Anschlag in Deutschland verhindert: Ziel war wohl Berlin
10.10.2016, 21:30 UhrDer 22-jährige Syrer Dschaber Al-Bakr habe konkrete Pläne verfolgt und Vorbereitungen getroffen, sagte Sachsens Innenminister Markus Ulbig am Montag. "Wir hatten Hinweise - nachrichtendienstliche Hinweise -, dass er zunächst einmal Züge in Deutschland angreifen wollte. Zuletzt konkretisierte sich dies mit Blick auf Flughäfen in Berlin", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen am Montag der ARD.
Vorgehensweise und Verhalten des Verdächtigen sprächen für einen "IS-Kontext", sagte der Leiter des Landeskriminalamtes (LKA), Jörg Michaelis. Die sichergestellten 1,5 Kilogramm Sprengstoff sind wohl identisch mit dem, den IS-Terroristen in Frankreich und Belgien verwendet haben.
"Die Ermittlungen zeigen, dass solche Taten, wie wir sie in Frankreich und Belgien gesehen haben, auch in Deutschland nicht auszuschließen sind", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Es herrsche eine "unverändert hohe Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schloss zur Terrorabwehr auch Gesetzesverschärfungen nicht aus. "Wir müssen alles Menschenmögliche tun, notfalls dann auch die Gesetze verändern, um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten."
Wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. Al-Bakr wird der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verdächtigt. Nach Verkündung des Haftbefehls durch einen Amtsrichter am Montag in Dresden befindet er sich in Untersuchungshaft.
Der 22-Jährige war in der Nacht in Leipzig festgenommen worden. Zwei Syrer hatten ihn nach eigenen Angaben in einer Wohnung im Nordosten der Stadt überwältigt, gefesselt und der Polizei übergeben. "Er hat versucht, uns mit Geld zu bestechen", sagte einer von ihnen dem Sender RTL. "Wir haben ihm gesagt, du kannst uns so viel Geld geben wie du willst, wir lassen dich nicht frei." Sein Anruf bei der Polizei sei zunächst aufgrund von Verständigungsproblemen erfolglos geblieben. Daraufhin sei er mit einem Foto von Al-Bakr zu einem Polizeirevier gefahren. "Ich war total wütend auf ihn. So etwas akzeptiere ich nicht - gerade hier in Deutschland, dem Land, das uns die Türen geöffnet hat", sagte Mohammed A.
Merkel dankt "mutigem Mitbürger"
Merkel dankte dem Syrer, dessen Hinweis zur Festnahme geführt habe. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) lobte ihn als "mutigen und verantwortungsbewussten" Mitbürger.
Maaßen zufolge ging im September beim Verfassungsschutz ein Hinweis auf IS-Anschlagsplanungen gegen die Infrastruktur in Deutschland ein, am vergangenen Donnerstag sei es schließlich gelungen, Al-Bakr zu identifizieren. Bei der daraufhin eingeleiteten Observierung sei festgestellt worden, dass er Heißkleber gekauft habe. "Und unverzüglich haben wir dann alle Maßnahmen in Bewegung gesetzt, damit ein Zugriff erfolgte, weil wir davon ausgingen: Dies kann im Grunde genommen die letzte Chemikalie sein, die für ihn notwendig war, um eine Bombe herzustellen", so Maaßen in der ARD.
Die Fahndung nach Al-Bakr hatte die Sicherheitsbehörden nach einem missglückten Zugriff am Samstagmorgen in Chemnitz das ganze Wochenende in Atem gehalten. Nach einem Hinweis der Bundesamtes für Verfassungsschutz sollte ein Spezialeinsatzkommando den Verdächtigen in einer Wohnung im Chemnitzer Stadtteil Kappel festnehmen. Das klappte aber nicht, ein verdächtiger Mann entkam trotz eines Warnschusses der Beamten. Ob es sich bei dem Mann um Al-Bakr handelte, sei noch unklar, so LKA-Chef Michaelis.
In der Wohnung fanden die Beamten 1,5 Kilogramm eines hochexplosiven Sprengstoffs. "Die vor Ort befindlichen Spezialisten des Landeskriminalamtes schlussfolgerten, dass es sich hierbei um TATP handeln könnte", sagte Michaelis. "Diese Art würde dem verwendeten Sprengstoff bei den Attentaten von Paris und Brüssel entsprechen." Außerdem seien Metallteile wie Muttern und zwei Zünder entdeckt worden.
Der 33 Jahre alte Wohnungsmieter wurde als möglicher Komplize in Untersuchungshaft genommen. Den Angaben zufolge ist Khalil A. wie Al-Bakr als syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommen, aber erst Ende November 2015. Im Juli sei er aus Nordrhein-Westfalen nach Sachsen gezogen, sagte Ulbig. Al-Bakr war im Februar 2015 über München nach Chemnitz gelangt, seit März lebte er im nordsächsischen Eilenburg.
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