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Wie oft denken Männer an das Römische Reich? Das steckt hinter dem seltsamen TikTok-Trend

Saskia Muhs

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21.9.2023, 08:38 Uhr
Die Teilnehmer der Römer- und Germanentage 2023 im niedersächsischen Kalkriese denken womöglich öfter an das Alte Rom, als andere. 

© Friso Gentsch/dpa Die Teilnehmer der Römer- und Germanentage 2023 im niedersächsischen Kalkriese denken womöglich öfter an das Alte Rom, als andere. 

Es dauert meistens ein paar Tage, bis TikTok-Trends auf den Instagram-Accounts landen, doch auch dort sieht man die Videos mittlerweile überall: Männer werden gefragt, wie oft sie ans Römische Reich denken. Warum? Auch wir haben uns diese Frage gestellt und sind der Sache auf den Grund gegangen.

Um alle Leser und Leserinnen auf den gleichen Stand zu bringen: Wikipedia definiert das Römische Reich (lateinisch Imperium Romanum) "als das von den Römern, der Stadt Rom bzw. dem römischen Staat beherrschte Gebiet zwischen dem 8. Jahrhundert vor Christus und dem 7. Jahrhundert nach Christus, wobei eine eindeutige Abgrenzung weder zur vorrömischen Epoche noch zum Byzantinischen Reich möglich ist". So viel zu den harten Fakten.

Aber was verbindet man heutzutage damit? Spontan denke ich (weiblich) an eiserne Herrscher wie Caesar oder Nero, weiße Roben, Thermen, Wein, Gladiatoren, kolossale Bauwerke, Sklaverei und – warum auch immer – direkt an Sandalen. Außer dem Basiswissen aus dem Geschichtsunterricht, "Asterix und Obelix"-Comics und der ein oder anderen Fernsehdokumentation an einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa gibt es für diese Assoziationen allerdings keine Grundlage. Außer an besagten Sonntagen auf der Couch, denke ich nicht nennenswert viel über das Römische Reich nach - bis jetzt. Aber um mich als Frau geht es bei dem Trend auch nicht, sondern um die Männer und wie oft sie eigentlich über das alte Rom sinnieren.

So oft denken Nordbayern-Redakteure ans Römische Reich

Daher habe ich die Frage innerhalb der Redaktion mal an die Herren weitergegeben. Die Antworten lassen, ähnlich wie bei den Videos im Netz, schmunzeln:

Von durchaus plausiblen Antworten wie "Seit dem Trend definitiv öfter als vorher" oder "Ich hatte acht Jahre Lateinunterricht, da denke ich wirklich sehr oft daran" bis hin zu süffisanten Reaktionen wie "Schon mehrmals am Tag. Wenn ich meine eigenen Ländereien durchschreite auf jeden Fall" und "Tatsächlich nicht so oft, was gar nicht schlimm ist angesichts der 124 anderen Obsessionen, die ich mit mir herumschleppe" war alles dabei. Absurde Fragen fordern eben absurde Antworten. Aber woher kommt dieser Trend und was steckt überhaupt hinter dieser Frage? Die Antwort tatsächlich tiefgründiger als man meinen mag – dahinter steckt ein Diskurs über männliche Rollenbilder und Geschlechter-Klischees.

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Wenn man sich durch die Flut an Videos unter dem Hashtag "Römisches Reich" klickt, stellt man schnell fest, dass einige Männer sich scheinbar tatsächlich recht oft gedanklich im Imperium Romanum befinden – behaupten sie zumindest. Dahinter steckt aber nicht immer ein Fable für die Geschichte der Antike, sondern auch oft das Zurschaustellen der Männlichkeit. Das behauptet zumindest Hannah Cornwell, eine Historikerin der Universität Birmingham in einem Artikel der "Washington Post".

Das alte Rom steht für Männlichkeit

Laut Cornwell verbinden viele bestimmte Aspekte der römischen Geschichte mit der allgemeinen Idealvorstellung von Männlichkeit. Offenbar zutreffend, wenn man sich ein paar der eingangs genannten Assoziationen, zum Beispiel "eiserne Herrscher" und "Gladiatoren" bildlich vorstellt, sehen wohl viele vor ihrem inneren Auge, knallharte und muskelbepackte Typen in knappen Outfits. Ein bisschen differenzierter erklärt der deutsche TikToker David Matei alias "sicherheitspolitik" das Phänomen in einem Video:

@sicherheitspolitik

🏛️ Römisches Reich Trend Erklärt

♬ Originalton - David Matei

Laut Matei denke sogar jeder von uns mehrmals die Woche, mindestens indirekt, ans Römische Reich. Als Grund dafür nennt er die Verbindungen, die es selbst in unserer heutigen Gesellschaft noch mit dem antiken Rom gibt: Zum Beispiel das Alphabet, einige noch erhaltene Bauwerke oder Erfindungen wie die Fußbodenheizung. Ob man bei jedem Schritt über warme Fliesen auch gleichzeitig immer dankbar an die alten Römer denkt, bleibt fraglich. Aber wer hat eigentlich mit dem Trend angefangen?

Erfinder des Trends womöglich ein Geschichts-Nerd aus Schweden

Laut Recherchen des "Spiegel" geht der TikTok-Trend letztlich auf einen schwedischen Geschichts-Influencer namens Artur Hulu zurück. Sein Instagram-Account mit dem Namen "gaiusflavius" hat mehr als 100.000 Follower und beschäftigt sich – angesichts des Namens keine große Überraschung – viel mit der Antike und dem alten Rom.

Ende August lud er ein Video hoch, in dem er dazu aufruft, Männern die Frage zu stellen, wie oft sie ans Römische Reich denken. Er ist sich sicher "die Antworten werden uns überraschen". Laut dem Artikel der "Washington Post" bezieht er sich dabei auf die geschichtliche Faszination mit der Thematik und die Auswirkungen, die das Römische Reich noch heute auf unsere Gesellschaft habe.

Was auch immer dahinter stecken mag, denken derzeit sicherlich so viele Männer übe das Römische Reich nach wie schon bestimmt seit mehr als 1300 Jahren nicht mehr und viele ihrer Partner und Partnerinnen haben mal wieder einen Grund zum Wundern oder Schmunzeln. Da gab es wirklich schon schlimmere TikTok-Trends.

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