Besuch in der Ukraine

Baerbock in Kiew: Die Hilfe des Westens scheint Erfolge zu bringen - langsam

Alexander Jungkunz

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11.9.2023, 15:55 Uhr
Zum vierten Mal in Kiew: Annalena Baerbock trifft Wolodymyr Selenskyj.

© IMAGO/Dominik Butzmann, IMAGO/photothek Zum vierten Mal in Kiew: Annalena Baerbock trifft Wolodymyr Selenskyj.

Zum vierten Mal besucht Außenministerin Annalena Baerbock Kiew. Und Verteidigungsminister Boris Pistorius macht Station bei Diehl Defense, dem Rüstungs-Teil des Konzerns mit Sitz in Röthenbach bei Nürnberg. Zwei Termine am gleichen Tag, die zeigen: Doch, es gibt ihn noch. Und er wütet, er tobt, er vernichtet, er zerbombt, er verwüstet: der Krieg in der Ukraine. Manchmal gerät dieser Krieg bei uns in Vergessenheit. Auch das gehört zu Putins Kalkül: sein Spiel auf Zeit. Er will, dass es mehr und mehr Menschen in Deutschland einfach nervt, dass dieser Krieg noch da ist. Dass sie sagen: Schluss damit, wir pumpen da viel zu viel Geld hinein.

Zu Besuch in Röthenbach: Verteidigungsminister Boris Pistorius bei Diehl Defense.

Zu Besuch in Röthenbach: Verteidigungsminister Boris Pistorius bei Diehl Defense. © Nicole Netter, NN

Tatsächlich ist dieses Schlachten fürchterlich. Momentan sieht es so aus, als zeige die ukrainische Gegenoffensive Erfolge, von Rückeroberungen im Süden und Osten ist die Rede, und die Militärs benennen die Quadratkilometer-Größen, um die es geht. Die Zahl der getöteten Soldaten nennen sie nicht. Sie dürfte beim jetzigen Vorgehen noch höher sein als beim Angriff der Russen: Die Verluste der Erobernden sind in der Regel größer als die der Verteidigenden.

Wer wünschte sich keinen Waffenstillstand?

Den Wunsch nach einem Waffenstillstand, je früher, desto besser - wer würde nicht verstehen, was unter anderen Margot Käßmann kürzlich forderte? Die entscheidende Frage bleibt: Ist derjenige dazu bereit, der von heute auf morgen den Krieg beenden könnte, den er begonnen hat? Will Putin verhandeln, will er Kompromisse ausloten? Kürzlich wagte sich der ukrainische Präsident Selenskyj etwas aus der Deckung: Er deutete eine diplomatische Lösung für die Krim an. Bisher pochte er stets auf die komplette Rückeroberung besetzten Terrains. Kiew ist schon deshalb gesprächsbereiter als es scheint, weil man dort weiß: Der Westen liefert Waffen - aber nur mit Bedingungen, das zeigt das Ringen um immer neue ukrainische Forderungen. Und die offene Frage ist: Werden die USA unter einem möglichen Präsidenten Trump oder einem anderen Republikaner weiter Kiew unterstützen? Eher nicht.

Putin wird jetzt den noch weit mehr isolierten nordkoreanischen Diktator Kim empfangen, der Russland Waffen liefern will. Nichts deutet darauf hin, dass der Kreml einlenkt. Gerade hat Putin den in der Ukraine kämpfenden hohen Militär Andrej Mordwitschew zum Generaloberst befördert - einen Mann, der in einem Interview sagte, die Ukraine sei "nur der Anfang", der Krieg dort werde "nicht aufhören".

Was wäre die Alternative?

Wer Putins Agieren verfolgt, kann sich leicht ausmalen, was ein zu leichtfertiges Nachgeben bewirken kann: ein Ausweiten der Aggression. So schwierig, so blutig es ist: Womöglich stimmt es, dass er nur die Sprache der Gewalt versteht und vielleicht dann einlenkt, wenn die Ukraine mit Hilfe des Westens ihn noch mehr unter Druck setzt. Was, bitte, wäre die Alternative?

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