Vor den Verhandlungen

CSU-Chef Söder treibt einen Keil zwischen die Freien Wähler und Hubert Aiwanger

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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11.10.2023, 16:00 Uhr
CSU-Chef Markus Söder muss nicht nur die Freien Wähler, sondern vor allem ihren Chef Hubert Aiwanger (links) kleinhalten. Und das nicht nur, weil Aiwanger offen am rechten Rand nach Stimmen jagt.

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa CSU-Chef Markus Söder muss nicht nur die Freien Wähler, sondern vor allem ihren Chef Hubert Aiwanger (links) kleinhalten. Und das nicht nur, weil Aiwanger offen am rechten Rand nach Stimmen jagt.

Die Härte, mit der CSU und Freie Wähler gerade übereinander herziehen, wirkt auf den ersten Blick befremdlich. Schließlich versichern beide Seiten seit Wochen, dass sie miteinander regieren wollen. Und inhaltlich liegen sie im Kern auch nach fünf Jahren gemeinsamer Regierungszeit nicht weit auseinander.

Alte Animositäten

Sicher, da sind die Animositäten zwischen den Parteichefs Markus Söder und Hubert Aiwanger. Söder, selbst nicht gänzlich frei von populistischen Anwandlungen, hält Aiwangers Linie für brandgefährlich. Der Niederbayer fischt offen im ganz rechten Becken. Allerdings weiß Söder seit Corona, wie weit bei Aiwanger Anspruch und Wirklichkeit auseinanderliegen. Der hatte als hochrangiges Regierungsmitglied regelmäßig draußen gegen die Corona-Beschlüsse gestänkert. Und jeden einzelnen im Kabinett widerspruchslos mitgetragen.

Zwei Motive bestimmen die Hahnenkämpfe, die sich Freie Wähler und CSU im Moment liefern. Beide Seiten demonstrieren ihrem Gegenüber, wie potent sie sich sehen; beide Seiten formulieren Maximalpositionen für die Verhandlungen. Das soll den Preis für Zugeständnisse nach oben treiben, auch bei den Ministerposten. Natürlich weiß Aiwangers Truppe, dass die CSU ihr politisches Gewicht immer noch um mehr als das Doppelte überbietet. Von gleicher Augenhöhe kann keine Rede sein. Dass sie das Gegenteil behauptet, ist Kraftmeierei wider besseres Wissen.

Es könnte schnell gehen

Tatsächlich sind sich die Kontrahenten in wesentlichen Fragen weiter einig, dürfte dem schnellen Abschluss eines Vertrags für die nächsten fünf Jahre eigentlich wenig im Weg stehen. Die Arbeit der Koalition war jenseits der Figur Aiwanger störungsfrei. Ernsthafte Reibereien mit den Ministern Piazolo (Schule) oder Thorsten Glauber (Umwelt) sind nicht überliefert. Nur Aiwangers Übergriffe ins Landwirtschaftsressort und seine Schwäche in der Wirtschaftspolitik stößt den Christsozialen sauer auf.

Dennoch hat Söder mit seinem Junktim, dass den Verhandlungen erst ein Demokratiegelübde der Freien Wähler vorausgehen müsse, bewusst eine Grenze verschoben. Die stehen auf dem Boden der Demokratie, das dürfte auch Söder nicht ernsthaft bestreiten. Sein Ziel ist ein anderes: Er will einen Keil treiben zwischen die Partei und ihren Chef, weil sie dessen Rechtsschwenk hinnimmt, solange er Ergebnisse bringt. Und Söder will Aiwanger isolieren, weil der sich seinen Spielraum nach rechts nicht nehmen lassen wird.

Söder glaubt, dass Aiwanger der CSU bei den nächsten Wahlen gefährlich wird, wenn es in acht Monaten um Europa und in zwei Jahren um Berlin geht. Aiwanger schert sich nicht um inhaltlich vernünftige oder auch nur bestandsfeste Positionen. Ihm geht es um Stimmen. Und die will er sich auch bei der CSU holen. Söders Job ist es, das zu verhindern, mit allen Mitteln.

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