Republikaner protestieren
37 Straftaten: Trump plädiert vor Gericht auf "nicht schuldig" in Dokumenten-Affäre
14.6.2023, 07:57 UhrAls erster Ex-Präsident der Vereinigten Staaten ist Donald Trump gestern vor einem Bundesgericht erschienen, um sich einer Anklage zu stellen. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber musste sich persönlich vor dem Gericht in Miami im Bundesstaat Florida einfinden, wo ihm offiziell die Vorwürfe in der Affäre um geheime Regierungsunterlagen eröffnet wurden.
Trump bekannte sich wie erwartet "nicht schuldig". Er äußerte sich vor Gericht aber nicht selbst, sondern ließ einen seiner Anwälte sprechen, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur aus dem Gerichtsgebäude berichtete.
Die Vorwürfe gegen Trump
Die Bundespolizei FBI hatte im August Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort zahlreiche Verschlusssachen aus seiner Amtszeit beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Mar-a-Lago ist auch ein Club mit Zimmern für zahlende Gäste und öffentlichen Veranstaltungen. Dadurch, dass Trump vertrauliche Regierungsdokumente nach seiner Amtszeit in privaten Räumen aufbewahrte, könnte er sich strafbar gemacht haben.
Vorgeworfen wird ihm eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen und die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchstsensibler Informationen. Darunter waren laut Anklage Details zu nuklearen Fähigkeiten der USA und anderer Staaten, zu militärischen Schwachstellen in der Verteidigung der Vereinigten Staaten und ihrer Partner sowie Informationen über potenzielle Militäraktionen.
In der Anklageschrift werden Trump sieben Kategorien von Vergehen und insgesamt 37 Straftaten zur Last gelegt. Die Details in dem 49-seitigen Papier sind brisant. So heißt es darin etwa, Trump habe Kisten mit Verschlusssachen in seinem Schlafzimmer, einem Badezimmer, einer Dusche, einem Ballsaal und einem Lagerraum aufbewahrt. Einige Kisten hätten zeitweise in einem Raum gestanden, in dem öffentliche Veranstaltungen stattfanden. Ein Lagerraum sei über einen öffentlichen Pool-Bereich einfach zu erreichen gewesen.
Die Ermittler führen in der Anklageschrift - unter anderem auf Basis von Tonaufnahmen - detailliert auf, wie Trump mit anderen Personen über Verschlusssachen sprach oder diese unbefugten Dritten zeigte.
Trump weist alle Vorwürfe vehement zurück und wertet die Anklage als politisch motivierten Versuch der Demokraten, ihn von einer zweiten Amtszeit im Weißen Haus abzuhalten. Er spricht von "politischem Auftragsmord" und "Kriegsführung" mit juristischen Mitteln.
Der Auftritt vor Gericht
Unterstützer des Republikaners versammelten sich vor dem Gerichtsgebäude, um gegen die Anklage zu protestieren. Sie bejubelten den Ex-Präsidenten bei dessen Ankunft und Abfahrt. Radikale Unterstützer Trumps hatten zuvor martialische Töne angeschlagen, was Ängste vor möglicher Gewalt rund um das Erscheinen Trumps vor Gericht auslöste. Es kam jedoch nicht zu größeren Zwischenfällen.
Das Prozedere vor Gericht fand hinter verschlossenen Türen statt. Trump musste zunächst Fingerabdrücke abgeben, wie ein Gerichtsmitarbeiter auf Nachfrage erklärte. Ein Polizeifoto sei von ihm aber nicht gemacht worden, anders als das sonst für Beschuldigte bei solchen Terminen üblich ist. Dem Ex-Präsidenten wurden erwartungsgemäß auch keine Handschellen angelegt.
Auch im Gerichtssaal waren keine Kameras zugelassen, elektronische Geräte im gesamten Gebäude verboten. Daher wurden Details aus der Sitzung zum Teil erst mit etwas Verzögerung publik. Wie die dpa-Reporterin aus dem Gericht berichtete, wies der Richter die Staatsanwaltschaft an, eine Liste potenzieller Zeugen zu erstellen, mit denen Trump nicht über den Fall kommunizieren dürfe. Auf dieser Liste müsse auch Trumps Assistent Walt Nauta stehen, der in dem Fall ebenfalls angeklagt wurde. Trump dürfe die Vorwürfe mit Nauta und den Zeugen auf der Liste nur über einen Anwalt diskutieren.
Die Trump-Show danach
Nach der Sitzung durfte Trump das Gericht wieder verlassen. Der Republikaner fuhr mit seiner Fahrzeugkolonne aus der Tiefgarage des Gebäudes und macht kurz darauf Halt in einem Restaurant, wo er sich von Anhängern feiern ließ. In dem Lokal im Stadtviertel Little Havanna in Miami machten Sympathisanten Fotos mit Trump und klatschten. Der Ex-Präsident winkte und rief "Essen für alle".
Im Anschluss flog er von Florida nach New Jersey, wo er sich in seinem Golfclub in Bedminster vor Anhängern angriffslustig präsentiert. "Sie wollen mir meine Freiheit wegnehmen, denn ich werde niemals zulassen, dass sie euch eure Freiheit wegnehmen", sagte Trump unter dem Jubel seiner Unterstützer. "Sie wollen mich zum Schweigen bringen, weil ich niemals zulassen werde, dass sie euch zum Schweigen bringen."
Trump heizte seine Anhänger an und sagte einmal mehr: "Ihr wisst, dass sie nicht hinter mir her sind. Sie sind hinter euch her und ich stehe ihnen nur zufällig im Weg." Er werde nie weichen, sagte der republikanische Präsidentschaftsbewerber. "Ich bin der einzige, der diese Nation retten kann." Mit Blick auf den Termin der nächsten Präsidentschaftswahl rief er: "Am 5. November 2024 wird der Gerechtigkeit Genüge getan."
Trump wettert gegen US-Präsident Biden
Trump verunglimpfte US-Präsident Joe Biden einmal mehr als "korrupt" und beschuldigte den demokratischen Amtsinhaber, dieser wolle ihn als politischen Konkurrenten aus dem Weg räumen und versuche, "gemeinsam mit einer Bande von Verbrechern und Marxisten" die amerikanische Demokratie zu zerstören. Den Sonderermittler in der Affäre um Trumps Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen, Jack Smith, beschimpfte der Republikaner erneut als "geistesgestört" und "Verbrecher". Trump sagte, er werde im Fall einer Wiederwahl seinerseits einen Sonderermittler ernennen, der gegen Biden und dessen "Verbrecherfamilie" vorgehen werde.
Der Republikaner hatte im November offiziell angekündigt, bei der Präsidentenwahl 2024 erneut anzutreten. Im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber liegt er Umfragen zufolge klar vorne. Für die Demokraten bewirbt sich Präsident Joe Biden um eine zweite Amtszeit.
Trump war im April bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar auf bundesstaatlicher Ebene in New York angeklagt worden - dies war die erste Anklage gegen einen Ex-US-Präsidenten überhaupt. Auch in New York verzichteten die Behörden bei Trump auf Handschellen und ein Polizeifoto. Mit der Dokumenten-Affäre folgte innerhalb weniger Wochen dann die erste Anklage gegen einen ehemaligen US-Präsidenten auf Bundesebene. Es wird auch noch in anderen Fällen gegen Trump ermittelt. Bislang wiegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den geheimen Regierungsunterlagen juristisch am schwersten.