Boris Pistorius konnte sich nicht durchsetzen
Bedingt verteidigungswillig: Ausgaben für Bundeswehr werden wieder zum Spielball
22.8.2023, 15:57 UhrLässt der viel beschworene neue deutsche Verteidigungswille schon wieder nach? Dieser Verdacht drängt sich eineinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durchaus auf. Denn eines der hochgesteckten Ziele wurde jetzt wieder gestrichen: Die Zwei-Prozent-Quote für Verteidigungsausgaben soll nicht wie vorgesehen im Haushaltsgesetz festgeschrieben werden. Das hätte diesem Ausgabenposten eine gewisse Stabilität verliehen.
Da helfen die Beteuerungen der Bundesregierung nicht viel, dass man auch ohne eine solche Selbstverpflichtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Bundeswehr investieren will. Der Wille mag durchaus vorhanden sein, aber angesichts klammer Kassen ist die Neigung immer groß, Versprechungen zu brechen und Etats zusammenzustreichen.
Die Nato-Partner, von denen viele dem Zwei-Prozent-Ziel deutlich näher sind als Deutschland, reiben sich mal wieder die Augen. Die Bundesrepublik stand schon seit jeher in dem Ruf, sich gerade um Investitionen in den Verteidigungsetat zu drücken, wo es nur geht.
Kein Zahlenfetischismus
Klar, man muss keinen Zahlenfetischismus betreiben. Auch mit 1,8 Prozent kann man bei vernünftiger Ausgabenpolitik eine abwehrbereite Bundeswehr haben und mit 2,2 Prozent kann es nicht funktionieren. Aber trotzdem bleibt es eine Tatsache, dass sich die Nato-Mitglieder schon 2006 nach langen Diskussionen auf die Zielmarke von zwei Prozent geeinigt haben.
Sollte ab 2025 Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein, dann dürfte es nicht lange dauern, bis er die Deutschen wieder an die Quote erinnert. Ziemlich sicher würde er das mit dem ihm eigenen Robustheit und Derbheit tun - und entsprechende Drohungen hinterherschicken.
Man kann es sich regelrecht vorstellen, wie er mit den Worten „Olaf, you got to pay“ („Olaf, zahle endlich“) dem Bundeskanzler entgegentritt und ihm ankündigt, bei Nichterfüllung des Versprechens amerikanische Truppen aus Deutschland abzuziehen.
Sondervermögen hilft noch
Noch sorgt das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro dafür, dass das Zwei-Prozent-Ziel mit einigem Schönrechnen erfüllt werden kann. Doch dann muss wieder in jedem Haushalt aufs Neue ausgehandelt werden, ob genügend Geld für die Landesverteidigung vorhanden ist.
Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte sich für die gescheiterte Festlegung im Haushaltsgesetz stark gemacht. Damit hat der Star des Kabinetts politisch einen ersten Dämpfer erfahren. Eigentlich kann es sich die Ampel-Regierung nicht leisten, einen ihrer wenigen beliebten Minister so vorzuführen. Aber nun ist es geschehen.