Biden ist neuer US-Präsident: Das ändert sich

5.11.2020, 18:52 Uhr
Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass Joe Biden der nächste amerikanische Präsident wird, desto mehr stellen sich für die deutsche Politik einige wichtige Fragen. Der größte und am schnellsten auffallende Unterschied zu Donald Trump dürften sein Auftreten und der Umgang mit anderen Staats- und Regierungschefs sein. Kaum vorstellbar, dass Joe Biden Angela Merkel den Handschlag für die Fotografen verweigert oder auf einem Gipfel einfach einen anderen Politiker wie den Premierminister von Montenegro zur Seite schubst, um in die erste Reihe zu kommen. Ein wichtiges Signal könnte es auch sein, dass Biden Deutschland sehr früh nach seiner Ernennung einen Besuch abstattet. Trump war überhaupt nur ein einziges Mal in die Bundesrepublik gekommen. Dass er der größte, der schlaueste oder der smarteste Politiker ist, dürfte man von seinem möglichen Nachfolger nie hören. 
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Umgang mit anderen Staats- und Regierungschefs

Je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass Joe Biden der nächste amerikanische Präsident wird, desto mehr stellen sich für die deutsche Politik einige wichtige Fragen. Der größte und am schnellsten auffallende Unterschied zu Donald Trump dürften sein Auftreten und der Umgang mit anderen Staats- und Regierungschefs sein. Kaum vorstellbar, dass Joe Biden Angela Merkel den Handschlag für die Fotografen verweigert oder auf einem Gipfel einfach einen anderen Politiker wie den Premierminister von Montenegro zur Seite schubst, um in die erste Reihe zu kommen. Ein wichtiges Signal könnte es auch sein, dass Biden Deutschland sehr früh nach seiner Ernennung einen Besuch abstattet. Trump war überhaupt nur ein einziges Mal in die Bundesrepublik gekommen. Dass er der größte, der schlaueste oder der smarteste Politiker ist, dürfte man von seinem möglichen Nachfolger nie hören.  © Maurizio Gambarini, NN

Seine freundlichere Sprache darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Joe Biden von den europäischen Nato-Partnern mehr Engagement verlangen wird. Das hatte ja auch schon Barack Obama getan, dessen Vizepräsident er gewesen war. Und in Wahrheit sehen auch viele Vertreter der GroKo ein, dass sie mehr tun müssen, um dem Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben näher zu kommen. Eines wird ein demokratischer Präsident nicht tun: die Nato als solche anzweifeln. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton hatte enthüllt, dass sein Chef kurz davor gewesen sei, mit einem Austritt der USA zu drohen. Unvorstellbar bei dem Transatlantiker Biden.
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Mehr Engagement von Nato-Partnern

Seine freundlichere Sprache darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Joe Biden von den europäischen Nato-Partnern mehr Engagement verlangen wird. Das hatte ja auch schon Barack Obama getan, dessen Vizepräsident er gewesen war. Und in Wahrheit sehen auch viele Vertreter der GroKo ein, dass sie mehr tun müssen, um dem Zwei-Prozent-Ziel für Verteidigungsausgaben näher zu kommen. Eines wird ein demokratischer Präsident nicht tun: die Nato als solche anzweifeln. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton hatte enthüllt, dass sein Chef kurz davor gewesen sei, mit einem Austritt der USA zu drohen. Unvorstellbar bei dem Transatlantiker Biden. © Thierry Monasse, dpa

Spannend wird es sein, wie sich ein neuer Präsident wirtschaftspolitisch aufstellt. Beobachter gehen davon aus, dass er die Trump'sche Politik der Strafzölle keinesfalls komplett abwickeln kann oder will. Im Falle Europas beträfe das unter anderem die Abgaben für Stahllieferungen. Auch gegenüber China müsste Biden weiterhin eine gewisse Härte zeigen, um sich gegenüber der amerikanischen Bevölkerung nicht komplett unmöglich zu machen, die mehrheitlich genau das fordert. Wegfallen dürfte allerdings das erratische, zufällige Moment von Donald Trumps Vorgehen. Er ließ sich häufig nicht beraten, weil er dachte, als perfekter "Dealmaker" alles selbst entscheiden zu können.
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Wirtschaftspolitische Aufstellung

Spannend wird es sein, wie sich ein neuer Präsident wirtschaftspolitisch aufstellt. Beobachter gehen davon aus, dass er die Trump'sche Politik der Strafzölle keinesfalls komplett abwickeln kann oder will. Im Falle Europas beträfe das unter anderem die Abgaben für Stahllieferungen. Auch gegenüber China müsste Biden weiterhin eine gewisse Härte zeigen, um sich gegenüber der amerikanischen Bevölkerung nicht komplett unmöglich zu machen, die mehrheitlich genau das fordert. Wegfallen dürfte allerdings das erratische, zufällige Moment von Donald Trumps Vorgehen. Er ließ sich häufig nicht beraten, weil er dachte, als perfekter "Dealmaker" alles selbst entscheiden zu können. © Kay Nietfeld, dpa

