Wieder an der Uhr gedreht

Zeitumstellung: Gibt es wirklich gute Gründe dafür?

Alicia Kohl

Volontärin

E-Mail zur Autorenseite

Minh Anh Nguyen

Online-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

25.10.2024, 17:43 Uhr
Ende Oktober ist es wieder Zeit, um an der Uhr zu drehen.

© IMAGO/Michael Bihlmayer/IMAGO/Bihlmayerfotografie Ende Oktober ist es wieder Zeit, um an der Uhr zu drehen.

Am 27. Oktober ist es wieder so weit: Die Zeit wird umgestellt. Und zwar zurück. Um 3 Uhr wird die Uhr um eine Stunde zurückgedreht, es gibt in dieser Nacht also zweimal 2 Uhr. Das bedeutet, eine Stunde mehr Schlaf. Trotzdem wirft die Zeitumstellung den Rhythmus von vielen Menschen durcheinander – Zeitumstellungs-Jetlag sozusagen.

Zeitumstellung schon 1916 kontrovers

Auch deswegen kommen immer und immer wieder die Diskussion auf, warum man das überhaupt macht. Eingeführt wurde die Sommerzeit im Frühjahr 1916. Wie National Geographic berichtet, haben da das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn im Alleingang die Uhren in der Nacht vom 1. Mai eine Stunde vorgestellt, um Energie für die Materialschlachten des Ersten Weltkriegs zu sammeln.

Schon damals wurde die Zeitumstellung kontrovers diskutiert, Gegnerinnen und Gegner kritisierten, dass sie schlecht für den Körper sei und ein Nachteil für Menschen, die früh mit der Arbeit beginnen. Befürworterinnen und Befürworter lobten, dass Menschen durch die langen, hellen Abende mehr Licht und frische Luft bekämen und das gut für den Körper sei. Außerdem würde das Gewerbe und das Handwerk profitieren. An diesen Argumenten hat sich seitdem wenig geändert.

Gedankenexperiment: Was wäre, wenn wir unsere Uhr nicht mehr zurückstellen?

Doch was wäre, wenn die Zeitumstellung wirklich abgeschafft werden würde? Die Winterzeit wird gerne als Normalzeit bezeichnet, sollte die Zeitumstellung irgendwann tatsächlich abgeschafft werden, wäre es wahrscheinlich, dass man sich für diese entscheidet. Das würde aber auch bedeuten, dass die Sonne am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, in Nürnberg schon um 4.09 Uhr aufgehen würde, also lange bevor die meisten Menschen aufstehen. Dafür wären lange Sommerabende nicht mehr drin, Sonnenuntergang ist dann schon um 20.26 Uhr.

Würde man andersrum nur die Sommerzeit behalten, hätte aber auch das Folgen. Die Sonne würde im Winter extrem spät aufgehen - also noch später als sowieso schon. Am 21. Dezember, dem kürzesten Tag des Jahres, wäre in Nürnberg erst um 9.09 Uhr Sonnenaufgang. Wer um 8 Uhr in die Schule geht oder mit der Arbeit anfängt, ist also schon etwa zwei Stunden wach, bevor es überhaupt anfängt, hell zu werden. Untergehen würde die Sonne in Nürnberg dann um 17.19 Uhr. Allein wegen der Lichtverhältnisse ist die Zeitumstellung also zumindest hierzulande sinnvoll.

Uhren umstellen, um Energie zu sparen? Nicht wirklich

Die Behauptung, dass die Tageshelligkeit auszunutzen auch Energie spart, ist so einfach nicht zu belegen. "Die Umstellung führt an der einen Stelle zu einem geringeren und an der anderen zu einem höheren Verbrauch", fasst das Umweltbundesamt (UBA) zusammen. Auf der einen Seite wird die Tageshelligkeit während der Sommerzeit besser genutzt und damit Strom in den Abendstunden eingespart. Andererseits wird beim frühen Aufstehen im Frühjahr und Herbst mehr Heizenergie verbraucht.

Würde man in Europa auf die Zeitumstellung verzichten und stattdessen die ewige Sommerzeit behalten, wäre dies laut einer Analyse von Korbinian von Blanckenburg der energieärmste Weg, berichtet die "Deutsche Presseagentur" (dpa). Demgegenüber steht jedoch eine Arbeit, in welcher der Stromverbrauch in der Türkei gemessen wurde - dort wurde 2016 die Zeitumstellung abgeschafft. Die Wissenschaftler kamen hier zu dem Schluss, dass die Sommerzeit-Strategie zu nicht messbaren Energieeinsparungen führe.

EU stimmt gegen die Zeitumstellung

Die Zeitumstellung wird in der EU dennoch abgeschafft. 2018 hatte 84 % der Bürger bei einer Umfrage der EU-Kommission angegeben, dass sie gegen die Umstellung sind. Da die Länder sich aber nicht darauf einigen können, ob sie dauerhaft die Sommer- oder Winterzeit wollen, blieb das Vorhaben einer einheitlichen Zeit vorerst auf Eis.

Was ebenfalls hinzukommt ist, dass seitdem die EU 2019 das Ende der Zeitumstellung beschlossen hatte, der Prozess in Stocken geraten war. Ein Grund dafür war die Corona-Pandemie 2020, so der sächsische EU-Abgeordnete für die CDU in Brüssel, Peter Jahr, gegenüber dem "MDR". Trotz Corona hätte die Länder das Vorhaben längst umsetzen müssen. "Die Länder finden immer wieder Ausreden. Es geht einfach nicht voran."

5 Kommentare