Beschlüsse nach Kabinettstagung

Bars und Kneipen in Bayern dürfen öffnen: Das müssen Sie wissen

Ralf Müller

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27.7.2021, 15:26 Uhr
Hubert Aiwanger (l, Freie Wähler) und Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident von Bayern, nehmen nach der Kabinettssitzung, die im Hofgarten des Regierungssitz stattfand, an einer abschließenden Pressekonferenz teil. Im Mittelpunkt stand erneut die Corona-Krise.

© Peter Kneffel, dpa Hubert Aiwanger (l, Freie Wähler) und Markus Söder (r, CSU), Ministerpräsident von Bayern, nehmen nach der Kabinettssitzung, die im Hofgarten des Regierungssitz stattfand, an einer abschließenden Pressekonferenz teil. Im Mittelpunkt stand erneut die Corona-Krise.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat eindringlich davor gewarnt, die Zeit für die weitere Bekämpfung der Corona-Pandemie bis zum Herbst untätig verstreichen zu lassen. Wer hoffe, dass "der Corona-Kelch vor der Bundestagswahl an uns vorbeigeht", werde sich täuschen, sagte Söder nach der letzten Schalte des bayerischen Ministerrats am Dienstag in München: "Wir können nicht einfach nur abwarten, was im Herbst passiert."

Erneut stellte sich Söder hinter das Konzept von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), ab Herbst den vollständig gegen Corona Geimpften Vorteile zuzugestehen. Wenn jeder die Gelegenheit hatte, sich vollständig impfen zu lassen, müssten die Immunisierten vorübergehend eingeschränkte Rechte wieder erhalten, sagte Söder. Im Übrigen sei er "gegen jede Form von Impfpflicht, aber auch gegen Prämien" für das Impfen. Der bayerische Ministerpräsident wiederholte seine Forderung, der Staat solle die Kosten für Corona-Tests nicht mehr übernehmen, sobald sich jeder impfen lassen konnte. Immerhin koste ein PCR-Test zwischen 55 und 60 und ein Schnelltest zwischen zehn und elf Euro. Der Staat könne das auf Dauer nicht bezahlen.

Söder bedauerte, dass aus der dritten Corona-Welle, die sich nach dem Reisesommer 2020 entwickelt hat, nicht hinreichend Lehren gezogen werden. Wenn eine Einreise-Verordnung, die verbindliche Corona-Tests für Urlaubsrückkehrer vorsieht, angeblich aus rechtlichen Gründen erst nach dem 11. September in Kraft treten solle, dann sei dies zu spät, weil die Ferien vorbei seien. "Es ist halt alles wieder sehr spät", bedauerte Söder. Die Ferientermine seien schließlich "nicht vom Himmel gefallen". Bayern werde nicht wie 2020 eigene Teststationen aufbauen, aber intensive Stichproben bei den Rückreisenden vornehmen. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz, die auf den 15. August vorgezogen werden soll, müsse wenigstens zu einer "klaren Linie" finden, forderte Söder.

Söder: Es wird nicht reichen

Wegen einer entsprechenden Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) sah sich das Kabinett gezwungen, Änderungen an der noch bis 25. August geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Bayerns vorzunehmen. Der BayVGH hatte die weitere Schließung von Bars und Schankwirtschaften ("Kneipen") als nicht mehr verhältnismäßig beanstandet. Diese Lokalitäten dürfen jetzt auch ihre Innenräume öffnen, allerdings muss die Bedienung am Tisch erfolgen, Abgabe und Verzehr von Getränken an der Theke oder am Tresen sind nicht zulässig.

An den Hochschulen sind Präsenzveranstaltungen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von nicht mehr als 100 auch dann möglich, wenn der Mindestabstand von 1,5 Meter nicht zwischen allen Studierenden durchgängig eingehalten werden kann. Im Übrigen bleibt es bei den bestehenden Vorgaben, insbesondere bei der FFP2-Maskenpflicht.

Für die ersten Unterrichtswochen nach dem Schulstart im September gilt als besondere Schutzmaßnahme an den bayerischen Schulen eine inzidenzunabhängige Maskenpflicht auch wieder am Platz. Die Söder-Regierung sprach sich dafür aus, allen Schülern ab zwölf Jahren in Bayern in den Impfzentren ein Impfangebot ab Mitte August 2021 zu machen. Die Impfzentren im Freistaat werden bis April 2022 weitergeführt, allerdings "in flexibler Form". "Wird das alles reichen?", fragte Söder und gab sich selbst die Antwort: "Ich befürchte nicht."

Jahrzehnte Buddeln an der Donau

Ausgestanden ist jetzt die jahrelange Debatte um Flutpolder an der Donau. Der Ministerrat beauftragte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), das Flutpolderprogramm an der Donau mit den neun Standorten Leipheim, Helmeringen, Neugeschüttwörth, Bertoldsheim, Riedensheim, Großmehring, Katzau, Wörthhofgroß und Öberauer Schleife fortzuführen. Bei der Umsetzung des Flutpolderprogramms sollen die Flutpolder Wörthhof und Bertoldsheim (Baubeginn frühestens 2031 beziehungsweise 2032) als letzte zu realisiert werden.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der sich jahrelang gegen den Bau von bestimmten Poldern gestemmt hatte, begründete den langen Bauzeitraum mit den begrenzten Kapazitäten der beteiligten Behörden, der Baufirmen und des Haushalts. Eine "große Taktik" sei nicht dahinter, versicherte Aiwanger: "Es kann nicht alles auf einmal gemacht werden." Die lange Diskussion habe sich insofern gelohnt, als nun in Wörthhof nur ein statt der ursprünglich geplanten zwei Polder realisiert werden sollen.

Die Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aber auch der "ganz große Warnschuss" (Aiwanger) vom bayerischen Simbach aus dem Jahr 2016 veranlassen die Staatsregierung, die Gewässer dritter Ordnung besonders unter die Lupe zu nehmen. Für den Hochwasserschutz an diesen kleineren Bächen sind die Kommunen zuständig. Der Freistaat habe dafür zwar ein Programm mit hohen Summen aufgelegt, diese würden aber nur unzureichend abgerufen, sagte Aiwanger. Schließlich will Bayern mit einem "Sirenen-Programm" die Zahl der noch installierten Sirenen auf etwa 26.000 verdoppeln. Sogenannte "Push-SMS" brauche man auch, aber er wisse selbst, dass seine Kabinettsmitglieder nicht immer gleich auf seine "Push-SMS" reagierten, scherzte Söder.

"Gewisse Stimmungsschwankungen"

Für die - voraussichtlich - sitzungsfreie Zeit fand Söder lobende Worte für sein Kabinett und den Koalitionspartner Freie Wähler. Trotz "gewisser Stimmungsschwankungen" sei die Regierung stets handlungsfähig gewesen. Er gehe davon aus, dass man nach der Bundestagswahl "noch etwas ruhiger" zusammenarbeiten und sich "noch intensiver der Sacharbeit widmen" könne. Auch Söders Stellvertreter und Freie Wähler-Parteivorsitzender Aiwanger gab sich versöhnlich. Auch innerhalb von Parteien gebe es "die einen oder anderen Scharmützel. Angesichts der Umstände habe man sich "erstaunlich gut durchmanövriert."

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