Der Sport mit dem Steckenpferd

Ungewöhnlicher Sport wächst auch in Nürnberg und der Region an: Das steckt hinter „Hobbyhorsing“

2.10.2024, 05:00 Uhr
Statt dem großen Pony reiten die Teilnehmenden beim Hobbyhorsing auf Steckenpferden. Die kleinen Pferdeköpfe aus Stoff sind besonders leicht und handlich.

© Alena Ovchinnikova Statt dem großen Pony reiten die Teilnehmenden beim Hobbyhorsing auf Steckenpferden. Die kleinen Pferdeköpfe aus Stoff sind besonders leicht und handlich.

Gerade werden die Pommes nachgefüllt, Steak und Bratwürste liegen schon auf dem Grill, während ein paar Meter weiter die Ponys gemütlich auf der Koppel umher trotten. Die haben erst mal Pause, denn jetzt steht Hobbyhorsing auf der Tagesordnung. Die Teilnehmenden des Turniers haben Glück. Am heutigen Septembersonntag ist es sonnig und die Slalom-Stangen für den Fun Trail stecken fest im Boden.

Gerade erklärt die Moderatorin, was auf die Zweier-Teams zukommt. Slalom, im Kreis bewegen, mit dem Links-Galopp ansetzen - die einzelnen Stationen müssen exakt so ausgeführt werden, wie erklärt. Im Gegensatz zum Zeitspringen geht es beim Fun Trail mehr um Genauigkeit und kognitive Fähigkeiten. Wie funktionieren die Teilnehmenden im Team? Wie gut können sie sich die Aufgaben merken und sie umsetzen?

Alena (14) und Freyja (13) sind beim Hobbyhorsing-Turnier vor allem auf den Funtrail gespannt.

Alena (14) und Freyja (13) sind beim Hobbyhorsing-Turnier vor allem auf den Funtrail gespannt. © vkg

Darauf sind auch Alena gespannt und Freyja gespannt. "Beim Zeitspringen hatte ich hohe Anforderungen an mich, aber beim Fun Trail wussten wir gar nicht, was uns erwartet", sagt Freyja. Die Schülerinnen reiten beide auch auf echten Pferden und haben vor einiger Zeit das Hobbyhorsing für sich entdeckt. Normalerweise gibt es die Parkour für das Turnier vorher schon online. Die hängt sich Freyja dann ausgedruckt an den Kleiderschrank, um sie vorab im Kopf durchgehen zu können. Diesmal war das nicht möglich.

"Kiwis flying Valero" - was so ein Steckenpferd kostet und warum es trotzdem zugänglicher als das Reiten ist

Dafür darf sie heute auf dem Steckenpferd reiten, das ihre Freundin Alena selbst genäht hat. "Kiwis flying Valero", heißt das Steckenpferd mit dem braunen Kunstfell und dem glitzernden Halfter. Neu gekauft gibt es die Hobbyhorses ab 250 Euro. Nach oben sind kaum Grenzen gesetzt: Hyperrealistische Steckenpferde können über 1000 Euro kosten, verrät Alena.

Solche sieht man etwa auf den Deutschen Hobbyhorsing Meisterschaften. Dort möchten die beiden im nächsten Jahr dabei sein. Für die geschlossenen Prüfungen müssen sich Teilnehmende qualifizieren, bei den offenen darf jeder und jede mitmachen. Für Alena ist es mittlerweile das siebte Turnier. "Ich bin immer noch so begeistert wie am Anfang", sagt die Hobbyhorslerin. Damals hat sie die Sportart online entdeckt. "Erst fand ich das ein bisschen komisch, aber es sah lustig aus". Mit dem ersten Sockenpferd kam dann auch schon bald das erste Turnier. Mittlerweile sieht sie es als Hobby, das nebenbei auch noch ein bisschen sportliche Bewegung mitbringt. "Das Hobbyhorsing ist im Vergleich zum Reiten zugänglicher". Was die 14-Jährige damit meint? Die Sportart ist nicht nur insgesamt günstiger als das Reiten auf Pferden, sondern auch für Menschen gut geeignet, die eine Pferdeallergie oder Angst vor Pferden haben.

Schon bevor es losgeht, stehen die Schleifen und Pokale für die Siegerehrung des Hobbyhorse-Turniers bereit.

Schon bevor es losgeht, stehen die Schleifen und Pokale für die Siegerehrung des Hobbyhorse-Turniers bereit. © vkg

Beim Fun Trail zeigen die beiden Freundinnen dann, wie gut sie als Team funktionieren. Den Parkour meistern sie zügig und nahezu fehlerfrei - und das wird auch belohnt. In der Kategorie ziehen die beiden vorne weg und landen auf dem ersten Platz. Alena darf sich im mittleren Zeitspringen über Silber freuen und auch Freyja schafft es beim leichten Zeitspringen aufs Treppchen.

Feindliche Kommentare für die Hobbyhorsler: "Ich lass das einfach an mir abprallen"

"Mir geht es mehr um die Erfahrung als die Leistung, aber es ist natürlich schön, die Schleifen mit nach Hause zu nehmen", sagt Alena und streicht über den Kopf ihres Hobbyhorses, das sie "Kiwis Mayflower" genannt hat.

Was den beiden durchaus bewusst ist: Hobbyhorsing ist natürlich kein gewöhnliches Hobby. "Es ist völlig in Ordnung, das Hobbyhorsing merkwürdig zu finden", sagt Alena. Oft würde es Außenstehende aber als "lächerlichen Sport" bezeichnen. Teilweise sind die jungen Frauen nicht nur mit Seitenblicken, sondern auch mit sehr feindlichen Kommentaren konfrontiert. "Was man teilweise an den Kopf geworfen bekommt, ist wirklich schrecklich", sagt Alena. "Ich lasse das einfach an mir abprallen, so viel Negativität brauche ich nicht in meinem Leben". Auch Freyja erzählt, sie werde oft angewiehert. Beim letzten Treffen wurde die Schülerin von einer fremden Person ungefragt gefilmt. "Viele beim Hobbyhorsing können mittlerweile gut mit den Kommentaren umgehen, andere trifft es aber sehr", verrät Alena. "Ich denke mir dann immer: Du musst mir nicht sagen, dass dir das nicht gefällt. Die Welt ist negativ genug und es gibt genug Boshaftes und genug Kriege."

Die Nürnbergerinnen lassen sich davon aber nicht beirren und trainieren weiterhin jeden Sonntag am Luitpoldhain. Wer das Hobbyhorsing gerne mal ausprobieren möchte, ist herzlich eingeladen. Aktuell ist die Gruppe auch noch auf der Suche nach einer neuen Leiterin. Da dürfen sich auch gerne Eltern angesprochen fühlen, denn die Person sollte volljährig sein. Wenn die Hobbyhorsler bis Dezember keine neue Leiterin gefunden haben, löst sich der Club leider auf.

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