"Unerträglich und unverschämt"

AfD-Spekulationen und „Show“: Innenminister weist Partei in die Schranken

19.02.2025, 19:40 Uhr
Rettungskräfte stehen am Einsatzort unweit des Stiglmaierplatz. In der Münchner Innenstadt ist ein Fahrzeug in eine Menschengruppe gefahren.

© Matthias Balk/dpa Rettungskräfte stehen am Einsatzort unweit des Stiglmaierplatz. In der Münchner Innenstadt ist ein Fahrzeug in eine Menschengruppe gefahren.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat von der AfD verbreitete Spekulationen über den Todeszeitpunkt der Münchner Anschlagsopfer aufs Schärfste zurückgewiesen. Dies sei unglaublich und unerträglich, kritisierte Herrmann im Landtag in München.

Er sagte in Richtung der AfD: "Wenn man geistig so eng befreundet ist mit Herrn Putin und anderen, dann können eine solche Manipulation vielleicht in die Gedanken kommen." Redner anderer Fraktionen warfen AfD-Politikern vor, das Leid der Todesopfer und der Verletzten eiskalt für ihre parteipolitischen Zwecke zu missbrauchen.

Ein 24-jähriger Afghane war am vergangenen Donnerstag mit seinem Auto in der Münchner Innenstadt in eine Menschenmenge gefahren. Eine Mutter und ihre zweijährige Tochter starben zwei Tage später im Krankenhaus, 37 weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. Der 24-Jährige sitzt in Untersuchungshaft.

Herrmann: AfD-Vorgehen "völlig unerträglich und unverschämt"

Herrmann berichtete nun im Landtag, er habe parlamentarische Anfragen der AfD zum Todeszeitpunkt der beiden Opfer erhalten. Zudem würden seit dem Wochenende "in unerträglicher Art und Weise" Spekulationen auf Social Media verbreitet, dass die Staatsregierung angeblich auf eine mehrtägige Nichtbekanntgabe des Todes der beiden Opfer gedrungen hätte. So hatte der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Sichert auf X geschrieben: "Offenbar sind die Opfer in München schon vor Tagen gestorben, doch die Öffentlichkeit sollte es nicht erfahren."

Herrmann nannte im Landtag nun die genauen Uhrzeiten der amtlichen Todesfeststellung für Mutter und Tochter - am Samstagmittag beziehungsweise am Samstagnachmittag. "Es ist schlimm genug, dass wir über sowas überhaupt reden müssen." Die AfD wisse genau, dass dies Sache eines Arztes sei. Und ob beispielsweise Maschinen abgeschaltet würden, "das entscheidet, und das wissen Sie ganz genau, in unserem Land niemals ein Politiker, sondern das entscheidet der Arzt und das entscheiden die Angehörigen". Es sei "völlig unerträglich und unverschämt", derlei Spekulationen in die Welt zu setzen.

Streit über AfD-Gedenken

Mehrere weitere Redner griffen die AfD ebenfalls scharf an. Markus Rinderspacher (SPD) warf der Partei eine "niederträchtige Verhöhnung der Opfer" vor, Florian Siekmann (Grüne) eine eiskalte Anstandslosigkeit.

Die AfD hatte sich beschwert, weil sie keine Blumen direkt am Anschlagsort habe ablegen können, sondern von der Polizei unter Hinweis auf andere Demonstranten daran gehindert worden sei.

Unter Erklärungsnot kam die AfD dann durch ein Video in den sozialen Medien, auf dem ein Abgeordneter mit der Aussage zu sehen und zu hören ist, das könne man "gut verwerten". Der AfD-Landesvorsitzende Stephan Protschka spricht dort von einer "Show".

Später verteidigte Protschka die Wortwahl auf Nachfrage damit, dass man Rosen und Totenlichter nicht in Ruhe habe ablegen können. "Die bescheidene Situation war eine schlechte Show der Polizei München", argumentierte er.

Christoph Maier (AfD) sagte im Landtag: "Es waren preußische Polizeikräfte aus Berlin, die die bayerische Opposition daran gehindert haben, ihre demokratischen Rechte hier in München wahrzunehmen."

Herrmann wies derlei Kritik deutlich zurück - unter anderem mit dem Hinweis, dass zehn Meter dabei nicht entscheidend seien. Auf die Frage nach der Herkunft der Beamten sagte er, daraus ein "derartiges Theater" zu machen, könne er nicht nachvollziehen.