Zum Menschenrechtspreis: Ein Appell für mehr faire Mode
27.9.2015, 06:00 UhrMit "tollen Schnäppchen und Aktionen" wollen Nürnbergs Einzelhändler am Sonntagnachmittag 150.000 Menschen in die Stadt locken. Viele Kunden werden gut bepackt und gut gelaunt mit Tüten voller neuer Herbst- und Winterkleider durch die Fußgängerzone flanieren – fair produzierte Shirts und Hosen werden allerdings eher selten darin sein. Wer nun aber glaubt, dass das dem Nürnberger Menschenrechtspreisträger Amirul Haque Amin, der ausgerechnet am gleichen Vormittag im Opernhaus ausgezeichnet wird, die Zornesröte ins Gesicht treibt, der irrt.
Der Präsident der Textilarbeitergewerkschaft in Bangladesch, der unermüdlich für bessere Arbeitsbedingungen in seinem Land kämpft, ist dazu viel zu sehr Realist. Er hält es nicht nur für sinnlos, sondern geradezu für schädlich, wenn Verbraucher aus Mitleid mit den Opfern des Fabrikeinsturzes von Rana Plaza sämtliche Kleidung aus Bangladesch boykottieren. In seiner sehr freundlichen, aber bestimmten Art sagt er, Verbraucher müssten jedoch ihre Macht nutzen, damit Textilarbeiter in seiner Heimat endlich von ihren Löhnen leben können.
Mit dem Nürnberger Menschenrechtspreis, der in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert, geht ja immer auch einher, dass sich die Stadtgesellschaft mit dem Thema, das der Preisträger symbolisiert, intensiv auseinandersetzt – ob bei der Friedenstafel, die sich am Sonntag direkt an die Fußgängerzone anschließt oder an den Ständen der Weltläden, die auf dem Hallplatz – mitten im Trubel – zu finden sein werden.
Die Macht der Verbraucher
Wie können Verbraucher Druck machen, damit ihre Mode fairer hergestellt wird? Indem sie in den Geschäften gezielt danach fragen, immer wieder. Nur dann wird sich das Angebot nicht mehr auf wenige Regale in einzelnen Modehäusern oder Nischen-Boutiquen beschränken. Auch eine E-Mail an die Lieblingsmarke ist hilfreich, in der man nachfragt, wie viel die Näherin in Asien an einem T-Shirt verdient. Und warum die Marke kein Fair-Trade-Siegel hat.
Lästig sein kann sich auszahlen – das zeigt der Markt für Bio-Produkte und/oder vegane Lebensmittel. Wo man sich noch vor 10, 15 Jahren vieles mühsam zusammensuchen musste – wie heute bei fairer Kleidung – bieten nun sogar Discounter vegane BioWürstchen an. Und zwar zu akzeptablen Preisen. Es muss auch bei fairer Mode möglich sein, diese nicht nur im Internet zu bekommen. Für den Einzelhandel wäre das eine große Chance, sich zu profilieren. Und beim nächsten verkaufsoffenen Sonntag könnte er faire Produkte gezielt bewerben.
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