Toilettenhygiene

Wasser oder Wischen: Was der Po wirklich braucht

15.04.2025, 06:32 Uhr
Wasser oder Toilettenpapier? Bei dieser Frage scheiden sich nicht nur wissenschaftlich die Geister. (Illustration)

© Hendrik Schmidt/dpa Wasser oder Toilettenpapier? Bei dieser Frage scheiden sich nicht nur wissenschaftlich die Geister. (Illustration)

Wer in Deutschland aufwächst, kennt in der Regel nur eine Art der Toilettenhygiene: Klopapier. Doch auf Reisen erleben viele Urlauber eine Überraschung. In Thailand oder der Türkei baumelt plötzlich eine kleine Handbrause neben der Toilette, in Japan beginnt die Keramik-Schüssel auf Knopfdruck zu sprühen – und nicht wenige fragen sich, was sie damit anfangen sollen.

Tatsächlich sind Bidetduschen und Dusch-WCs in zahlreichen Ländern längst die Norm. Sie gelten als hygienischer und umweltfreundlicher als das trockene Wischen mit Papier. Welche Wahl ist aus wissenschaftlicher und ärztlicher Sicht besser?

Washlets, Bumguns und zusätzliche Bidets

Toilettenpapier in seiner heutigen perforierten Form auf einer Rolle wird in westlichen Ländern seit dem späten 19. Jahrhundert als Standard für die Reinigung nach dem Toilettengang genutzt. Doch Studien zeigen, dass es nicht unbedingt die gründlichste Methode ist – zumindest nicht allein. So ergab etwa eine 2021 im Fachblatt „Journal of Water & Health“ veröffentlichte Studie, dass die Kombination aus Toilettenpapier und Dusch-WC die mikrobielle Verunreinigung der Hände nach dem Stuhlgang im Vergleich zur alleinigen Nutzung von Papier deutlich reduziert.

In Deutschland ist die Intimreinigung mit Toilettenpapier die Regel, 134 Rollen pro Jahr soll der durchschnittliche Bundesbürger verbrauchen. (Illustration)

In Deutschland ist die Intimreinigung mit Toilettenpapier die Regel, 134 Rollen pro Jahr soll der durchschnittliche Bundesbürger verbrauchen. (Illustration) © Daniel Karmann/dpa

Ein solches Dusch-WC – auch Washlet genannt - ist eine Toilette mit einer integrierten Wasserdüse im Sitzbereich, die nach dem Toilettengang einen warmen Wasserstrahl zur Reinigung des Intimbereichs verwendet. Sie ist besonders in Japan und Südkorea verbreitet. In vielen Ländern Süd- und Südostasiens, sowie des Nahen Ostens und Nordafrika sind hingegen Bidethandbrausen, auch als Bumguns bekannt, neben der Toilette die Norm. Und in Italien, Portugal, Spanien, Frankreich sowie einigen südamerikanischen Ländern ist es üblich, ein Bidet zusätzlich zur Toilette für die Wasserreinigung zu haben.

Vor allem in den USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Skandinavien und eben in Deutschland wird hingegen mehrheitlich auf Toilettenpapier gesetzt, 134 Rollen pro Jahr soll der durchschnittliche Bundesbürger verbrauchen. Für Rose George nicht die beste Methode: Für ihr Buch „The Big Necessity: Adventures In The World Of Human Waste“ beschäftigte sich die britische Autorin mit unterschiedlichsten Aspekten menschlicher Ausscheidungen und ist seither überzeugt, dass Toilettenpapier diese zwar entfernt, aber nicht vollständig. Insgesamt sei die Wasserreinigung effektiver: Man würde sich ja auch nicht mit einem trockenen Handtuch duschen, so ihr Fazit.