In den zurückliegenden vier Jahren war der Umgang der USA mit internationalen Organisationen von unverhohlener Verachtung geprägt. Die Regierung stieg in Serie aus solchen Institutionen aus. Beispiele: die Rüstungskontrollvereinbarung "Open Skies", die Bildungsorganisation Unesco, der UN-Menschenrechtsrat und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Schon alleine die Tatsache, dass man in solchen Gremien Rücksichten nehmen muss, war Donald Trump ein Greuel. Er setzte stets auf bilaterale Regelungen zwischen zwei Staaten, in denen die USA fast immer die Position des stärkeren Partners einnehmen konnte. Biden dürfte das alles zurücknehmen und so auch den Einfluss Chinas wieder beschränken, der das amerikanische Vakuum zunehmend gefüllt hatte.
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Umgang mit internationalen Organisationen

In den zurückliegenden vier Jahren war der Umgang der USA mit internationalen Organisationen von unverhohlener Verachtung geprägt. Die Regierung stieg in Serie aus solchen Institutionen aus. Beispiele: die Rüstungskontrollvereinbarung "Open Skies", die Bildungsorganisation Unesco, der UN-Menschenrechtsrat und die Weltgesundheitsorganisation WHO. Schon alleine die Tatsache, dass man in solchen Gremien Rücksichten nehmen muss, war Donald Trump ein Greuel. Er setzte stets auf bilaterale Regelungen zwischen zwei Staaten, in denen die USA fast immer die Position des stärkeren Partners einnehmen konnte. Biden dürfte das alles zurücknehmen und so auch den Einfluss Chinas wieder beschränken, der das amerikanische Vakuum zunehmend gefüllt hatte. © JOE RAEDLE, AFP

Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Präsident hat Joe Biden etwas angekündigt, das Donald Trump besonders schmerzen wird: Er will sofort dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten, aus dem sich die USA verabschiedet hatten. Sogar die Tage bis zu diesem Zeitpunkt rechnete der Demokrat auf Twitter schon vor. Biden plant für die USA ein umfassendes Programm zum Klimaschutz. In einer der beiden Fernsehdebatten kündigte er an, die Fördermaßnahmen für die Ölindustrie einzuschränken und brachte sich damit gegenüber den Wählern einiger US-Staaten in ernsthafte Schwierigkeiten. Von den Forderungen europäischer Klimaschützer ist er trotzdem noch weit entfernt.  
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Pariser Klimaabkommen wieder beitreten

Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Präsident hat Joe Biden etwas angekündigt, das Donald Trump besonders schmerzen wird: Er will sofort dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten, aus dem sich die USA verabschiedet hatten. Sogar die Tage bis zu diesem Zeitpunkt rechnete der Demokrat auf Twitter schon vor. Biden plant für die USA ein umfassendes Programm zum Klimaschutz. In einer der beiden Fernsehdebatten kündigte er an, die Fördermaßnahmen für die Ölindustrie einzuschränken und brachte sich damit gegenüber den Wählern einiger US-Staaten in ernsthafte Schwierigkeiten. Von den Forderungen europäischer Klimaschützer ist er trotzdem noch weit entfernt.
  © Olivier Le Moal/shutterstock.com

Die ganze Welt wird darauf schauen, welche Rolle der USA als globale Ordnungsmacht Joe Biden anpeilt. Der vermutlich scheidende Präsident Trump hatte sich als Akteur zum Beispiel in Syrien weitgehend verabschiedet. Ganz so radikal dürfte das in den kommenden vier Jahren nicht mehr praktiziert werden, wenngleich auch Biden sicher nicht als "Weltpolizist" auftreten will. Der Neue dürfte – als ein in der traditionellen US-Politik fest verankerter Mann – genau darauf achten, die sicherheitspolitische Balance mit China und Russland zu wahren und sich dabei auch besser mit Europa abzusprechen. Vollkommen unvorstellbar sind Alleingänge wie Trumps Treffen mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un. Außer einem Prestigegewinn für den Diktator war nicht viel dabei herausgekommen.
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Rolle der USA als globale Ordnungsmacht

Die ganze Welt wird darauf schauen, welche Rolle der USA als globale Ordnungsmacht Joe Biden anpeilt. Der vermutlich scheidende Präsident Trump hatte sich als Akteur zum Beispiel in Syrien weitgehend verabschiedet. Ganz so radikal dürfte das in den kommenden vier Jahren nicht mehr praktiziert werden, wenngleich auch Biden sicher nicht als "Weltpolizist" auftreten will. Der Neue dürfte – als ein in der traditionellen US-Politik fest verankerter Mann – genau darauf achten, die sicherheitspolitische Balance mit China und Russland zu wahren und sich dabei auch besser mit Europa abzusprechen. Vollkommen unvorstellbar sind Alleingänge wie Trumps Treffen mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un. Außer einem Prestigegewinn für den Diktator war nicht viel dabei herausgekommen. © Mark Schiefelbein, dpa