Länderchefs beraten

Corona-Gipfel in Berlin: Länder für flächendeckend 2G und Impfpflicht für Pflegeberufe

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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18.11.2021, 16:38 Uhr
Am Donnerstag wird sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz entscheiden, wie es weitergeht in Deutschland.

© Christian Mang, dpa Am Donnerstag wird sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz entscheiden, wie es weitergeht in Deutschland.

Die Bund-Länder-Beratungen über Maßnahmen gegen die dramatische Corona-Entwicklung verzögern sich. Die am Donnerstag ursprünglich für 13 Uhr angesetzte Ministerpräsidentenkonferenz mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde um über eine Stunde verschoben, ehe die Gespräche begannen. Nun dringen erste Ergebnisse ans Licht: Die Länderchefs sind offenbar für flächendeckende 2G-Regelungen in Deutschland und für eine Impfpflicht in manchen Berufsbereichen.

Weitere Infos diesbezüglich folgen.

Das letzte Treffen der illustren Runde liegt lange zurück. Und wäre es nach den Ampel-Partnern gegangen, es hätte auch so schnell keines mehr gegeben. Doch weil sich die Lage dramatisch zuspitzt, haben die künftigen Koalitionäre einem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin doch noch zugestimmt. Doch auf was sich die Runde einigen kann, ist offen, auch, weil sich dabei alte und neue Regierung gegenüberstehen und selbst unter den Länderchefs die Linie nicht einheitlich ist.

Wäre es nach den Ampel-Partnern gegangen, hätte es den heutigen Corona-Gipfel so nicht mehr gegeben. Doch weil sich die Lage dramatisch zuspitzt, haben die künftigen Koalitionäre einem Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin doch noch zugestimmt. Doch auf was sich die Runde einigen kann, ist offen, auch, weil sich dabei alte und neue Regierung gegenüberstehen und selbst unter den Länderchefs die Linie nicht einheitlich ist.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert seit Tagen harte Eingriffe. In Bayern ist die Lage besonders angespannt. In fünf Landkreisen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell über 1000, etliche Kliniken melden, dass sie keine freien Kapazitäten mehr auf ihren Intensivstationen haben. Söder drängt auf 2G in ganz Deutschland. Er fordert zudem eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen und denkt neuerdings darüber nach, ob dies nicht auch für die Profi-Fußballer in der Bundesliga gelten müsse.

Bayern vorne dran

Einige der von ihm geforderten bundesweiten Maßnahmen hat Bayern bereist umgesetzt. 2G oder 2G-Plus gilt im Freistaat von wenigen Ausnahmen abgesehen für praktisch alle Bereiche. Zudem hat das Land eine 3G-Pflicht für Betriebe eingeführt, die mehr als zehn Beschäftigte haben. An den Schulen herrscht Maskenpflicht; alle müssen sich dort zudem regelmäßig auf das Virus testen lassen. Der CSU-Politiker appelliert an alle ungeimpften Bayern, sich endlich impfen zu lassen. Das Land forciert auch die so genannten Boosterimpfungen. Sie sind bereits ab dem fünften Monat möglich.

Ähnliches plant auch der Bund. Medien zitieren aus einem Strategiepapier des Kanzleramtes, das das Impftempo deutlich steigern wolle. Mit einer Booster-Offensive und pro Woche neu drittgeimpften 5,6 Millionen Menschen lasse sich bis Weihnachten eine Booster-Quote von 50 Prozent erreichen. Dies reichte nach Ansicht von Virologen, um die vierte Welle zu brechen und einen generellen Lockdown zu vermeiden. Derzeit schaffen die Impfzentren und Arztpraxen bundesweit allerdings nicht einmal ein Drittel der anvisierten Impfungen.

Lockdown möglich

Alternativ bringen Virologen, aber auch immer mehr Politiker, einen kurzen, aber harten Lockdown ins Gespräch. Im Papier aus dem Kanzleramt greifen die Autoren den Begriff Not-Schutzschalter auf, den die Virologen geprägt haben. Sie fordern Kontaktbeschränkungen, Homeoffice-Pflicht, Geschäfts- und Restaurantschließungen für eine kurze Zeitspanne. Damit lasse sich die Zahl der Infizierten auf ein Viertel senken, so ihr Argument. Das verschaffe den Freiraum, den das Land brauche, damit es über den Winter kommt.

Erfahrungen aus Österreich und anderen Länder zeigen, dass schon die Drohung an sich viele Ungeimpfte zum Umdenken bewegt. Allerdings ist das Nachbarland einen Schritt weiter gegangen. Österreich hat einen Lockdown für Ungeimpfte verhängt. Sie dürfen nur noch in Ausnahmefällen vor die Haustür.

Offen für wen

Das Papier aus dem Kanzleramt lässt allerdings offen, ob es sich um einen Lockdown nur für Ungeimpfte oder für alle handeln sollte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schließt Letzteres bislang aus. Dies sei schon verfassungsrechtlich nicht möglich, weil es die Geimpften benachteilige, so sein Argument. Gleichzeitig erklärt er allerdings auch, dass ein Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte nicht durchsetzbar sein. Niemand könne das kontrollieren, sagt Söder.

Die Regeln sind in Bayern bereits verschärft. 2G etwa gilt jetzt auch in Restaurants.

Die Regeln sind in Bayern bereits verschärft. 2G etwa gilt jetzt auch in Restaurants. © imago images/snapshot, NN

Feststeht bereits, dass die Länder entgegen erster Absichtserklärungen der künftigen Ampel-Koalitionäre nun doch mehr Möglichkeiten an die Hand bekommen sollen. Berlin hält daran fest, dass die "epidemische Lager von nationaler Tragweite" in wenigen Tagen auslaufen soll, auch wenn die exponentielle Entwicklung nach Ansicht etwa Söders das Gegenteil notwendig machte. Dafür bewegt sich das angehende Regierungslager an anderer Stelle. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP twittert, die Koalition plane unter anderem "Testpflicht in Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen, Kontaktbeschränkungen, Homeoffice-Pflicht, wo praktikabel, 3G am Arbeitsplatz und im ÖPNV".

Eigenes Konzept?

Offen ist bislang, ob die unionsgeführten Länder ein eigenes Konzept vorliegen. Gespräche darüber laufen wohl. Unklar ist auch, wie es nach einem möglichen Beschluss der MPK in Bayern weitergeht. einen Großteil der denkbaren Maßnahmen hat das Land bereits ergriffen. Am Freitag tagt der Bundesrat. Möglich ist, dass Ministerpräsident Markus Söder in der kommenden Woche die neuen Vorgaben in einer Regierungserklärung dem Landtag vorstellt und das Parlament nach einer Generaldebatte über die Maßnahmen abstimmt. Für Söder hätte das auch den politischen Reiz, dass er die bayerische Opposition zu einer Haltung zwingt, die möglicherweise von ihrer eigenen Berliner Linie abweicht.

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