Wer aggressiv wischt, riskiert Verletzungen

Zu rigoroses Hantieren mit trockenem Klopapier könne schmerzhafte Folgen haben, meint George. Hautarzt Silas Soemantri bestätigt: „Es stimmt, dass aggressives Wischen mit trockenem Toilettenpapier zu mikrotraumatischen Verletzungen führen kann, die Analfissuren begünstigen und Hämorrhoiden verschlimmern können.“ Die mechanische Reizung könne kleine Risse in der empfindlichen Haut verursachen, was wiederum Entzündungen begünstige, so Soemantri, der Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) ist.

Der Arzt empfiehlt eine sanfte Reinigung, vorzugsweise mit Wasser oder feuchtem, unparfümiertem Toilettenpapier: „Diese Maßnahme hilft, die Haut zu schonen und weiteren Irritationen vorzubeugen.“

Die Studienlage ist unklar

Wissenschaftliche Studien speziell zum Thema Bidet zeichnen ein widersprüchliches Bild. So kamen verschiedene Analysen zu dem Schluss, dass die Warmwasserdüsen von Bidets und ähnlichen Vorrichtungen eine breite Palette von Bakterien enthalten können. Andere beschreiben hingegen, dass Wasser Krankheitserreger im Intimbereich gründlicher entferne.

Während in Deutschland die Nutzung von Klopapier die Norm ist, wird in vielen anderen Ländern auf Dusch-WCs, Bidethandbrausen oder ein zusätzliches Bidet neben dem Klo gesetzt. (Archivbild)

Während in Deutschland die Nutzung von Klopapier die Norm ist, wird in vielen anderen Ländern auf Dusch-WCs, Bidethandbrausen oder ein zusätzliches Bidet neben dem Klo gesetzt. (Archivbild) © Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa

2021 warnte wiederum ein Artikel im „Journal of the Anus, Rectum and Colon“ davor, dass übermäßiger Bidet-Gebrauch zu Juckreiz im Analbereich und Stuhlinkontinenz führen könne. Ebenso wurde vereinzelt über vermehrte Vaginalinfektionen bei Frauen berichtet.

Andere Studien legten nahe, dass die Wasserreinigung speziell für Menschen mit Hämorrhoiden vorteilhaft sein könnte – zumindest wenn der Wasserstrahl nicht zu stark sei.

Auch Hautarzt Soemantri rät Personen, die zu Hämorrhoiden oder anderen Analbeschwerden neigen, auf eine schonende Reinigung zu achten. „Aus dermatologischer Sicht bietet die Wasserreinigung in der Regel die gründlichste und hautschonendste Möglichkeit, den Intimbereich zu säubern, da sie Reizungen durch mechanische Einwirkung minimiert.“

Dabei sollte das Wasser lauwarm und der Wasserdruck moderat eingestellt sein, um Irritationen zu vermeiden. Feuchtes Toilettenpapier stelle die zweite Wahl dar und könne eine akzeptable Alternative sein, sofern es unparfümiert und sanft formuliert sei. Soemantri betont: „Normales trockenes Toilettenpapier sollte nur in Situationen ohne andere Möglichkeit verwendet werden, da es die Haut durch die Reibung reizt und zu wunden Hautirritationen führen kann.“

Dermatologe: Trockenes Toilettenpapier nur in Ausnahmefällen

Der Hautarzt hat noch einen weiteren Tipp: „Eine Empfehlung ist es, normales Toilettenpapier für die Reinigung anzufeuchten, wodurch die Haut sanft und dennoch gründlich gereinigt werden kann. Hiernach ist es jedoch essenziell vorsichtig trocken zu tupfen.“

Wer als Deutscher im Urlaub eine Toilette aufsucht, erlebt in manchen Ländern eine Überraschung. (Illustration)

Wer als Deutscher im Urlaub eine Toilette aufsucht, erlebt in manchen Ländern eine Überraschung. (Illustration) © Sebastian Willnow/dpa/dpa-tmn

Bei der Frage, ob Papier oder Wasser, gibt es zudem noch den Umweltaspekt: So benötigen Dusch-WCs, Bidets und Bidethandbrausen zwar Wasser für die Reinigung – allerdings vermutlich weniger, als für die Produktion von Toilettenpapier nötig ist.