politikerin Änderungen im Sprengstoffrecht, die den Bundesländern erlauben, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Sie sprach von "Pyro-Erlaubniszonen", in denen das Abbrennen von Feuerwerk gestattet ist.

Auch die Gewerkschaft der Polizei macht sich für ein bundesweites Böllerverbot und ein Verkaufsverbot für Pyrotechnik stark. Sie warnt davor, alljährlich nach Silvester und Neujahr darüber "Scheindebatten" zu führen.

Reul weist auf begrenzte Ressourcen bei Polizei hin

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck forderte von Faeser ein schärferes Vorgehen gegen verbotene Böller. "Es braucht eine Antwort auf die starke Zunahme von illegalen, lebensgefährlichen Feuerwerkskörpern. Ich erwarte von der Bundesinnenministerin, dass sie hier entschieden nach Lösungen sucht, auch mit unseren europäischen Nachbarn", sagte er der "Bild am Sonntag". Gerade Attacken auf Einsatzkräfte müssten zudem hart bestraft werden. Die CDU/CSU forderte Habeck auf, noch vor der Bundestagswahl einer Gesetzesinitiative der Ampel-Regierung zuzustimmen, die härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte, Feuerwehrleute, Ehrenamtliche und Kommunalpolitiker vorsieht.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) gab im WDR zu bedenken: Zur Kontrolle eines generellen Böllerverbots müsste an jeder Ecke ein Polizist stehen. "Das schaffen wir ja nicht mal im Fußballstadion."

Klagen über Personalengpässe in der Justiz

Der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Volker Geyer, rief die Politik zum Handeln auf. Er sagte der "Rheinischen Post" (Samstag): "Es darf sich bei den Tätern nicht festsetzen, dass sie ungeschoren davonkommen, weil der Staat nicht handlungsfähig ist." Man müsse die Justiz personell so ausstatten, dass sie die Täter auch zur Rechenschaft ziehe und nicht Verfahren wegen Überlastung von Gerichten eingestellt würden. Auch der Deutsche Richterbund erklärte, angesichts der Überlastung der Justiz griffen Rufe nach Strafverschärfungen zu kurz.

Faeser verwies auf Vorschläge für neue Strafvorschriften, mit denen die gesamte Vertriebskette von illegalem Feuerwerk, von Händlern und Transporteuren bis zum Käufer, erfasst werden solle. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass der Bundestag wenige Wochen vor Neuwahlen noch viele Vorschläge der scheidenden Bundesregierung passieren lässt.

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