Kampf ums Kanzleramt
CSU-Chef Markus Söder kann und muss warten
28.9.2021, 16:58 UhrEs sind chaotische Tage für die Union. In Berlin kämpft einer ums politische Überleben, dessen Wahlniederlage seine Karriere beenden dürfte. Und in München sitzt einer, den manche gerne in Berlin hätten. Den es aber gar nicht mehr so sehr dorthin zieht.
Wie angespannt die Situation in der CDU ist, zeigen dünne Meldungen aus nicht näher präzisierten Kreisen, die Union wolle Markus Söder nach Berlin holen, erst als Verhandler für Jamaika und dann als Kanzler. Söder winkt ab. Die Aufregung ist trotzdem groß.
Keine gute Idee
Der CSU-Chef hat wenig Interesse an einer Diskussion über seine Person. Dafür ist die Lage in der Union derzeit zu unübersichtlich. Seit April weiß Söder, wie es in der Union ankommt, wenn er einen der ihren aus dem Amt drängen will. Zumal die CDU ihre Niederlage noch nicht anerkannt hat, sondern weiter auf ein Jamaika-Bündnis hofft. Söder aber will nicht der Totengräber eines solchen Bündnisses sein.
Wenn, darf der Königsmörder nicht aus Bayern kommen. Auch für die Union gilt: Das Volk liebt den Königsmord, nicht aber den Mörder. In der CDU haben viele Söder nicht verziehen, wie er Laschet im Wahlkampf vorgeführt hat. Sie rechnen ihm den Absturz mit an. Auch diese Meldung gehört dazu und passt ins Bild. Konservative Unionskreise, heißt es, forderten den Rücktritt Laschets – und den von Söder.
Die Dämme brechen
Daran denkt Söder freilich nicht im Traum. Aus seiner Sicht hat er sich wenig vorzuwerfen, auch wenn die CSU ähnlich abgestürzt ist wie die CDU. Söder sieht die Verantwortung dafür nicht bei sich, sondern bei der CDU. Dort brechen gerade die Dämme, zeigen immer mehr auf Armin Laschet, der mit dem Rücken an der Wand steht und kämpft.
Söder dagegen kann warten. Und er kann mit allen Varianten leben. Gerät die CDU in so große Not, dass sie ihn als Retter ruft, wäre er in einer weit stärkeren Position als im April. Es wäre der Moment, da sich die Union ihm unterwirft, aus eigenem Antrieb und nicht von ihm erzwungen.
Ein Signal
Tatsächlich aber schwindet Söders Interesse an einer Regierungsbeteiligung. Er kann sich ausrechnen, wie hoch der Preis für die Union wäre, wollte sie die SPD ausstechen. Dass Söder Olaf Scholz mittlerweile als Wahlsieger akzeptiert, ist ein Signal, das er bewusst sendet, nach innen und außen. Der Nürnberger weiß, wie verheerend es wirkt, wenn Verlierer ihre Niederlage nicht akzeptieren.
Zumal Söder die nächste Wahl im Blick hat, die jetzt wichtigere für ihn und die CSU. In zwei Jahren bestimmen die Bayern ihren Landtag neu. Bis dahin muss Söder seine Partei inhaltlich und personell neu sortieren und dafür sorgen, dass der Sog abreißt, der ihn seit seinem Amtsantritt als CSU-Chef festhält. Drei Wahlen hat er verloren, eine verheerender als die davor. Befreit er sich von Berlin, kann er aus Bayern gegen eine Ampelkoalition opponieren. Auch so lässt sich Profil schärfen.
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